Im Land der tausend Sonnen
mochte sie den Glanz und die Politur im Musikzimmer und in der großen Bibliothek, luftige, wunderschöne Räume, ganz anders als die muffigen, düsteren alten Zimmer, in denen die Reinhardts gewohnt hatten. Alles in allem war es ein schönes Haus, und auch die Leute waren freundlich.
»Solange du deine Arbeit tust«, hatte Elsie, die Hauswirtschafterin, gesagt, als Hanni ihre Stelle als Hausmädchen antrat, »lässt man dich in Ruhe.« Und das entsprach der Wahrheit. Die Arbeit selbst war so leicht, dass Hanni sie in der Hälfte der ihr zugebilligten Zeit erledigen konnte. Es war keine körperlich schwere Arbeit, kein stundenlanges Bohnern, Silber und Messing putzen und all diese kleinlichen Verrichtungen, die in alten, verwohnten Häusern anfielen. Sie brauchte nur die Betten zu machen, zu fegen und Staub zu wischen …
»In der trockenen Jahreszeit wird immerzu viel Staub aufgewirbelt«, hatte Mrs Dixon ihr erklärt. »Manchmal ist es noch viel schlimmer als im Augenblick. Also, Hanni, mach dir keine Gedanken. Tu einfach, was du kannst.«
So dachten alle im Haus. Tu, was du kannst. Darüber musste Hanni heimlich kichern. Im Alter von zwölf Jahren hatte ihre Ausbildung zur Dienstbotin begonnen, und daher wusste sie, dass es hier reichte, wenn sie ihr Zweit-, nein, Drittbestes gab, aber weil alle so nett zu ihr waren, tat sie doch oft genug ihr Bestes. Sie putzte unter den Betten, fand Staubflusen, die das vorige Hausmädchen zurückgelassen hatte; sie schmückte die Zimmer mit Blumen oder grünen Zweigen, sie stieg auf die Leiter, nahm alle Bücher aus den Regalen, staubte sie ab und stellte sie wieder zurück, und sie achtete auch darauf, dass sie selbst stets sauber und adrett aussah, was sie in jedem Spiegel, an dem sie vorüberkam, kontrollierte.
Mrs Dixon und die Hauswirtschafterin waren entzückt von ihr und bezeichneten sie als guten Fang. Sie zahlten ihr sogar ein bisschen mehr als anfangs ausgemacht, in der Hoffnung, sie dadurch halten zu können. Mittlerweile hatte Hanni erfahren, dass die Leute auf den Farmen große Schwierigkeiten hatten, Personal zu bekommen, das bereit war, auf ihren einsamen Besitzungen zu arbeiten. Die Wäscherinnen und das Küchenmädchen waren Schwarze, und die Köchin trug die Speisen eigenhändig auf. Soweit Hanni es beurteilen konnte, hatte die Hauswirtschafterin nicht viel zu tun, abgesehen davon, dass sie Lebensmittel bestellte und im Haus nach dem Rechten sah. Im Grunde war sie eher Mrs Dixons Gesellschafterin. Die zwei Frauen, beide mindestens sechzig Jahre alt, ritten häufig gemeinsam aus, und es beeindruckte Hanni tief, dass Mrs Dixon einen so lässigen Umgang mit einer Bediensteten pflegte. Das schien diese Familie jedoch in keiner Weise zu belasten, und Hanni kam zu dem Schluss, dass sie alle reichlich exzentrisch waren.
Der Vater, J. B. genannt, war ein kräftiger Mann mit Donnerstimme, doch tagsüber hielt er sich kaum in der Nähe des Hauses auf, ebenso wenig wie sein Sohn, Keith. Draußen, wo die eigentlichen Geschäfte dieses Besitzes sich abspielten, war viel zu tun. Da draußen, wo Lukas arbeitete.
Lukas hatte ihr auf den gemeinsamen Spaziergängen alles gezeigt, doch Hanni konnte seine Begeisterung für seinen Arbeitsplatz nicht teilen. Nicht einmal die Lagerhütten für Wolle beeindruckten sie, die nach Lukas' Worten schon erstaunlich groß waren. »Warum auch nicht?«, fragte sich Hanni. Diese Leute besaßen Tausende von Schafen; die Koppeln hinter den Lagerhütten sahen aus wie ein endloser Irrgarten aus Zäunen.
Allerdings gefiel es ihr, dass ihr auf ihren Spaziergängen Pfiffe und anerkennende Bemerkungen von den Arbeitern folgten; alle fanden sie sehr hübsch und zögerten auch nicht, sie das wissen zu lassen. Oft sagten sie in ihrer Gegenwart, dass Lukas sich glücklich schätzen könnte, und Hanni liebte diese Beachtung. Neuerdings aber hatte Lukas dieses Getue gründlich satt.
»Du forderst es heraus, Hanni. Das darfst du nicht. Es ist schwer für die Männer, dass es hier keine allein stehenden Frauen gibt.«
»Gibt es doch. Die Dixons haben häufig Damenbesuch.«
»Aber diese Damen machen sich nicht mit den Arbeitern gemein. Sie bleiben hübsch auf ihrer Seite der Hecke.«
»Ich kann das aber nicht. Wir wohnen schließlich dort. Und ich kann nichts dafür, wenn sie mich
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