Im Land der tausend Sonnen
aus den Resten des guten Bauholzes, das Rolf Kleinschmidt gestiftet hatte. Lukas war kein Zimmermann, das gestand er bereitwillig ein, aber er entwickelte sich. Versuch und Irrtum, so erklärte er seiner Frau, und letztendlich beneidete sie ihn darum, etwas zu tun zu haben, was ihm allmählich sogar Freude machte. Sie war in die Gemüsegärten abgestellt worden, wo sie das Unkraut nicht von kostbaren Pflanzen unterscheiden konnte und nicht wusste, was sie tun sollte. Hier wucherte alles, keine kleinen zarten Blümchen spähten aus zierlichem Blattwerk hervor. Blüten explodierten in üppigen Farben, um gleich wieder zu verwelken. Sie schienen sich nicht lange zu halten. Das war gewiss nicht die Sorte Blumen, die man pflücken und in die Vase stellen konnte.
Lukas stand an einen Türpfosten gelehnt und sagte nichts, sondern starrte nur in den Busch hinaus. Nicht, dass es dort etwas zu sehen gegeben hätte, abgesehen von der Bananenstaude hoch über ihnen. Sie beobachteten sie seit einer Ewigkeit, warteten darauf, dass sie reif wurden. Es würde aufregend sein, Bananen direkt vom Baum zu essen.
Schließlich drehte Lukas sich zu ihr um. »Ich muss dich etwas fragen, Hanni.«
»Was denn?«
»Woher hast du diesen hübschen Spiegel?«
»Welchen Spiegel?«
Lukas stöhnte. »Den, der ganz unten in der Kiste liegt.«
»Ach, den! Den hat mir meine Mutter geschenkt.«
Er humpelte zum Bett und setzte sich neben sie. »Hanni, es ist wichtig. Ich weiß, dass du ihn nicht von deiner Mutter hast. Du hast ihn nicht mit hergebracht, sonst wäre er mir schon lange aufgefallen.«
»Doch, sie hat ihn mir geschenkt.«
»Lüg doch bitte nicht. Es ist ja nicht wahr, Hanni. Sag mir einfach, woher du ihn hast.«
»Wieso ist das wichtig? Ich muss jetzt los, ich muss das Gemüse fürs Abendessen putzen.«
Sie wollte aufstehen, doch Lukas hielt sie zurück. »Ich habe dich etwas gefragt. Du bleibst jetzt hier, bis ich die Antwort bekommen habe. Wahrheitsgemäß.«
»Du bist lästig, Lukas. Ich kann es nicht leiden, wenn du so schlechter Laune bist. Es ist schon ohne deine Launen schlimm genug, hier leben zu müssen.«
»Woher?«, drängte er.
Sie stellte die Stacheln auf. »Ich habe ihn gefunden, wenn du's genau wissen willst. Ich hab ihn gefunden.«
»Wo?«
»Das weiß ich nicht mehr. Vergiss endlich den blöden Spiegel. Ich hab sogar schon daran gedacht, ihn auf dem Markt zu verkaufen. Verstehst du, wozu ich hier gezwungen bin? Ich muss meine hübschen Dinge verkaufen …«
Hanni fragte sich, wie um alles in der Welt es so weit hatte kommen können.
Auch wenn Lukas heute wieder mit dem Polizisten gesprochen hatte, war es dabei doch sicherlich um den Brand, nicht um den Spiegel gegangen. Lukas' Fragen erschienen ihr sinnlos, doch gleichzeitig wusste sie, dass etwas dahinter steckte, und sie hatte Angst. Sie saß da, den Blick auf die Füße gesenkt, und hoffte, dass alles, was immer es war, vorübergehen möge.
Lukas war ebenfalls verstimmt, das erkannte sie wohl, aber das hatte er sich auf Grund seiner Nörgelei selbst zuzuschreiben.
»So. Du hast den Spiegel also gefunden. Und du weißt nicht mehr, wo.« Er seufzte schwer. »Dann lass dir berichten, was Constable Colley dazu zu sagen hat. Man hat ihn wissen lassen, dass dieser Spiegel sehr geliebt wurde. Er gehörte Mrs Dixon, und du hast ihn gestohlen.«
Hanni erschrak. Das war das Letzte, womit sie gerechnet hätte. Die Antwort platzte aus ihr heraus. »Gestohlen! Das stimmt nicht! Wie können sie es wagen, so etwas zu sagen! Er hat ihn mir geschenkt.«
Die Stille war beängstigend, als Hanni klar wurde, was sie gesagt hatte. Ihre Antwort traf Lukas wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Als er seine Stimme wiedergefunden hatte, glich sie einem Krächzen.
»Er? Wer ist er?«
»Ist das wichtig? Ich habe den Spiegel nicht gestohlen. Ich bin keine Diebin, das weißt du doch, Lukas. Lass nicht zu, dass sie mich des Diebstahls bezichtigen. Bitte, Lukas. Sag dem Polizisten, dass es ein Geschenk war.« Sie klammerte sich weinend an ihn. »Ich habe da draußen schwer gearbeitet. Sie haben gesagt, ich hätte
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