Im Land der tausend Sonnen
die entgegengesetzte Richtung.
»Sie sollten aber nicht allein unterwegs sein, Mrs Fechner«, rief Mr Hackett ihr nach, doch Eva riet ihm, sie ziehen zu lassen.
»Ihr passiert nichts. Auf Les Jollys Versammlung trifft sie die anderen.«
Als sie sich auf den Weg machten, ließ sie die Kinder vorauslaufen, damit sie mit Hackett sprechen konnte.
»Hanni hat was gegen diesen Dixon, und zwar aus gutem Grund. Er hat ihr das Leben furchtbar schwer gemacht.«
»Wie meinen Sie das?«
»Nun, er hat ihr wehgetan.«
»Wie bitte? Was hat er getan?«
»Ich darf es eigentlich nicht sagen. Sie will nicht, dass jemand davon erfährt. Ich kenne nur einen Teil der Geschichte, aber das reicht, um …«
»Der Kerl hat ihr wehgetan?«, forschte Hackett weiter. »Wie? Körperlich? Hat er sie geschlagen?«
»Ja. Und mehr noch.«
»Eva! Was heißt mehr? Das ist eine Schande!«
Sie blickte sich um, als hätte sie Angst, dass jemand mithören könnte. »Hanni hat auf seiner Farm gearbeitet. Er hat sie überfallen. Sie geschlagen und vergewaltigt. Aber sie will nicht, dass jemand davon erfährt. Sie schämt sich zu sehr.«
»Mein Gott. Das ist ja entsetzlich. Was sagt ihr Mann dazu?«
»Oh bitte, er weiß nichts davon. Hanni will es ihm nicht sagen. Ich finde, er sollte es erfahren, aber ich möchte nicht noch mehr Zwistigkeiten zwischen ihnen …«
»Zum Teufel mit Ihren Bedenken«, schnaubte er und blieb abrupt mitten auf der Straße stehen. »Ich kann gut verstehen, dass Hanni nicht an seiner Veranstaltung teilnehmen will. Es ist nicht richtig. Kinder, kommt zurück, wir gehen doch nicht dorthin.«
Sie seufzten und jammerten, weinten fast, bis er versprach, mit ihnen zum Sunshine Store zu gehen und Süßigkeiten für alle zu kaufen.
Eva war enttäuscht, als sie umkehrten. Sie hätte gern gewusst, wie es Keith ging, doch sie traute sich nicht, Mr Hackett von ihrem Sabotageversuch zu erzählen. Er wäre vielleicht nicht sonderlich begeistert gewesen. Doch dann rasselte mit klingenden Glocken der von Pferden gezogene Leichenwagen vorbei, und alle blieben stehen, um ihm nachzublicken.
»Ist jemand gestorben?«, fragte Robie.
»Nein«, antwortete seine Mutter. »Wenn die Glocke geläutet wird, damit die Leute aus dem Weg gehen, dann wird der Leichenwagen als Krankenwagen benutzt. Da muss jemand einen Unfall gehabt haben.«
Vielleicht hätte Eva sich gekrümmt vor Lachen, wenn sie mitbekommen hätte, wie Keith just in dem Augenblick von der Bühne sprang, als der Conférencier das Publikum zur Ordnung rief. Da er nach vorn an den Bühnenrand getreten war, bekam er leider nichts mit von Keiths überstürztem Rückzug, und als er Ruhe hergestellt hatte, fuhr er mit seiner vorbereiteten Rede fort, sang sein Loblied auf diesen jungen Mann und wies mit einer großen Geste hinter sich auf einen leeren Stuhl. Sein Publikum, zunächst noch verwundert, begann zu grinsen, sich gegenseitig anzustoßen, zu lachen, während der Conférencier mit lauter Stimme weiterredete, bis er, hochrot im Gesicht, aufhörte und verständnislos in die hysterisch lachende Menge starrte.
Sie krümmten sich vor Lachen, zeigten mit den Fingern, bis ihm endlich klar wurde, was sie ihm zu verstehen geben wollten, und er sich nach der leeren Bühne hinter ihm umsah.
Er vergaß, den Mund zu schließen, und wandte sich wieder dem Publikum zu.
»Wo ist der Kerl?«, fragte er verblüfft und erntete noch mehr Gelächter.
Doch Keith hockte weit entfernt im Klosetthäuschen. Jedes Mal, wenn er wieder gehen wollte, kam er nur ein paar Schritte weit, bevor es ihn wieder bedrängte. Also blieb er. Erhitzt, hochrot im Gesicht, in Panik.
Seine Mutter fand ihn schließlich.
»Bist du da drinnen, Keith?«
»Ja.«
»Dann beeil dich, Liebling. Dein Conférencier ist sehr verärgert. Er sagt, du hast ihn zum Narren gemacht. Er will die Versammlung auflösen.«
»Ich kann mich nicht beeilen, Mutter. Ich habe Durchfall.«
»Oje.«
»Das sind die Nerven«, sagte sie zu J. B., zurück im Saal.
Weitere Kostenlose Bücher