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Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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von dem Klagen der Seehundmütter um ihn
herum. Die Männer waren nur hinter dem besonders weichen und
wertvollen Fell der Jungtiere her.Sie wanderten über die
Seehundbänke, auf denen die Robbenmütter ihre Kinder
großzogen, und töteten die Heuler vor den Augen ihrer
Mütter. Die Felsen der Tauranga Bay waren bereits rot von ihrem
Blut – und Lucas musste dagegen ankämpfen, sich zu
übergeben. Er konnte nicht begreifen, wie gefühllos die
Männer vorgingen. Das Leiden der Tiere schien sie nicht im
Mindesten zu interessieren; sie machten sogar noch Scherze darüber,
wie friedlich und wehrlos die Robben ihre Jäger erwarteten.
Lucas hatte sich der Gruppe vor drei Tagen angeschlossen, aber bisher
noch kein Tier getötet. Zunächst schien es den Männern
kaum aufzufallen, dass er nur beim Abhäuten half und die Felle
auf Wagen und Traggestelle verstaute.Aber jetzt verlangten sie
nachdrücklich, dass auch er sich am Schlachten beteiligte. Lucas
war hoffnungslos übel. Machte das einen Mann aus? Was war am
Töten wehrloser Tiere soviel ehrenhafter als am Malen und
Schreiben? Doch Lucas wollte sich das alles nicht mehr fragen. Er war
hier, um sich zu beweisen, entschlossen, genau die Arbeit zu tun, mit
der sein Vater die Grundlagen seines Reichtums gelegt hatte.
Ursprünglich hatte Lucas sogar auf einem Walfänger
angeheuert, war aber schmählich gescheitert. Lucas gab es nicht
gern zu, aber er war geflüchtet – und das, obwohl er den
Vertrag bereits unterzeichnet und der Mann, der ihn angeheuert hatte,
ihm durchaus gefallen hatte ...
    Lucas hatte Copper, einen großen, dunkelhaarigen Mann mit
dem kantigen, wettergegerbten Gesicht des typischen »Coasters«,
in einem Pub bei Greymouth kennen gelernt. Gleich nach seiner Flucht
aus Kiward Station, als er noch so von Wut und Hass auf Gerald
erfüllt war, dass er kaum klar denken konnte. Damals war er
überstürzt zur Westcoast aufgebrochen, diesem Eldorado für
»harte Männer«, die sich stolz »Coaster«
nannten und ihren Lebensunterhalt zunächst mit Wal- und
Seehundjagd, neuerdings auch mit der Suche nach Gold verdienten.
Lucas hatte es allen zeigen wollen – sein eigenes Geld
verdienen, sich als »richtiger Mann« beweisen, um dann
irgendwann ruhmreich heimzukehren, beladen mit... ja, was? Gold? Dann
hätte er sich eher mit Schaufel und Waschpfanne ausrüsten
und in die Berge reiten sollen, statt auf einem Walfänger
anzuheuern. Aber so weit hatte Lucaserst gar nicht gedacht. Er wollte
nur weg, weit weg, möglichst auf See – und er wollte
seinen Vater mit dessen eigenen Waffen schlagen. Dabei hatte er dann,
nach abenteuerlichem Ritt durch die Berge, Greymouth erreicht, eine
armselige Ansiedlung, die außer einem Ausschank und einem
Schiffsanlegeplatz nicht viel zu bieten hatte. Immerhin fand sich im
Pub ein trockenes Eckchen, auf dem Lucas sein Lager aufschlagen
konnte. Zum ersten Mal nach Tagen war er wieder unter einem Dach. Die
Decken waren noch klamm und schmutzig von den Ãœbernachtungen
unter freiem Himmel. Lucas hätte sich gern auch ein Bad gegönnt,
aber darauf war man in Greymouth nicht eingerichtet. Lucas wunderte
das nicht sehr. »Richtige Männer« schienen sich
selten zu waschen. Statt Wasser flossen reichlich Bier und Whiskey,
und nach einigen Gläsern hatte Lucas Copper von seinen Plänen
erzählt. Er fasste Mut, als der Coaster nicht gleich abwinkte.
    Â»Siehst ja nicht aus wie ein Walfänger!«,
bemerkte er mit einem langen Blick in Lucas’ schmales Gesicht
und seine sanften grauen Augen. »Aber auch nicht wie ’n
Schwächling ...« Der Mann griff nach Lucas’ Oberarm
und befühlte die Muskeln. »Also warum nicht. Wie man ’ne
Harpune handhabt, haben auch schon andere gelernt.« Er lachte.
Dann aber wurde sein Blick prüfend. »Aber schaffst du’s
auch, drei oder vier Jahre allein zu sein? Wirst du die hübschen
Mädchen in den Häfen nicht vermissen?«
    Lucas hatte schon gehört, dass man sich heutzutage für
zwei bis vier Jahre verpflichten musste, wenn man auf einem Walfänger
anheuerte. Die goldenen Jahre des Walfangs, als man gleich vor der
Küste der Südinsel mit Leichtigkeit auf Pottwale stieß
– die Maoris jagten die Tiere sogar von ihren Kanus aus –,
waren vorbei. Heute waren die Wale unmittelbar vor der Küste
fast

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