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Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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hatte Poker und Black Jack bislang
stets als unfein abgelehnt, aber immerhin kannte er die Regeln und
fiel deshalb nicht auf. Leider hatte er das Talent seines Vaters
nicht geerbt. Lucas gelangen kein Bluff und kein Pokerface. Man sah
ihm an, was er dachte, und das war für Männer und Spiel
nicht schmeichelhaft. Binnen kürzester Zeit hatte er das wenige
Geld verspielt, das er aus Kiward Station mitgebracht hatte, und
musste sich die Verluste stunden lassen. Sicher hätte es erneut
Schwierigkeiten gegeben, hätte Copper nicht seine Hand über
ihn gehalten. Der ältere Mann hofierte ihn so deutlich, dass
Lucas sich schon Gedanken darüber machte. Es war nicht
unangenehm, aber es musste irgendwann auffallen! Lucas dachte noch
mit Grausen an die Anspielungen der Viehtreiber auf Kiward Station,
wenn er lieber mit dem jungen Dave zusammen war als mit den
erfahrenen Männern. Die Bemerkungen der Jäger auf der
Pretty Peg hielten sich jedoch in Grenzen.Auch unter anderen Männern
auf den Fangschiffen gab es enge Freundschaften, und manchmal bei
Nacht drangen Geräusche aus den Kojen, die Lucas die Schamröte
ins Gesicht trieben – und doch Lust und Neid in ihm weckten.
War es das, wovon er auf Kiward Station geträumt und woran er
gedacht hatte, wenn er versuchte, Gwyneira zu lieben? Lucas wusste,
dass es zumindest damit zu tun hatte, doch irgendetwas in ihm wehrte
sich dagegen, in dieser Umgebung an Liebe zu denken. Es hatte nichts
Reizvolles, stinkende und ungewaschene Körper zu umarmen, egal,
ob sie männlich oder weiblich waren. Und mit dem einzigen, ihm
aus der Literatur bekannten Vorbild für seine geheimen Gelüste,
dem griechischen Ideal des Mentors, der sich eines wohlgewachsenen
Knaben annahm, um ihn nicht nur mit Liebe zu beschenken, sondern auch
an seiner Weisheit und Lebenserfahrung teilhaben zu lassen,hatte das
wohl auch nicht viel zu tun.
    Wenn Lucas ehrlich sein sollte, hasste er jede Minute seines
Aufenthalts auf der Pretty Peg. Vier Jahre an Bord zu verbringen
erschien ihm unvorstellbar, doch es gab keine Möglichkeit,
seinen Vertrag zu lösen. Und monatelang würde das Schiff
nirgendwo anlegen. Jeder Gedanke an Flucht war vergebens. Lucas
hoffte deshalb nur noch, sich irgendwann an die Enge, die raue See
und den Gestank zu gewöhnen. Letzteres erwies sich als das
Einfachste. Schon nach wenigen Tagen fühlte er sich weniger
abgestoßen von Copper und den anderen – vermutlich
deshalb, weil ihn selbst inzwischen der gleiche Geruch umgab.Auch die
Seekrankheit ließ langsam nach; es gab Tage, in denen Lucas
sich höchstens einmal übergeben musste.
    Aber dann kam es zur ersten Jagd, und damit veränderte sich
alles.
    Im Grunde war es ein ungewöhnlicher Glücksfall für
den Skipper, dass der Steuermann der Pretty Peg schon zwei Wochen
nach dem Auslaufen einen Pottwal sichtete. Sein begeisterter Ruf
weckte die Mannschaft, die früh am Morgen noch in ihren Kojen
gelegen hatte. Die Nachricht ließ die Männer jedoch sofort
aufspringen und in Windeseile an Deck stürmen. Sie waren
aufgeregt und voller Jagdeifer, was kein Wunder war. Bei Erfolg
winkten den Fängern Prämien, die ihre karge Heuer
aufbesserten.Als Lucas an Deck kam, erblickte er zunächst den
Skipper, der mit gerunzelter Stirn zu dem Wal hinüberblickte,
der tatsächlich noch in Sichtweite der neuseeländischen
Küste sein Spiel mit den Wellen trieb.
    Â»Prachtvolles Exemplar!«, freute sich Milford.
»Riesig! Ich hoffe, wir schaffen ihn!Aber wenn, füllen wir
heute schon die Hälfte der Fässer! Das Vieh ist fett wie
ein Schwein vor dem Schlachten!«
    Die Männer lachten grölend, während Lucas das
majestätische Tier, das sich ihnen hier ganz furchtlos
präsentierte, noch gar nicht als Jagdbeute betrachten konnte.
Für Lucas war es die erste Begegnung mit einem der riesigen
Meeressäuger. Der gewaltige Pottwal, fast so groß wie die
ganze Pretty Peg, glitt elegant durch die Fluten, schien mitunter vor
Lebensfreude zu springen und sich dabei in der Luft zu drehen und zu
winden wie ein übermütig bockendes Pferd. Wie sollten sie
dieses riesige Tier erlegen? Und warum hatten sie überhaupt
Interesse daran, diese Schönheit zu zerstören? Lucas konnte
sich an der Anmut und Leichtigkeit, die der Wal trotz seiner
gewaltigen Masse zeigte, kaum satt sehen.
    Die anderen Männer hatten dafür allerdings keinen

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