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Im Land der tausend Sonnen

Titel: Im Land der tausend Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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langweilte sich zunehmend, und Lukas genoss sein wildes, völlig verändertes Leben. Auf dem Besitz der Reinhardts hatte er es bis zum Stallmeister gebracht; höher hätte er nicht aufsteigen können, es sei denn, er hätte sich nach einer anderen Beschäftigung umgesehen, was die Herrschaft allerdings nicht gern gesehen hätte. Hier, wo er als kleiner Zaunmacher angefangen hatte, würde er bald befördert werden.
            Lukas lächelte vor sich hin. Er war bereits zu einem kleinen Viehtreiber befördert worden. Unter diesen harten Männern hatte er sich Respekt verdient durch seine Anstrengungen. Das tat ihm wohl und veranlasste ihn, die Muskeln spielen zu lassen und mehr erreichen zu wollen. Er wollte arbeiten, aufmerksam zuschauen und lernen, und eines Tages würde er seine eigene Schafzuchtfarm besitzen. Vielleicht zunächst zusammen mit einem Partner, wenn das die Erfüllung seines Traums beschleunigte. Doch Hannis Verhalten bereitete ihm Sorgen. Er verstand ihr Problem. Sie hatte zu viel Freizeit und wusste nicht, wie sie sich beschäftigen sollte, daher schlich sich die Einsamkeit ein. Sie hatte von der großen Bibliothek im Haus gesprochen, und er schlug ihr vor, sich die Erlaubnis zum Ausleihen von Büchern geben zu lassen, hatte dabei jedoch Hannis Probleme mit dem Lesen der englischen Sprache nicht bedacht. Er wünschte sich, ihr helfen zu können, was aber nicht heißen sollte, dass er ihr die Freude an der Aufmerksamkeit anderer Männer, und sei sie noch so unschuldig, gestatten wollte. Auch das begriff sie nicht: dass Männer wie diese hier nicht gereizt werden durften.
            Oder begriff sie es doch? Ihn hatte sie monatelang gereizt. Sie suchte seine Nähe, schäkerte, verlangte nach ihm, bis er alle Vorsicht fahren ließ und zu ihr ging, um seinerseits ein bisschen zu poussieren. Und wohin das geführt hatte, sah man jetzt. Er bereute es schon manchmal, natürlich, aber er würde immer wieder genauso handeln. Er liebte Hanni nicht nur. Er betete sie an, sie war das hübscheste Mädchen, das er je gesehen hatte, und außerdem noch sanft und lieb. Eines Tages würde sie über ein eigenes Heim verfügen, über Freunde, die sie besuchen konnte, und über Kinder, die sie verwöhnen konnte. Vielleicht war das die Lösung. Wenn Gott ihr ein Kind schenkte, hätte sie Beschäftigung genug.
             
            Trotz Lukas' eindringlicher Warnungen vor den groben Arbeitern war es dann doch nicht einer von ihnen, der Hanni belästigte. Es war ein Gast, Mr Mayhew. Und er war betrunken. Er war außer den Fechners der einzige Bewohner des Gästeflügels und weilte schon seit einigen Tagen auf Clonmel, als er Hanni auf dem Weg zum Hause begegnete.
            Die schwarzen Mädchen wurden vor Einbruch der Dunkelheit in ihr Lager zurückgeschickt, und zwar aus gutem Grund, wie die Köchin Hanni erklärt hatte.
            »Zu viele geile Weiße auf der Farm, und weiß Gott nicht nur die Arbeiter«, sagte sie und schürzte die vollen Lippen. »Zu viele junge Kerle, die hierher zu Besuch kommen und die schwarzen Mädchen für Freiwild halten, aber Mrs Dixon will das nicht dulden. Sie wirft sie ohne viel Federlesens raus, wenn sie hört, dass sie hinter den Mädchen her sind. Und ihr ist es gleich, wer sie sind.«
            Das bedeutete, dass Hanni abends schon mal für das Küchenmädchen einspringen musste, doch das störte sie nicht. Sie aß ihr Abendbrot in der Küche und amüsierte sich darüber, dass die Köchin sich herbeiließ, die Familie zu bedienen, wenn sie ihr diese Arbeit doch hätte abnehmen können. Doch der Köchin machte das Servieren Spaß. Bei der Gelegenheit konnte sie mit den Dixons plaudern, erfahren, was sie mochten und was nicht, und Komplimente einheimsen. Hanni blieb, um beim Abwasch zu helfen, das Speisezimmer aufzuräumen und den Frühstückstisch zu decken. Dann suchte sie ihre Wohnung auf.
            Hanni hätte liebend gern einen Brief an die Mädchen geschrieben, mit denen sie all diese langen Jahre unter dem ehernen Regiment von Frau Neuendorf gearbeitet hatte. Frau Neuendorf war die Hauswirtschafterin der Reinhardts. Wie sie unter der Knute dieser Frau, unter ihren gemeinen Hieben, wenn eine von ihnen ihrer schlechten Laune in die Quere kam, gelitten hatten! Das Silber musste mit bloßen Fingern geputzt werden, bis sie wund waren und bluteten. Die Mahlzeiten mussten die Wendeltreppe für Dienstboten hinaufgetragen werden, eine

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