Im Land der Sehnsucht
einen Reiter auf sich zukommen und erkannte wenig später auch das Pferd. Es war Nabila, die weiße arabische Stute, folglich musste Marissa auf dem Weg zu ihm sein. Sie flogen förmlich aufeinander zu. Alexandra und Francine waren auch gute Reiterinnen, doch Marissa übertraf sie bei Weitem. Sie schien mit dem Pferd verwachsen zu sein.
Kurz bevor sie einander erreichten, zogen beide scharf die Zügel an. „Sie müssen sofort nach Hause kommen“, empfing Marissa ihn atemlos. „Catherine schickt mich. Ihre Frau ist aufgetaucht.“
„Meine Exfrau“, verbesserte Holt sie mit Nachdruck.
„Meinetwegen … Ihre Exfrau. Catherine hat mich gebeten, Sie zu holen.“
„War Tara schon im Haus, als Sie losgeritten sind?“ Marissa schüttelte den Kopf. „Sie fuhr im Jeep die Auffahrt herauf, wird inzwischen aber im Haus sein.“
Holt ließ sich von Marissas Aufregung nicht anstecken. „Kein Grund zur Sorge“, beruhigte er sie. „Ich werde Tara nach dem Grund ihres Besuchs fragen und sie dann wieder wegschicken. Sie ist auf ‚Wungalla‘ nicht willkommen. Das weiß sie.“
„Gerade jetzt, da sich alles so gut entwickelt hat“, klagte Marissa. „Ob sie Georgy mitnehmen will?“
Holt verzog das Gesicht. „Bestimmt nicht. Es wird um Geld gehen. Ich habe Tara zwar großzügig abgefunden, aber sie kann nicht rechnen. Irgendwann wird sie wieder reich heiraten, nur welcher Mann will das Kind eines anderen großziehen?“
Holts sachliche Einschätzung der Lage wirkte beruhigend auf Marissa. „Catherine ist sehr bedrückt“, sagte sie, „und Georgy wütend. Trotzdem hat sie gehorcht.“
„Braves Mädchen.“ Holt bemerkte, wie rasch Marissa atmete. „Reiten Sie langsam zurück“, riet er ihr, doch sie schüttelte den Kopf.
„Ich begleite Sie. Nabila und ich sind noch nicht müde.“
„Na … dann los!“
Holt verlor keine Zeit. Er schickte Marissa nach oben, um ihr Unannehmlichkeiten zu ersparen, Tara war jedoch schneller. Sie hatte die ganze Zeit nur auf Holts Rückkehr gewartet und erkannte seinen Schritt, sowie er die Halle betrat.
„Entschuldigen Sie mich, Mrs. McMaster“, sagte sie zu Catherine, mit der sie sich mühsam unterhalten hatte. „Ich glaube, der Herr und Meister ist da.“
Catherine stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Sie war mit ihrer Kraft vollständig am Ende.
Tara lief aufgeregt in die Halle.
„Holt, Darling!“, rief sie überschwänglich und breitete die Arme aus. Sie war groß, genauso schlank wie Lois und trug das blonde Haar nur etwas länger. Ihre aparten, etwas zu scharf geschnittenen Gesichtszüge erinnerten ebenfalls an ihre Schwester. „Was sagst du zu der Überraschung?“
„Dass es keine ist“, antwortete Holt und wich ihrer Umarmung aus.
„Ich weiß, Darling. Ich konnte es dir nie recht machen. Ah, da sind Sie ja, Miss Devlin.“ Tara hatte Marissa entdeckt, die für einen Moment auf der Galerie stehen geblieben war. „Kommen Sie doch bitte wieder herunter. Sie können sich denken, dass ich als Georgys Mutter gern mit Ihnen sprechen möchte. Holt, Darling … würdest du uns vorstellen? Miss Devlin ist Georgys Erzieherin, nicht wahr? Das interessiert mich natürlich, wie du dir denken kannst.“ Tara lachte, als hätte sie gerade einen Witz gemacht.
„Bleiben Sie oben, Marissa“, befahl Holt in strengem Ton.
„Ich würde Miss Devlin aber gern kennenlernen“, beharrte Tara.
„Dazu wird später noch Zeit sein, wenn wir uns unterhalten haben. Bitte, Marissa, lassen Sie sich nicht aufhalten.“
„Ja, gehen Sie nur“, lenkte Tara ein. Sie kannte Holt gut genug, um im richtigen Moment nachzugeben. „Wir brauchen Sie jetzt noch nicht. Es genügt, dass ich Sie gesehen habe, meine Kleine. Ich war sicher, Lois hätte übertrieben, doch da habe ich Holt und seinen Sinn für Schönheit wohl unterschätzt.“ Sie machte eine Handbewegung, als wäre es an ihr, Marissa zu entlassen. „Na los, gehen Sie schon.“
Holt führte Tara schweigend in sein Arbeitszimmer und setzte sich an den Schreibtisch. „Also los“, sagte er dann. „Was willst du?“
Tara ließ sich in einen Sessel sinken und lächelte kokett. „Ich wollte dich wiedersehen, Darling. Ist das so schwer zu verstehen?“
„Allerdings“, antwortete Holt. „Gefühle waren bisher nicht deine starke Seite.“
„Dann weißt du nicht, was du sagst. Ich liebe dich, Holt. Als du meine Zuneigung erwidert hast, war ich die glücklichste Frau auf der Welt.“
„Ich habe dich nie geliebt,
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