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Im Land der Regenbogenschlange

Im Land der Regenbogenschlange

Titel: Im Land der Regenbogenschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Altmann Andreas
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Alkohol, sicher der Wunsch zu protzen, sicher aber auch ihr leichtsinniger Umgang mit der Zukunft, ihr fröhlicher – ja doch – bewundernswerter Leichtsinn dem Leben ge-genüber. Klar, irgendwie ist das auch schäbig hier, dreckig, drittklassig. Und irgendwie romantisch, sie tun, wozu sie Lust haben. Und natürlich wissen sie, dass sie eine andere Existenz hinter sich haben als der Daddy, der heute neben seiner Frau auf Seite eins des Australian abgebildet war, beide in Rotz und Wasser, weil die Zinsen für ihre Eigenheim-Hypotheken gestiegen sind. Für solche Dünnmänner haben sie nur ein höhnisches Mitleid übrig, im besten Fall ein dreckiges Lachen für die Bilder aus dem Familienalbum des artigen Malochers, der nie und nimmer den Mut hätte (die Unmoral schon eher), sich illegal am Gut anderer zu vergreifen. Das Normale, die emsig-todblöde Routine des Alltags, sie scheint ihnen das endgültige Todesurteil für ein Männerleben. Dann lieber Krimineller oder Boxer, oder beides, dann lieber Angst aushalten, Unsicherheiten, Schmerz und Niederlagen.
    Noch zwei Geschichten. Zwei Letzte von einem Dutzend, das ich abgespeichert habe. Zuerst die witzige, als Vorbereitung auf die Hardcore-Story: Frank kommt – »Frank is my reborn christian name« – mit Gattin Maggie, beide mit Fred befreundet. Maggie ist eine patente Frau, sie erzählt sogleich, dass sie oft und vergeblich versucht habe, dem Gatten den lieben Gott auszutreiben. Nun, Franks Liebe zum »Allmighty« kam so: Er stiehlt sich ein Vermögen als Rinderdieb zusammen, wird zu erfolgreich, zu nachlässig, wird irgendwann gefasst. Im »Bunker« bearbeitet ihn die »christian Mafia« (laut Maggie) und Steve, so sein vorchristlicher Name, wird Adventist. Und bleibt es.
    Ich frage Frank, ob er auf der Zellenpritsche alle Sünden bereut habe. Aber ja, alle. Da ich mich als Ex-Katho bestens in religiöser Scheinheiligkeit auskenne, bohre ich nach. Und tatsächlich, Frank grinst jetzt jungenhaft, ein paar Verfehlungen wollte er nicht sühnen, die gerissenste: Vor der Verhaftung gelang es ihm noch, das (viele) Beutegeld unter einem Wüstenbaum zu vergraben. Diesen Papierhaufen hat Frank der Mafia nicht gestanden. Wohl ahnend, nein, wohl wissend, dass sie ihn konfisziert hätte. Zum gefälligen Eigenverbrauch. Wie auch immer, nach Absitzen der Strafe eilt der Beinah-Reuige via Luftlinie vom Gefängnistor zum Wüstenbaum. Und mutiert mit einem Spatenstich wieder zum reichen (kriminellen) Mitbürger.
    Es kommt noch lustiger. Frank erwähnte zwischendrin, dass »Gott alles sieht«. Ich weise ihn darauf hin, dass er sich dann am doomsday – Jüngster Tag, Vergeltungstag – auf einiges gefasst machen darf. Der Allmächtige wird ihn sicher an den ausgegrabenen Dollarsack erinnern, den ungebeichteten. Und jetzt lacht Frank, es ist das fröhliche Lachen eines Ganoven, den keiner schreckt, selbst nicht die Gräuelmärchen verlogener Märchenerzähler.
    Auch das ist nicht zu übersehen. Bücherratten, Kosmopoliten und verbissen um Erkenntnis ringende Intellektuelle sitzen hier nicht herum. Maggie fragt, wo ich wohne, ich antworte wahrheitsgemäß und Frank setzt eiskalt nach: »Paris, isn't that in Germany?«
    Schon überraschend, wie viele Untaten, Lügen und Geheimnisse man an einem Nachmittag erfahren kann. Hector ist an der Reihe, seine Geschichte geht tiefer, sie macht unglücklich. Sie ist gnadenlos. Der Ex-Boxer sieht aus, wie man sich seinen Bodyguard wünscht. Einen Nacken wie Atlas, der die Welt trägt. Heute arbeitet er für Fred als roady , baut auf, baut ab, kann alles.
    Und so war sie, seine (jüngere) Vergangenheit: Vor ein paar Jahren sitzt er in einem Pub an der Bar, lässt zwei Dollar neben dem Glas, geht auf die Toilette, kommt zurück und die Münzen sind weg. Sogleich verdächtigt er den Thekennachbarn des Diebstahls. Der verneint, beide sind bereits betrunken, ein Kampf um zwei Dollar beginnt. Und um Leben und Tod. Hector reißt den Schürhaken aus dem Feuer, holt mehrmals aus, verfehlt mehrmals, Todd (so soll der andere heißen) weicht aus, bekommt das Eisen zu fassen, holt selbst aus, trifft zweimal die Schädeldecke seines Gegners. (Der 58-Jährige zeigt mir die Narben auf seinem rasierten Kopf.) Hector strauchelt. Und hält stand. Bis er mit ei nem herumliegenden Baseballschläger Todd

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