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Im Land der Regenbogenschlange

Im Land der Regenbogenschlange

Titel: Im Land der Regenbogenschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Altmann Andreas
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Opalmine. Du beutest sie aus, beide beuten sie aus und irgendwann fndet man nichts mehr. Er nichts an ihr, sie nichts an ihm. Und so verlässt man die Mine, zieht weiter, sucht nach einer neuen.« Nach der Ehe saß der freiheitsdurstige Wiederholungstäter wieder fest. Sieben Jahre lang in einem Brisbaner Zuchthaus. Für das unerlaubte Entfernen von Hifi-Geräten aus Großmärkten. Mit der Waffe in der Hand. (Und einem Maßband, denn Allens Spezialität war, »nach Maß« zu liefern, genau die Größe des Diebesgutes zu finden, die der Hehler wünschte.) Jetzt hat er Frieden, er suchte Arbeit in Coober Pedy, »because noboby knows me here«. Er lädt mich ein, ihn heute Nachmittag in der »community« zu besuchen, wo die Aborigines wohnen. Mit Kollegen renoviere er dort ein Haus. Ich sage mit Freuden zu.
    Von Toni habe ich den Tipp und mit Prometheus' Fahrrad mache ich mich auf zu Faye's House . Der Wind ist morgens gnädiger, ich komme voran. Ich weiß es zu schätzen, denn ein fletschender Köter wetzt neben mir her und will meine rechte Wade probekosten. »Friede auf Erden«, las ich gestern bei den Krebs-und-Aids-Auferstandenen. Von wegen.
    Vorbei am Drive-in-cinema, in dem alle Schaltjahre ein Film vorgeführt wird, vorbei an der Public-noodling-area , wo man keine Nudeln sucht, sondern – australisches Englisch hat seine Capricen – jeder ohne Erlaubnis nach Opal wühlen darf.
    Steil oben ankommen und vor dem Tiefgebäude parken, für das Faye glatte zehn Jahre lang gebaggert hat, mit Spitzhacke und Vorschlaghammer. Denn vor einem halben Jahrhundert gab es noch keine blower , die maschinell die Wohnzimmer ins Erdreich bohrten. Colin, ein jovialer älterer Herr, führt mich herum, zeigt sogleich auf die lose an der Decke befestigten Zündhölzer. Die billigsten Seismografen im Land. Fallen sie zu Boden, ist Alarmstufe 3 angesagt, ein Erdbeben, ein Unheilssturm. Dann heißt es, im Laufschritt ins Freie jagen.
    Faye war robust und gerissen, war opalreich. Sieben Zimmer schaufelte sie frei, um sich anschließend mit zwei anderen (alleinstehenden) Ladys und drei Hunden (für jede einen!) hier einzurichten. Angenehm kühl, trocken, kein feuchter Mief. Und voll möbliert, mit TV , Radio, Strom, Licht, Küche, Bar, Weinkeller, Betten, Sofas, Nachtkästchen, tadellos wie in jedem gut-bürgerlichen Haushalt. Man streift hier entlang wie durch ein Mausoleum, Grabesstille. Dennoch, wenn der Wind aufdreht, wie jetzt gerade, dann hört man ihn durch die zehn, fünfzehn Meter langen Luftventilatoren sausen. Kein trautes Geräusch, eher bedrohlich.
    Ms. Faye Nayler lebt heute als 75-Jährige in Adelaide, rüstig, geldsorgenlos und abstinent. Die beiden anderen Damen blieben auf der Strecke, eine schon hingestreckt vom Alkohol, die andere fast tot, aber zäh entschlossen, so hört man, es der Vorgängerin gleichzutun.
    Colin, der hier als Hausmeister und Verwalter lebt, kennt sich aus. Die vom Bürgermeister verbreitete Einwohnerzahl von etwas über 2100 solle ich nicht glauben. Keiner glaubt sie, reine Maskerade. Jeder Einheimische weiß, dass sich mindestens 3500 in Coober Pedy herumtreiben. Hergetrieben aus der halben Welt. Ehemalige Zuchthäusler (welch Überraschung), die nicht erkannt werden wollen, entflohene Zuchthäusler, die nicht gefunden werden wollen, Ehemänner, die genug von Frau und Kindern haben, Ehefrauen, denen es ähnlich ergeht, Bankrotteure, die neu anfangen wollen. Die Polizei ist auf dem Laufenden, nicht über jeden, aber im Großen und Ganzen. Hier ist noch immer das Outback und man will die Suche nach dubiosen Subjekten nicht übertreiben. Recht und Ordnung ja, aber in Maßen. Vor fünfzehn Jahren brannte das Gericht, dann die Polizeistation, bis heute gibt es keinen Angeklagten. Verdächtige sicher.
    Ich will Allen sehen. Ich fahre zur community , der Siedlung der Umoora-Aborigines. Über harsches, unwirtliches, ja unerbittliches Land. Jetzt orgelt der Wind. Normalerweise braucht man ein permit , um ihre Gettos (ich wüsste keinen anderen Namen) besuchen zu dürfen. Hier nicht. Kein Slum, sicher nicht, nur trübe, abgelebt. Die üblichen flachen Häuser, alles aus Wellblech, die Dächer, die Verschalung der Wände, sogar die Zäune. Zwischen jedem Blechhaus und Blechzaun gibt es eine geräumige Fläche, die man als Garten anlegen könnte, als

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