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Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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bei
denen eine höchstens Zehnjährige den Haushalt versorgen
sollte! Hebammendienste inklusive. Kein Wunder, dass das Kind
weggelaufen ist! Und die so genannten Herrschaften von Laurie waren
nicht viel besser. Ich höre noch diese unmögliche Mrs.
Lavender: ›Nein, wenn wir zwei nehmen, reden sie nur den
lieben langen Tag, statt zu arbeiten.‹ Und dabei hat die
Kleine sich die Augen ausgeweint ...«
    Â»Hat man denn überhaupt noch mal von den Mädchen
gehört?«,erkundigte sich George. »Sie hatten nichts
mehr geschrieben.«
    Es klang, als habe der junge Mann jeden von Helens Briefen
auswendig gelernt.
    Helen schüttelte den Kopf. »Man weiß nur, dass
Mary und Laurie am selben Tag verschwanden. Genau eine Woche, nachdem
man sie getrennt hatte. Man nimmt an, es sei abgesprochen gewesen.
Ich glaube das allerdings nicht. Mary und Laurie brauchten niemals
Absprachen. Die eine wusste immer, was die andere dachte – es
war fast unheimlich. Danach hat man nichts mehr von ihnen gehört.
Ich befürchte, sie sind ums Leben gekommen. Zwei kleine Mädchen
allein in der Wildnis... es ist ja nicht so, als hätten sie zwei
Meilen voneinander entfernt gewohnt und sich leicht treffen können.
Diese ... diese Christen.« Sie spie das Wort aus. »Sie
haben Mary auf eine Farm hinter Haldon geschickt, und Laurie blieb in
Christchurch. Dazwischen liegen fast fünfzig Meilen Busch. Ich
darf gar nicht daran denken, was die Kinder durchgemacht haben.«
    Helen schenkte Tee ein und setzte sich zu George an den Tisch.
    Â»Und die dritte?«, fragte er. »Was warmit der?«
    Â»Daphne? Oh, das war ein Skandal, davon haben wir erst
Wochen später erfahren. Sie ist weggelaufen. Aber vorher hat sie
ihren Dienstherrn, diesen Morrison, mit kochendem Wasser überschüttet
– voll ins Gesicht. Zuerst hieß es, er würde es wohl
nicht überleben. Dann hat er es doch geschafft, aber er ist
erblindet, und sein Gesicht ist von Narben entstellt. Dorothy sagt,
Morrison sähe jetzt aus wie das Ungeheuer, das er immer war. Sie
hat ihn mal gesehen, denn die Morrisons kommen nach Haldon einkaufen.
Die Frau ist aufgeblüht, nachdem der Mann den ... Unfall hatte.
Nach Daphne wird gefahndet, aber wenn sie nicht gerade in
Christchurch in die Gendarmerie hinein spaziert, wird man sie wohl
nicht finden. Wenn Sie mich fragen, hatte sie gute Gründe für
die Flucht und für die Tat. Ich weiß nur nicht, was sie
jetzt noch für eine Zukunft hat ...«
    George zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich die gleiche
Zukunft, die sie in London erwartet hätte.Armes Kind.Aber das
Waisenhauskomitee hat sein Fett wegbekommen, dafür hat Reverend
Thorne gesorgt. Und dieser Baldwin ...«
    Helen lächelte beinahe triumphierend. »Dem hat man
Harper vor die Nase gesetzt.Aus der Traum vom Bischof von Canterbury.
Ich empfinde dabei eine ganz unchristliche Schadenfreude!Aber
erzählen Sie weiter! Ihr Vater ...«
    Â»... waltet nach wie vor seines Amtes bei Greenwood
Enterprises. Die Firma wächst und gedeiht. Die Königin
unterstützt den Außenhandel, und in den Kolonien werden
riesige Vermögen gemacht, oft auf Kosten der Eingeborenen. Ich
habe da Dinge gesehen ... Eure Maoris sollten sich glücklich
schätzen, dass sowohl die weißen Einwanderer als auch sie
selbst eher friedlich veranlagt sind.Aber mein Vater und ich können
es nicht ändern – auch wir profitieren von der Ausbeutung
dieser Länder. Und in England selbst blüht die
Industrialisierung, wenngleich mit Auswüchsen, die mir genauso
wenig gefallen wie die Schinderei in Übersee. Die Zustände
in manchen Fabriken sind erschreckend. Wenn ich es recht bedenke, hat
es mir nirgends so gut gefallen wie hier in Neuseeland.Aber ich
schweife ab...«
    Während George zurück zum Thema fand, wurde ihm klar,
dass er die Bemerkung eben nicht nur gemacht hatte, um Helen zu
schmeicheln. Dieses Land gefiel ihm wirklich. Die geraden, gelassenen
Menschen, die weite Landschaft mit den majestätischen Bergen,
die weitläufigen Farmen mit den wohlgenährten Schafen und
Rindern auf den üppigen Weiden – und Christchurch, das
sich anschickte, eine typisch englische Bischofs- und
Universitätsstadt am anderen Ende der Welt zu werden.
    Â»Was macht William?«, erkundigte sich Helen.
    George seufzte mit vielsagendem Augenaufschlag. »William war
nicht auf dem College,

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