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Im Land der tausend Sonnen

Titel: Im Land der tausend Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Korb am Arm, einschließlich eines Papierschirmchens, der ihr in einem tropischen Wolkenbruch gewiss gute Dienste leisten würde.
            Vor einem Laden, der nun geschlossen war, nachdem diese undankbaren Touristen sich standhaft geweigert hatten, winzige Hühnchen in Körben aus Papier zu kaufen, setzte Hubert sich auf eine Bank und schaute sich um, während er verstohlen am Schritt dieser verdammten Hose zerrte, die ihm erhebliches Unbehagen bereitete. Ihm fiel ein junger Geistlicher auf. Er saß so entspannt auf einer leeren Kiste, als wäre es ein eigens für ihn entworfener und angepasster Sitz – ein eleganter Anblick vor dem Hintergrund der aufgewühlten blauen See.
            Hubert vermutete, dass es sich um Vikar Ritter handelte, den an Bord häufig erwähnten Hilfspfarrer, dessen Ziel ebenfalls die lutherische Gemeinde in Bundaberg war. Er wirkte ziemlich einsam, vielleicht auch nur in Gedanken versunken, wie er da saß und kein Interesse an seiner Umgebung zeigte, sondern aufs Meer hinaus blickte. Der Bursche machte einen guten Eindruck, war ruhig und würdevoll, und Hubert hatte gehört – hatte sich absichtlich umgehört –, dass er sich so benahm, wie man es von einem lutherischen Geistlichen erwartete. Man erzählte, er sei ein freundlicher Mensch, wenn auch zurückhaltend, einer, der nicht unbedingt Gesellschaft suchte, und Hubert, ein überzeugter Lutheraner, wusste das zu schätzen. Junge Vikare, so sagte man, konnten in der romantischen Umgebung der großen südlichen Ozeane in Schwierigkeiten geraten, sich sogar mit Frauen einlassen, die entsprechend wenig taugten.
            Er beschloss, Vikar Ritters Bekanntschaft zu machen.
            Der Hilfspfarrer erschrak angesichts der plötzlichen Störung, und Hubert entschuldigte sich überschwänglich. »Verzeihen Sie. Es tut mir furchtbar Leid, wenn ich Sie störe. Ich dachte nur, jetzt sei eine gute Gelegenheit zum gegenseitigen Kennenlernen, da wir doch beide nach Bundaberg reisen. Ja, ganz recht, meine Tochter und ich wollen Pastor Beitz und all die anderen besuchen und sehen, wie es ihnen geht. Bis wir dort ankommen, hatten sie ein Jahr Zeit, sich einzurichten, und es gibt bestimmt Interessantes zu sehen, nicht wahr?«
            »Mhm. Ja, bestimmt«, erwiderte Ritter vage und machte sich kaum die Mühe, den Blick vom Meer zu wenden. Es war Hubert peinlich, und er fragte sich, was in ihn gefahren sein mochte, dass er fast unhöflich über den Mann herfiel. Er hätte warten sollen, bis der Kapitän oder einer seiner Offiziere sie einander in aller Form vorgestellt hätten. Doch inzwischen hatte Ritter offenbar sein anfängliches Missbehagen überwunden.
            »Da wir uns bisher nicht begegnet sind«, sagte er mit einem kläglichen Versuch zu lächeln, »nehme ich an, dass Sie erster Klasse reisen, Herr Hoepper?«
            »Ganz recht.«
            »Wie angenehm für Sie. Gemäß der Lehren unseres Herrn Jesus Christus hatte ich eigentlich erwartet, im Zwischendeck unterzukommen, habe sogar darum gebeten, doch der Dekan wollte nichts davon hören. Er bestand darauf, dass ich mindestens zweiter Klasse reise, um nicht der Enge der Schlafsäle im Zwischendeck ausgesetzt zu sein.«
            »Ich finde, das war eine kluge Entscheidung von Seiten des Dekans. Haben Sie den Landaufenthalt genossen, Herr Vikar?«
            »Oh ja. Ich bin umhergewandert, einfach, um meine Beine zu spüren. Ist Ihnen aufgefallen, dass jetzt schon der Boden unter den Füßen zu schwanken scheint?«
            Hubert lächelte, erleichtert über die zugänglichere Haltung des Hilfspfarrers. »Das stimmt, auf mein Wort. Und es ist ein äußerst merkwürdiges Gefühl. Ich dachte, es ginge mir allein so.«
            Er sah Adele kommen. »Das ist meine Tochter, Herr Vikar.«
            Der junge Vikar drehte sich um und begrüßte Adele voller Demut, mit niedergeschlagenem Blick und scharrenden Füßen. Hubert lächelte verstohlen. Der arme Kerl war in den vergangenen Jahren wohl nicht vielen Frauen begegnet, und bestimmt keiner, die so hübsch war wie Adele.
            »Wie geht es Ihnen, Fräulein Hoepper? Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
            »Wir sollten jetzt aufbrechen«, unterbrach Hubert das Kennenlernen. »Es ist Zeit, an Bord zu gehen. Bist du fertig mit Einkaufen, Adele?«
            »Ja. Ich habe dort drüben ein paar Bündel abgestellt.

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