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Im Land der tausend Sonnen

Titel: Im Land der tausend Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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sehen? Nur auf dem Glas?«
            »Nein, sie zeigen sich nicht. Aber wir wissen, dass sie da sind.«
            Tibbaling nahm es als gegeben hin. Er nickte verstehend. »Gut, deine Dreifaltigkeit. Dein Dreifachmann. Gut.«
            Pastor Beitz wandte sich wieder seinen weltlichen Problemen zu und dachte über Walthers Einschätzung der Lage nach. Sie hatten kein Geld mehr auf der Bank. Ihr einziges Einkommen waren die mageren Löhne, die die Lutzes nach Hause brachten. Damit konnten die Männer, die auf Anfrage des Pastors eigens zum Einsetzen dieser Fenster geschickt worden waren, nicht bezahlt werden. Man würde sie bitten müssen, sich zu gedulden. Und Walther wusste noch nicht einmal von der Glocke. Beitz wagte nicht, sich das einzugestehen.
            Er kam zu dem Schluss, dass er nichts anderes tun konnte, als mehr zu beten und weniger zu essen.

  13. Kapitel
     
            Obwohl Beitz ihn noch gar nicht kannte, sah er in Vikar Ritter jetzt schon einen regelrechten Heiligen. Tagtäglich fragte er irgendwen, wo die Clovis inzwischen sein mochte. Er konnte nicht glauben, dass es so lange dauerte, den Ozean zu überqueren, denn er hatte die eigene, endlos erscheinende Überfahrt verdrängt und wartete nun mit wachsender Ungeduld auf die Ankunft seines Hilfspfarrers. Das Geld, das er mitbrachte, würde eine große Hilfe sein, doch auch der Vikar selbst wurde dringend gebraucht, denn der alte Pastor hatte das Gefühl, in seinen Bemühungen zu versagen. Ritter war jung, er hatte sich freiwillig zur Missionsarbeit gemeldet. Allein das war schon eine mutige, gesegnete Tat.
            »Viel zu viele junge Priester wünschen sich heutzutage reiche Gemeinden oder schmeicheln um ihres eigenen Vorteils willen dem Adel. Doch dieser Ritter ist ein gottesfürchtiger Mann, entschlossen, in dem Augenblick, da er das Priesterseminar verlässt, den heiligen Kampf aufzunehmen.«
            Beitz war enttäuscht, weil er Vikar Ritter nicht ein von glücklichen deutschen Einwanderern bewohntes lutherisches Dorf und eine blühende Missionsschule voller eingeborener und weißer Kinder präsentieren konnte, doch das ließ sich nicht ändern. Die Ausführung seines großen Plans dauerte eben länger als erwartet. Er zweifelte nicht daran, dass er letztendlich Erfolg haben würde, dass andere deutsche Einwanderer sich ihnen anschließen würden. Neulich hatte er eine großartige Idee gehabt: Er wollte eine eigene Zeitung gründen. Was das für Vorteile brächte! So konnte das große Problem der Entfernungen hier überwunden werden, so konnte man mit der Christengemeinde in Verbindung bleiben. Der Vikar sollte sich darum kümmern. Das könnte dann sein eigenes Projekt werden.
            Aber da war noch etwas, warum er sich so sehr auf Ritters Ankunft freute. Seine eigenen Tage waren gezählt, das lag auf der Hand, und in diesen Übergangsjahren vermisste Pastor Beitz nun einen Hilfspfarrer an seiner Seite. Manchmal ging ihm das richtig nahe, wenn er allein in seiner Hütte war, fast so, als würde ihn das Heimweh überfallen. Er seufzte. Er musste unbedingt mal wieder mit jemandem von seiner Art reden, wie seinerzeit in der Heimat. Abende mit befreundeten Pastoren verbringen, über Philosophie, Theologie und Geschichte diskutieren und über die sich verändernde Welt, wie es sich für Geistliche geziemte … und, er lächelte traurig, all das andere …
            »Aber heute«, sagte er zu sich selbst, »darf ich mich nicht dem Selbstmitleid hingeben. Nicht heute, am Jahrestag der Geburt unseres Herrn und Retters.«
             
            Weihnachten. Pastor Beitz hatte zu diesem wichtigen Anlass die Tropenkleidung abgelegt und zeigte sich prachtvoll in seinem besten Gewand, bereit, seine Herde zum Morgengottesdienst zu begrüßen und danach das mittägliche Festmahl einzunehmen.
            Enttäuscht stellte er fest, dass nur die Bewohner der Siedlung seinem Gottesdienst am Heiligen Abend beigewohnt hatten, doch das ließ sich wohl nicht ändern, angesichts der Entfernungen, die einige von seinen Leuten auf sich nehmen mussten. Doch für den heutigen Tag würde er keine Entschuldigung gelten lassen.
            Auf seine Bitte hin hatte Lukas einen Torbogen am Eingang zur Siedlung errichtet, und zur Feier des großen Tages hatten Aborigine-Frauen ihn mit Girlanden aus Hunderten von prächtigen tropischen Blüten geschmückt.
            Der alte Pastor

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