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Im Land der tausend Sonnen

Titel: Im Land der tausend Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Hotel blicken lassen.
            Er bemerkte, dass zahlreiche Leute unterwegs waren, und wunderte sich darüber, doch dann kam ihm das Krankenhaus in den Sinn. Er war schon mehrmals an dem Gebäude vorbeigekommen, ungläubig, voller Verachtung für eine Gemeinde, die die Stirn hatte, ein kleines Häuschen als Hospital zu bezeichnen. Doch er würde sich damit zufrieden geben müssen. Friedrich beugte sich vor und spie, hatte immer noch den ekligen Blutgeschmack im Mund und stellte fest, dass sich ein Schneidezahn gelockert hatte, was ihm weit mehr zu schaffen machte als alle anderen Verletzungen. Ein Schauspieler konnte sich den Verlust eines Schneidezahns nicht leisten; er bedeutete den Abstieg in die Komödie oder ins Fach des Narren. Niedergeschlagen lenkte er sein Pferd in Richtung Krankenhaus, um Hilfe und Trost zu suchen. Dieser Tag war wohl der schlimmste in seinem Leben.
            »Der allerschlimmste«, sagte er mit einem Beben in der Stimme zu Freddy. »Ich bin ruiniert. Die Schweine haben mich ruiniert.«
            Doch die Nacht erschien ihm leer, trotz der belebten Straßen, der Gigs und Buggys, die zur Stadtmitte fuhren. Da war eine Leere, etwas Hohles, das seine Stimme hallen ließ, wenn er mit Freddy sprach, und das machte ihn nervös.
            »Freddy?« Da war es wieder, nur ein Echo, und dann wurde ihm bewusst, dass es schon früher so gewesen war. Vor einiger Zeit. Und dass er das Gefühl gehabt hatte, Freddy sei nicht da. Dass er weggelaufen wäre, als die Schläger ihn überfielen. Aber warum sollte er? Um Gottes willen, warum?
            »Freddy?«, rief er, lauter jetzt, und ein Windstoß fegte die Straße entlang.
            Gewohnheitsmäßig griff er nach seinem Hut, doch der war nicht da. Er trug nicht einmal einen Hut, denn der lag noch im Graben an der Taylor's Road. War Freddy auch noch dort? Oder gab es ihn nicht mehr? Friedrich begann zu weinen, rief nach Freddy, bat ihn, ihn nicht allein zu lassen. Von Schmerzen, Wut und Selbstmitleid überwältigt, glitt er vom Pferd und sank ohnmächtig vor dem Eingang des Krankenhauses nieder.
            Leute kamen gelaufen. Starke Hände griffen nach ihm. Behutsam. Das brauchte er. Die Achtung. Die Aufmerksamkeit. Denn man hatte ihm wahrhaftig übel mitgespielt … Es war so ungerecht. Und in der Stunde der Not hatte Freddy ihn im Stich gelassen.
            »Was ist denn hier passiert?«
            »Es ist ein Pastor.«
            »Der lutherische Hilfspfarrer, der junge.«
            »Sieht aus, als hätte ihn eine Viehherde überrannt.«
            »Der arme Kerl. Bringt ihn rein.«
            Eine Frauenstimme. Kräftig, befehlsgewohnt. »Wer ist das?«
            »Ein Pastor, Oberschwester. Es geht ihm gar nicht gut.«
            Er legte sich rücklings auf die harte Untersuchungspritsche, fühlte sich jetzt viel sicherer, war erleichtert, weil er nicht an einem Herzanfall oder einem Lungenstich oder an Gott weiß was für Verletzungen, die diese Bestien ihm zugefügt hatten, sterben würde.
            Unter den Händen dieser guten Frau fühlte er sich sicher. Und mutiger. Bedeutend mutiger.
            »Wo bin ich?«, keuchte er, als ihm ein rothaariges Mädchen, über den Schmutz und den Zustand seiner Kleidung schimpfend, die Fetzen auszog.
            »Ich fürchte, das lässt sich nicht mehr flicken, Oberschwester.«
            »Das ist jetzt unwichtig. Wasch ihm Hände und Gesicht. Zieh ihm die Stiefel aus. Also, was ist Ihnen zugestoßen?«
            »Ich bin überfallen worden«, stieß er mühsam hervor. »Von zwei Männern.«
            »Gütiger Gott! Wie weit ist es mit der Welt gekommen, wenn Strauchdiebe jetzt schon Kirchenmänner überfallen? Und Sie sind Ausländer. Es tut mir wirklich Leid für Sie. Nun lassen Sie mich mal sehen. Tut das weh?«
            Der Mut verließ ihn. Friedrich schrie, als sie auf seinen Brustkorb drückte.
            »Das dachte ich mir. Sie sind verprügelt worden? Ihre Haltung allein ließ mich schon vermuten, dass Sie Probleme mit den Rippen haben.«
            Sie wuschen ihn von Kopf bis Fuß.
            Sie mussten ihm sogar das Haar vom Schlamm befreien. Sie gaben ihm milchiges Wasser, das scheußlich schmeckte, damit er sich den Mund ausspülte. Die Oberschwester drückte und tastete seinen gesamten Körper ab, sie betupfte seine Wunden mit einer

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