Im Land der weissen Rose
übersetzen. Mit der Bibel
waren sie da ja auch ganz schnell!«
Gwyn seufzte. Sie hatte gehört, dass Maori-Frauen auf der
Nordinsel heiße unterirdische Quellen oder Vulkantätigkeit
nutzten, um das Essen zu garen.Aber bei Kiward Station gab es nichts
dergleichen, und sie hatte Moana und die anderen Maori-Frauen auch
noch nie beim Graben von Kochgruben beobachtet.Aber das mit dem
Kochbuch war eine gute Idee.
Gwyn verbrachte den Nachmittag mit der Maori-Bibel, der englischen
Bibel und dem Kochbuch von Geralds verstorbener Gattin in der Küche.
Doch ihre vergleichenden Studien waren nur beschränkt
erfolgreich. Schließlich gab sie auf und floh in die Ställe.
»Jetzt weiß ich, was ›Sünde‹ und
›Himmlische Gerechtigkeit‹ in der Sprache der Maoris
heißt«, sagte sie zu den Männern und blätterte
in der Bibel. Kennon und Livingston waren eben von den Bergweiden
zurückgekehrt und warteten ihre Pferde ab, während McKenzie
und McAran Sattelzeug putzten. »Aber das Wort ›Thymian‹
steht nicht drin.«
»Vielleicht schmeckt es ja auch mit Weihrauch und Myrrhe«,
bemerkte McKenzie.
Die Männer lachten.
»Sagen Sie Mr. Gerald doch einfach,dass Völlerei eine
Sünde ist«, riet McAran. »Aber tun Sie’s
sicherheitshalber auf Maori. Wenn Sie es auf Englisch versuchen,
könnte er Ihnen den Kopf abreißen.«
Seufzend sattelte Gwyneira ihre Stute. Sie brauchte jetzt frische
Luft. Das Wetter war viel zu schön, um Bücher zu wälzen.
»Ihr seid mir auch keine Hilfe!«, tadelte sie die
immer noch feixenden Männer, als sie Igraine ins Freie führte.
»Wenn mein Schwiegervater fragt, sagt ihm, ich sammele Kräuter.
Für sein Stew.«
Gwyneira ließ ihr Pferd zunächst Schritt gehen. Wie
immer beruhigte sie der Anblick des weiten Landes vor der
atemberaubenden Kulisse der Alpen. Wieder einmal schienen die Berge
so nah, als könne man sie in einem Stundenritt erreichen, und
Gwyneira machte sich einen Spaß daraus, ihnen entgegen zutraben
und sich einen der Gipfel als Ziel zu erwählen. Erst als sie ihm
auch nach zwei Stunden nicht erkennbar näher gekommen war,
kehrte sie um. So gefiel ihr das Leben!Aber was machte sie bloß
mit der Maori-Köchin? Gwyneira brauchte unbedingt weibliche
Unterstützung.Aber die nächste Weiße lebte zwanzig
Meilen weit weg.
Ob es wohl gesellschaftlich korrekt war, Mrs. Beasley schon einen
Monat nach der Hochzeit einen Besuch abzustatten? Aber vielleicht
reichte ja auch ein Ausflug nach Haldon. Bisher hatte Gwyneira das
Städtchen noch nicht besucht, aber es wurde Zeit. Sie musste
Briefe zur Post bringen, wollte ein paar Kleinigkeiten kaufen und vor
allem einmal andere Gesichter sehen als die ihrer Familie, der
Maori-Hausangestellten und der Viehhüter. In der letzten Zeit
waren ihr alle ein bisschen über – bis auf James McKenzie.
Aber der konnte sie ja nach Haldon begleiten. Hatte er nicht gestern
noch gesagt, er müsse bei Candlers bestellte Waren abholen? Bei
dem Gedanken an den Ausflug hob sich Gwyns Laune. Und Mrs. Candler
wusste sicher, wie man Irish Stew kochte ...
Igraine galoppierte willig Richtung Heimat. Nach dem langen Ritt
lockte der Futtertrog.Auch Gwyneira selbst war hungrig, als sie ihr
Pferd schließlich wieder in den Stall führte.Aus den
Mannschaftsunterkünften drang der aromatische Geruch nach
Fleisch und Gewürzen. Gwyn konnte sich nicht bezähmen.
Hoffnungsvoll klopfte sie an.
Offensichtlich hatte man sie schon erwartet. Die Männer saßen
wieder um ein offenes Feuer und ließen eine Flasche kreisen.
Ãœber den Flammen brodelte ein aromatisch riechender Eintopf. War
das nicht ...?
Alle Männer strahlten, als feierten sie Weihnachten, und
O’Toole,der Ire, hielt ihr lächelnd ein Essgeschirr mit
Irish Stew entgegen. »Hier, Miss Gwyn. Geben Sie das dem
Maori-Mädchen. Diese Menschen sind sehr anpassungsfähig.
Vielleicht schafft sie es ja, das Gericht nachzukochen.«
Gwyneira bedankte sich erfreut. Zweifellos war dieses Gericht
genau das, auf das Gerald gehofft hatte. Es roch so gut, dass Gwyn am
liebsten um einen Löffel gebeten und das Geschirr gleich selbst
geleert hätte. Dann aber nahm sie sich zusammen. Sie würde
das kostbare Stew nicht anrühren, bevor sie es Kiri und Moana
zum Probieren gab.
Deshalb deponierte sie es sicher auf einem Strohballen,
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