Im Land der weissen Rose
Flüsse und Bäche, die
sie überquerten. Oft kannte er sowohl die Maori-Namen als auch
die englischen.
»Sie sprechen gut Maori, nicht wahr?«, meinte Gwyn
bewundernd.
McKenzie schüttelte den Kopf. »Ich glaube, niemand
spricht wirklich gut Maori. Die Eingeborenen machen es uns zu
einfach. Sie freuen sich über jedes Wort Englisch, das sie
lernen. Wer hat da noch Lust, sich mit Worten wie
taumatawhatatangihangakoauauotamateaturipukakapikimaungahoroukupokaiwhenuakitanatahu
herumzuärgern?«
»Was?«, lachte Gwyneira.
»Das ist ein Berg auf der Nordinsel. Gilt sogar unter Maoris
als Zungenbrecher.Aber mit jedem Becher Whiskey wird es einfacher,
glauben Sie mir!« James zwinkerte ihr von der Seite zu und
lächelte wieder sein verwegenes Lächeln.
»Also haben Sie’s am Lagerfeuer gelernt?«,
fragte Gwyn.
James nickte. »Ich bin ziemlich viel rumgezogen und hab mich
auf Schaffarmen verdingt. Unterwegs bin ich oft in Maori-Dörfern
untergekommen – sie sind ja sehr gastfreundlich.«
»Warum haben Sie nicht beim Walfang gearbeitet?«,
wollte Gwyn wissen. »Dabei soll doch deutlich mehr zu verdienen
sein. Mr. Gerald ...«
James grinste. »Mr. Gerald spielt wohl auch gut Karten«,
bemerkte er dann.
Gwyneira wurde rot. Konnte es sein, dass die Geschichte des
Kartenspiels zwischen Gerald Warden und ihrem Vater hier schon die
Runde gemacht hatte?
»Normalerweise verdient man beim Walfang jedenfalls auch
kein Vermögen«, sprach McKenzie weiter. »Und für
mich war’s nichts. Verstehen Sie mich richtig, ich bin nicht
zimperlich, doch dieses Waten in Blut und Fett ... nein.Aber ich bin
ein guter Schafscherer, ich hab’s in Australien gelernt.«
»Leben in Australien nicht nur Sträflinge?«,
erkundigte sich Gwyn.
»Nicht nur.Auch Nachkommen von Sträflingen und ganz
normale Einwanderer. Und die Sträflinge sind nicht alle
Schwerverbrecher. Da ist so mancher arme Kerl gelandet, der für
seine Kinder ein Brot gestohlen hat. Oder all die Iren, die sich
gegen die Krone aufgelehnt hatten. Das waren oft sehr anständige
Männer. Schurken gibt es überall, und ich für meinen
Teil hab in Australien nicht mehr kennen gelernt als sonst wo auf der
Welt.«
»Wo waren Sie denn sonst noch?«, fragte Gwyn
neugierig, die McKenzie immer faszinierender fand.
Er grinste. »In Schottland. Da komme ich her. Ein echter
Highlander. Aber kein Clan-Lord, meine Sippe war immer nur Fußvolk.
Verstand sich auf Schafe, nicht auf Langschwerter.«
Gwyneira fand das ein bisschen schade. Ein schottischer Krieger
wäre fast so interessant gewesen wie ein amerikanischer Cowboy.
»Und Sie, Miss Gwyn? Sind Sie wirklich auf einem Schloss
aufgewachsen, wie man sich erzählt?« James schaute sie
wieder von der Seite an.Aber er machte nicht den Eindruck, als würde
er sich für Klatsch interessieren. Gwyn hatte das Gefühl,
dass er sich ehrlich für sie interessierte.
»Ich bin in einem Herrenhaus groß geworden«, gab
sie Auskunft. »Mein Vater ist ein Lord – allerdings
keiner von denen, die im Kronrat sitzen.« Sie lächelte.
»In gewisser Weise haben wir etwas gemeinsam: Die Silkhams
haben es auch eher mit den Schafen als mit den Schwertern.«
»Und ist es für Sie ... verzeihen Sie, wenn ich frage,
aber ich dachte immer... Sollten Ladys nicht eigentlich Lords
heiraten?«
Das war schon ziemlich indiskret, doch Gwyneira beschloss, es ihm
nicht übel zu nehmen.
»Ladys sollten Gentlemen heiraten«, erwiderte sie
unbestimmt; dann aber ging das Temperament doch mit ihr durch. »Und
natürlich hat man sich in England die Mäuler darüber
zerrissen, dass mein Mann nur ein »Schaf-Baron« ist, ohne
echten Adelstitel. Doch wie man so sagt: Es ist schön, wenn man
ein Rassepferd sein Eigen nennt.Aber auf den Papieren reitet man
nicht.«
James musste so herzhaft lachen, dass er fast vom Bock gefallen
wäre. »Sagen Sie den Satz nie in Gesellschaft, Miss Gwyn!
Sie wären bloßgestellt bis in alle Ewigkeit! Aber so
langsam begreife ich, dass es in England ein bisschen schwierig war,
einen Gentleman für Sie zu finden.«
»Es gab reichlich Bewerber!«, log Gwyneira beleidigt.
»Und Mr. Lucas hat sich noch nie beklagt.«
»Dann wäre er auch dumm und blind!«, brach es aus
James heraus, doch bevor er seine Bemerkung weiter
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