Im Land der weissen Rose
blieb.
Gwyneira selbst hätte das nichts ausgemacht. Sie liebte
Fleurette und erkannte sowohl ihr eigenes Wesen in ihr wieder wie
auch alles, was sie an James McKenzie geliebt hatte. Fleur war
abenteuerlustig und klug, dickköpfig und witzig. Unter den
Maori-Kindern fand sie genügend Spielkameraden, denn sie
beherrschte fließend die Maori-Sprache. Vor allem aber liebte
sie Ruben, Helens Sohn. Der gut ein Jahr ältere Knirps war ihr
Held und Vorbild. Mit ihm schaffte sie es sogar, in Helens
Schulstunden still zu sitzen und nicht dazwischen zu reden.
Nun, heute würde das nichts werden. Seufzend rief Gwyn nach
Kiri, um den Frühstückstisch abräumen zu lassen. Von
selbst hätte Kiri wahrscheinlich nicht daran gedacht. Sie hatte
vor kurzem geheiratet und nichts anderes im Kopf als ihren Gatten.
Gwyn wartete nur darauf, dass sie ihr eine Schwangerschaft meldete –
und Gerald daraufhin erneut explodierte.
Nachher musste Kiri dann dazu überredet werden, das Silber zu
polieren, und mit Moana musste Gwyn das Dinner besprechen. Irgendwas
mit Lamm. Und Yorkshire Pudding wäre auch nicht schlecht.Aber
erst mal Fleur ...
Fleurette war nicht untätig gewesen, während ihre Eltern
frühstückten. Sie wollte schließlich bald los, also
hieß es, das Pferd zu satteln oder anzuschirren. Gwyneira nahm
ihre Tochter meist einfach vor sich auf Igraine, doch Lucas zog es
vor, dass »seine Damen« fuhren. Er hatte Gwyn dafür
extra einen Dogcart kommen lassen, den sie exzellent beherrschte. Der
leichte zweirädrige Wagen war extrem geländegängig,
und Igraine zog ihn mühelos über schwierige Wege.
Querfeldein ging es damit allerdings nicht, und springen konnte man
auch nicht. Die Abkürzung durch den Busch fiel also weg. Kein
Wunder, dass Gwyn und Fleur deshalb lieber ritten, und so traf
Fleurette denn auch heute ihre Entscheidung.
»Kannst du wohl Igraine satteln, Mr. James?«,
erkundigte sie sich bei McKenzie.
»Mit dem Damensattel oder einem anderen, Miss Fleur?«,
fragte James ernsthaft. »Sie wissen, was Ihr Vater gesagt hat.«
Lucas dachte ernsthaft daran, für Fleurette ein Pony aus
England kommen zu lassen, damit sie korrektes Reiten im Seitsitz
lernte. Gwyneira erklärte allerdings, sie würde über
das Pony hinausgewachsen sein, bevor es da war. Vorerst unterrichtete
sie ihre Tochter im Herrensitz auf Madoc. Der Hengst war sehr
gutwillig, das Problem lag eher in der Geheimhaltung.
»Mit ’nem Sattel für richtige Menschen!«,
erklärte Fleur.
James musste lachen. »Ein richtiger Sattel, sehr wohl,
Mylady! Wollen Sie denn heute allein reiten?«
»Nein, Mummy kommt gleich.Aber sie muss noch ›Zielscheibe‹
für Großvater spielen. Hat sie zu Daddy gesagt. Wird er
wirklich auf sie schießen, Mr. James?«
Nicht, wenn ich es verhindern kann, dachte McKenzie grimmig.
Niemandem auf der Farm blieb verborgen, wie Gerald seine
Schwiegertochter quälte. Im Gegensatz zu Lucas, auf den die
Arbeiter durchweg eine gewisse Wut hegten, hatte Gwyneira ihr
Mitgefühl. Und manchmal kamen die Jungs der Wahrheit gefährlich
nahe, wenn sie über ihre Herrschaft frotzelten. »Wenn Miss
Gwyn bloß einen anständigen Mann hätte«, war
eine Standardbemerkung. »Dann wäre der Alte schon zehnmal
Großvater!«
Oft genug boten die Kerle sich dann spaßeshalber selbst als
»Deckbullen« an und überboten sich an Vorschlägen,
wie man die hübsche Herrin und ihren Schwiegervater gleichzeitig
glücklich machen könnte.
James versuchte, diese üblen Scherze zu unterbinden, doch es
war nicht immer einfach. Wenn Lucas sich wenigstens noch bemüht
hätte, auf der Farm nützlich zu sein!Aber er lernte nichts
dazu und wurde mit jedem Jahr mürrischer und unwilliger, wenn
Gerald ihn in die Ställe und auf die Felder zwang.
Während James Igraine den Sattel auflegte, plauderte er noch
ein wenig mit Fleur. Er wusste es gut zu verbergen, doch er liebte
seine Tochter und schaffte es nicht, Fleur als eine Warden zu
betrachten. Dieser rothaarige Wirbelwind war sein Kind – und
ihm machte es nicht das Geringste aus, dass sie »nur« ein
Mädchen war. Geduldig wartete er, bis sie auf eine Kiste
geklettert war, von der aus sie Igraines Schweif bürsten konnte.
Gwyneira betrat die Ställe, als James eben den Sattelgurt
festzog, und wie immer reagierte sie
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