Im Land der weissen Rose
O’Keefe
und nahm den nächsten Schluck. »Die Kerle wollen den
ganzen Markt für sich ... nur beste Preise für beste Wolle
... Allein wie sie sich nennen: Schaf-Barone! Eingebildetes Pack!«
Howard griff nach dem Whiskey.
George nickte gemessen und nippte an seinem Glas. »Ich würde
es vorsichtiger ausdrücken, aber im Wesentlichen haben Sie nicht
Unrecht. Und es ist sehr scharfsichtig, dass Sie die Preise erwähnen
– Warden und die anderen Spitzenproduzenten treiben sie hoch.
Natürlich steigern sie auch die qualitativen Erwartungen, aber
wasmich angeht ... nun, meine Verhandlungsposition wäre
natürlich besser, wenn es mehr Vielfalt gäbe.«
»Also werden Sie vermehrt bei kleinen Züchtern
kaufen?«, fragte Howard begierig. In seinen Augen stand
Interesse, aber auch Misstrauen. Welcher Händler kaufte schon
bewusst minderwertige Ware?
»Das würde ich gern, Mr. O’Keefe.Aber die
Qualität muss natürlich ebenfalls stimmen. Wenn Sie mich
fragen, müsste der Teufelskreis durchbrochen werden, in dem die
kleinen Farmer stecken. Sie wissen es doch selbst – Sie haben
wenig Land, zu viele, aber eher minderwertige Tiere, die Erträge
sind quantitativ gerade noch annehmbar, qualitativ aber mäßig.Also
bleibt vom Erlös nie genug übrig, um bessere Zuchttiere
anzuschaffen und damit langfristig die Qualität der Erzeugnisse
zu verbessern.«
O’Keefe nickte eifrig. »Da haben Sie völlig
Recht. Das versuche ich diesem Bankmenschen in Christchurch seit
Jahren verständlich zu machen! Ich brauchte ein Darlehen ...«
George schüttelte den Kopf. »Sie brauchen erstklassiges
Zuchtmaterial. Und nicht nur Sie, sondern auch andere kleine Farmen.
Eine Geldspritze kann da helfen, muss aber nicht. Stellen Sie sich
vor, Sie kaufen einen preisgekrönten Widder, und im nächsten
Winter geht er Ihnen ein ...«
George hatte zwar eher die Befürchtung, dass ein Darlehen für
Howard schneller im Pub in Haldon verspielt als in einen Widder
investiert würde, doch er hatte sich seine Argumente lange
überlegt.
»Das ist nun mal das Ri ... Risiko«, sagte Howard,
dessen Zunge allmählich schwer wurde.
»Ein Risiko, das Sie nicht eingehen können, O’Keefe.
Sie haben Familie! Sie dürfen nicht riskieren, dass man Sie von
Hausund Hof jagt. Nein, mein Vorschlag sieht anders aus. Ich denke
daran, dass mein Unternehmen, die Greenwood Enterprises, einen Stock
erstklassiger Schafe erwirbt und den Züchtern dann leihweise zur
Verfügung stellt. Was die Vergütung angeht, werden wir uns
schon einig. Hauptsächlich wird es darauf hinauslaufen, dass Sie
die Tiere pflegen und nach einem Jahr gesund und munter weitergeben.
Ein Jahr, in dem ein Widder Ihre gesamte Herde Mutterschafe deckt
oderein reinrassiges Mutterschaf Ihnen zwei Lämmer bringt, die
den Grundstock für eine neue Herde bilden. Hätten Sie
Interesse an einer solchen Zusammenarbeit?«
Howard grinste. »Und auf Dauer sieht Warden alt aus, wenn um
ihn herum plötzlich alle Farmer Rasseschafe haben.« Er hob
das Glas, als wollte er George zuprosten.
George nickte ihm ernst zu. »Nun, Mr. Warden wird dadurch
sicher nicht verarmen. Aber Sie und ich hätten bessere
Geschäftschancen. Einverstanden?« Er hielt Helens Mann die
Hand hin.
Helen sah vom Fenster aus, wie Howard einschlug. Sie hatte
nichtmitbekommen, worum es ging, aber Howard hatte selten so
zufrieden ausgesehen. Und George hatte den alten, pfiffigen Ausdruck
im Gesicht und zwinkerte auch schon wieder in ihre Richtung. Gestern
hatte sie sich deswegen Vorwürfe gemacht, aber heute war sie
froh, dass sie ihn geküsst hatte.
George war sehr zufrieden mit sich, als er Kiward Station am
nächsten Tag verließ und zurück nach Christchurch
ritt. Nicht einmal das böse Gesicht dieses impertinenten
Stallknechts McKenzie verdarb ihm die Laune. Der Kerl hatte es heute
schlicht unterlassen, das Pferd für ihn zu satteln, nachdem es
gestern, als George mit Gwyneirazu Helens Farm aufbrach, fast zu
einem Eklat gekommen war. McKenzie hatte Gwyneiras Stute mit dem
Seitsattel versehen herausgeführt, nachdem Gwyn ihn aufgefordert
hatte, ihr die Stute für einen weiteren Ritt mit dem Besucher
vorzubereiten. Mrs. Warden hatte daraufhin irgendetwas Böses zu
ihm gesagt, und er hatte scharf geantwortet, wobei George nur das
Wort »ladylike«
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