Im Land der tausend Sonnen
auf.«
»Trotzdem wären Erklärungen erforderlich«, sagte er. »Am besten halten wir uns zurück.«
»Ich halte mich nicht zurück«, sagte Nora. »Ich gehe zu Les Jolly.«
»Wenn er dich dort haben wollte, Liebes, würde er kommen und dich abholen«, bemerkte ihre Mutter zuckersüß.
Jules wurde ernst. »Du gehst nirgendwo hin, Nora. Das ist doch nur eine Ausrede, damit du diesem deutschen Arbeiter hinterherlaufen kannst.«
»Das stimmt nicht!«, schrie sie und lief aus dem Zimmer.
»Was zum Teufel soll das denn?«, fragte Jules, und Jayne sah ihn böse an.
»Du hörst ja nie auf mich, Jules. Du weißt doch, dass Les Jolly in sie verliebt ist.«
»Ja, und er wäre eine bedeutend bessere Partie.«
»Genau. Nora ist in letzter Zeit sehr empfindlich. Ich glaube, sie ist bereit, den Deutschen aufzugeben, aber sie ist nun mal sehr treu. Sie will ihn nicht kränken.«
»So ist das Leben.«
»Außerdem will sie nicht den Anschein erwecken, dass sie sich für Les entscheidet, weil er ihr mehr zu bieten hat.«
»Weil er reich ist, meinst du. Aber so ist das Leben.«
Ein eindringliches Klopfen an der Tür unterbrach ihr Gespräch.
Jules sah mit Staunen auf die verzweifelte Frau auf seiner Schwelle. Florence Dixon!
»Du liebe Zeit, Florence. Was ist denn?«
Sie stieß ihn zur Seite und stürzte auf Jayne zu.
»Meine Liebe. Du musst mir helfen … schnell. Ich brauche Dr. Moretons Mixtur. Du weißt schon, das weiße Zeug.«
»Wieso? Hast du etwa …?«
»Nein, aber Keith«, flüsterte sie hastig. »Gib mir die Flasche. Und ein bisschen Wasser.«
Die beiden Frauen eilten in die Küche.
»Warum musste das ausgerechnet jetzt passieren?« Florence weinte. »Wir hatten alles so wunderbar organisiert.«
Nora stand an der Tür. »Ich schätze, Sie verschwenden Ihre Zeit, Mrs Dixon. Les Jolly ist ihm um Längen voraus.«
Sie fuhr ärgerlich herum. »Das stimmt nicht! Die Leute laufen keinem Zuspätgekommenen hinterher, hier jedenfalls nicht. Nie im Leben! Kann sein, dass alle Frauen für ihn schwärmen, aber die dürfen nicht wählen. Hast du das vergessen?«
»Was sollen dann solche Veranstaltungen?«
»Man erwartet es eben, meine Liebe. Die Squatterfamilien kommen in die Stadt, um ihre Macht zu demonstrieren. Und sie bringen ihre Viehtreiber und Geschäftsführer und Vorarbeiter mit, die Geld hier lassen. Wir zeigen den Ladenbesitzern, von wem sie abhängig sind. Hast du das Zeug, Jayne? Ich muss mich beeilen …«
Innerhalb von Minuten war sie wieder fort, die große blaue Flasche in ein Geschirrtuch gewickelt. Jules war fassungslos. »Was war das denn? Ist sie etwa von der Progress Hall aus hierher gelaufen?«
»Ja.«
»Warum?«
»Weil Keith sich unwohl fühlt«, sagte seine Frau. »Er brauchte das weiße Zeug …«
»Hat er Durchfall?«
Jayne lachte. »Sei nicht so indiskret. Glaubst du, dass sie Recht hat, Jules? Dass Keith gewinnt?«
Er nickte. »Ich denke schon. Wir sehen Les Jolly ständig in der Stadt. Er ist beliebt, das steht fest. Aber all diese reichen Farmer da draußen mit ihren Arbeitern vergisst man leicht, weil man sie kaum sieht. Jetzt sind sie überall … in der Stadt wimmelt es von ihnen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Les gewinnt.«
»Ich glaub dir kein Wort!«, sagte Nora.
Er hob die Schultern. »Mir ist es auch egal. Les findet vielleicht Unterstützung in unserer Stadt, aber der Wahlbezirk ist groß. Vergiss nicht, wie die Squatter Maryborough im Griff haben.«
In diesem Augenblick hörten sie ein Klopfen an der offenen Haustür. Jayne stürmte an ihnen vorbei. »Das ist bestimmt wieder Florence Dixon.«
Aber nein. Dieses Mal meldete sich Les Jolly. »Ich komme, um Nora zur Veranstaltung zu begleiten.«
»Wir nehmen nicht teil!«, rief Jules ihm zu.
Schweigen setzte ein. Les stand verlegen an der Tür und sah Mrs Stenning an.
»Eine stürmische Nacht«, sagte er, und sie
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