Im Land der weissen Rose
das Bett mit einem Mann zu teilen? Dass
Bilder von Männern vor ihm aufgestiegen waren, wenn er sich
selbst befriedigte und – Gott steh ihm bei – seiner
Ehefrau beilag?
Aber das hier ... Lucas hatte die Schriften der Griechen und Römer
gelesen. Damals war der männliche Körper das
Schönheitsideal schlechthin gewesen; die Liebe zwischen Männern
und Jünglingen galt nicht als anstößig, solange man
die Knaben nicht dazu zwang. Lucas hatte die Bilder der Statuen
bewundert, die man damals von männlichen Körpern
anfertigte. Wie schön sie gewesen waren! Wie glatt, wie sauber
und einladend ... Lucas selbst hatte vor dem Spiegel gestanden und
sich damit verglichen, hatte die Posen eingenommen, welche die
Jünglinge zeigten, hatte sich in die Arme eines liebenden
Mentors geträumt. Nur hatte der nicht ausgesehen wie dieser
gewiss freundliche und gutmütige, aber doch massige und
stinkende Walfänger. Es gab keine Möglichkeit, sich heute
auf der Pretty Peg zu reinigen. Die Männer würden
verschwitzt, verdreckt, besudelt mit Blut und Schleim zwischen die
Decken schlüpfen... Lucas entzog sich Coppers forderndem Blick.
»Ich weiß nicht ... Es war ein langer Tag ... ich bin
müde ...«
Copper nickte. »Geh ruhig in die Koje, Junge. Ruh dich aus.
Vielleicht könnte ich dich später ... nun, ich könnte
dir etwas zu essen bringen. Kann gut sein, dass sich sogar ein
Whiskey findet ...«
Lucas schluckte. »Ein anderes Mal, Copper. Vielleicht in
Westport.Du ... ich ... Versteh mich richtig,aber ich brauche ein
Bad.«
Copper lachte dröhnend. »Mein kleiner Gentleman!Also
gut, ich werde in Westport persönlich dafür sorgen, dass
die Mädels dir ein Bad bereiten – oder noch besser uns
beiden! Ich könnte auch eins gebrauchen! Würde dir das
gefallen?«
Lucas nickte. Hauptsache, der Mann ließ ihn heute erst mal
in Ruhe. Voller Hass und Ekel auf sich selbst und die Männer,
mit denen er sich hier gemein gemacht hatte, verzog er sich in sein
flohverseuchtes Bett. Vielleicht ließen sich ja wenigstens die
Flöhe von dem Gestank nach Tran und Schweiß abschrecken!
Eine Hoffnung, die sich rasch als trügerisch erwies. Im
Gegenteil, das schien die Biester eher anzulocken. Lucas zerdrückte
Dutzende an seinem Körper und fühlte sich dabei noch
besudelter. Doch während er wach lag, auf das Lachen und Rufen
an Deck horchte – der Skipper hatte offenbar tatsächlich
Whiskey ausgeschenkt – und schließlich die trunkenen
Gesänge der Männer vernahm, reifte ein Plan in ihm. Er
würde die Pretty Peg in Westport verlassen. Egal ob er damit
vertragsbrüchig würde oder nicht. Das alles war nicht zu
ertragen!
Die Flucht war dann eigentlich ganz leicht gewesen. Das einzige
Problem bestand daran, dass er all seine Sachen auf dem Schiff
zurücklassen musste. Es hätte Verdacht erweckt, wenn er
seinen Schlafsack und seine wenigen Kleidungsstücke mit auf den
kurzen Landgang genommen hätte, den der Skipper seinen Männern
gestattete. Immerhin nahm er ein wenig Kleidung zum Wechseln mit –
schließlich hatte Copper ihm ein Bad versprochen, damit ließ
sich das erklären. Copper lachte natürlich darüber,
aber Lucas war das egal. Er suchte nur nach einer Gelegenheit, sich
abzusetzen. Die ergab sich schnell, als Copper mit einem hübschen
rothaarigen Mädchen darüber verhandelte, ob sich wohl
irgendwo ein Badekessel fände. Die anderen Männer im Pub
achteten nicht auf Lucas; sie hatten nur ihren Whiskey im Kopf oder
starrten auf die ausladenden Kurven des Mädchens. Lucas hatte
noch nichts bestellt und machte sich deshalb auch nicht der
Zechprellung schuldig, als er sich jetzt aus dem Lokal stahl und
zunächst in den Ställen versteckte. Wie sich herausstellte,
gab es einen Hinterausgang. Lucas nahm ihn, schlich über den Hof
einer Schmiede, vorbei am Lager eines Sargmachers und an einigen noch
unfertigen Häusern. Westport war ein Kaff, da hatte Copper schon
Recht gehabt, doch es war im Aufbau.
Der Ort lag am Ufer eines Flusses, dem Buller River. Hier, gleich
an der Mündung ins Meer, war der Fluss breit und ruhig. Lucas
erkannte Sandstrände, unterbrochen von felsigem Ufer. Vor allem
aber begann gleich hinter Westport der Farnwald, eine sattgrüne
Wildnis, die völlig unerforscht aussah und es vermutlich auch
war. Lucas schaute sich um,
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