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Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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unwillkürlich auf seinen
Anblick.Ein Aufblitzen der Augen, ein winziger Hauch von Röte im
Gesicht ... dann wieder eiserne Kontrolle.
    Â»Oh, James, haben Sie schon gesattelt?«, fragte
Gwyneira bedauernd. »Ich kann leider nicht mit Fleur reiten,
wir erwarten Besuch.«
    James nickte. »Ach ja, dieser englische Kaufmann. Ich hätte
selbst daran denken können, dass Sie verhindert sein werden.«
Er machte Anstalten, die Stute wieder abzusatteln.
    Â»Wir reiten nicht zur Schule?«, fragte Fleur gekränkt.
»Aber dann bleib ich dumm, Mummy!«
    Das war das neueste Argument, möglichst täglich zu Helen
zu reiten. Helen hatte es gegenüber einem Maori-Kind benutzt,
das gern schwänzte, und Fleur hatte sich die Bemerkung
eingeprägt.
    James und Gwyn mussten lachen.
    Â»Nun, das können wir ja wohl nicht riskieren«,
sagte James mit gespieltem Ernst. »Wenn Sie erlauben, Miss
Gwyn, werde ich sie zur Schule bringen.«
    Gwyn schaute ihn verwundert an. »Haben Sie denn Zeit?«,
fragte sie. »Ich dachte, Sie wollten die Pferche für die
Mutterschafe kontrollieren.«
    Â»Das liegt doch auf dem Weg«, erklärte James und
zwinkerte ihr zu. Tatsächlich lagen die Pferche nicht auf dem
befestigten Weg nach Haldon, sondern nur auf Gwyneiras
geheimerAbkürzung durch den Busch. »Wir müssten
natürlich reiten. Wenn ich anspanne, verliere ich wirklich
Zeit.«
    Â»Bitte, Mummy!«, flehte Fleur. Und bereitete sich
gleichzeitig auf einen Wutanfall vor, falls Gwyn es wagen sollte,
abzulehnen.
    Zum Glück war ihre Mutter nicht schwer zu überzeugen.
Ohne das enttäuschte, quengelnde Kind an ihrer Seite würde
die ohnehin ungeliebte Arbeit reibungsloser vorangehen. »Na
gut«, sagte sie. »Viel Spaß. Ich wünschte, ich
könnte mitkommen.«
    Gwyneira beobachtete neidisch, wie James seinen Wallach
herausführte und Fleur vor sich in den Sattel hob. Hübsch
und aufrecht saß sie auf dem Pferd, und ihre roten Locken
wippten im Takt, als das Tier antrat. James nahm ebenso lässig
im Sattel Platz. Gwyn war fast ein wenig besorgt, als die beiden
losritten.
    Bemerkte wirklich niemand außer ihr die Ähnlichkeit
zwischen dem Mann und dem Mädchen? Lucas Warden, der Maler und
geschulte Beobachter, sah den Reitern von seinem Zimmer aus nach,
bemerkte Gwyneiras einsame Gestalt auf dem Hof und meinte ihre
Gedanken zu lesen.
    Er war zufrieden in seiner Welt, aber manchmal ... manchmal hätte
er diese Frau gern geliebt.
    Â 

2
    George Greenwood fand freundliche Aufnahme in den Canterbury
Plains. Peter Brewsters Name öffnete ihm rasch die Türen
der Farmer, aber man hätte ihn wahrscheinlich auch ohne
Empfehlung willkommen geheißen. Er kannte das schon von Farmen
in Australien und Afrika – wer so isoliert lebte wie diese
Siedler, freute sich über jeden Besuch aus der Außenwelt.
Deshalb hörte er sich geduldig die Klagen Mrs. Beasleys über
das Personal an, bewunderte ihre Rosen und ritt mit ihrem Gatten über
die Weiden, um die Schafe zu bewundern. Die Beasleys hatten alles
daran gesetzt, ihre Farm in ein kleines Stück England zu
verwandeln, und George musste lächeln, als Mrs. Beasley ihm von
ihren Anstrengungen erzählte, die Süßkartoffel
anhaltend aus ihrer Küche zu verbannen.
    Kiward Station, das merkte er bald, war ganz anders. Haus und
Garten boten eine seltsame Mischform: Einerseits versuchte hier
jemand, das Leben des englischen Landadels so weit als möglich
zu imitieren, andererseits behauptete sich die Maori-Kultur. Im
Garten beispielsweise blühten Rata und Rosen friedlich
nebeneinander; unter Cabbage-Trees standen Bänke in typischer
Maori-Schnitzerei, und der Geräteschuppen war in Maori-Tradition
mit Blättern der Nikau-Palme gedeckt. Das Hausmädchen, das
George die Tür öffnete, trug eine artige
Dienstbotenuniform, aber keine Schuhe, und der Hausdiener begrüßte
ihn freundlich mit haere mai, den Maori-Worten für »willkommen«.
    George erinnerte sich daran, was er über die Wardens gehört
hatte. Die junge Frau entstammte einer englischen Adelsfamilie –
und hatte offenbar Geschmack, wie die Möblierung der
Empfangsräume bewies. Die Anglikanisierung schien sie allerdings
noch verbissener zu betreiben als Mrs. Beasley: Wie oft legte hier
wohl ein Besucher seine Visitenkarte in die silberne Schale auf dem
zierlichen Tischchen? George

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