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Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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nie
gedacht, dass man Anteile daraus aus den stinkenden Eingeweiden eines
grausam getöteten Tieres gewann.
    Inzwischen wurde Feuer unter riesigen Kesseln entzündet, und
der Geruch auskochenden Walspecks erfüllte das Schiff. Die Luft
schien geschwängert mit Fett, das sich in den Atemwegen
festzusetzen schien. Lucas beugte sich über die Reling, konnte
dem Gestank nach Fisch und Blut aber nicht entkommen. Er hätte
sich am liebsten übergeben, doch sein Magen war längst
völlig leer. Vorhin war er durstig gewesen, aber inzwischen
konnte er sich nicht mehr vorstellen, dass irgendetwas anders
schmecken würde als nach Tran. Verschwommen erinnerte er sich,
dass man ihm das Zeug als Kind eingeflößt hatte und wie
grässlich er es gefunden hatte. Und jetzt steckte er mitten in
einem Albtraum aus gewaltigen Speck-und Fleischteilen, die man in
stinkende Kessel warf, um dann den fertigen Tran in Fässer zu
entleeren. Der Schiemann – zuständig für das Füllen
und Stapeln der Fässer – rief ihn an, ihm beim Schließen
der Behältnisse zu helfen. Lucastat es, wobei er
versuchte,zumindest nicht in die Kessel zu sehen, in denen die Teile
des Wals siedeten.
    Die anderen Männer schienen keine Abscheu zu empfinden. Im
Gegenteil, der Geruch schien ihren Appetit anzuregen; sie freuten
sich offensichtlich auf eine frische Fleischmahlzeit. Zum Bedauern
der Männer konnte man das Fleisch des Wals nicht aufheben –
es faulte zu schnell –, und so überließ man den
größten Teil des Körpers nach demAbspecken dem Meer.
Für zwei Tage schnitt der Koch jedoch Muskelfleisch aus dem Wal
und verhieß den Männern ein Festessen. Lucas wusste genau,
dass er keinen Bissen davon anrühren würde.
    Endlich war es so weit vorbei, dass die Ãœberreste des Wals
vom Schiff gelöst wurden. Das Tier war nun weitgehend
ausgeweidet. Nach wie vor lag das Deck voller Speckteile, und man
watete in Schleim und Blut. Das Trankochen würde noch
stundenlang weitergehen, und bis das Deck gesäubert wäre,
konnten Tage verstreichen. Lucas bezweifelte, ob das überhaupt
möglich war – ganz sicher nicht mit den einfachen Besen
und Wassereimern, die man gewöhnlich zum Scheuern des Decks
benutzte. Vermutlich würde erst der nächste heftige Sturm,
der das Deck überschwemmte, alle Spuren des Schlachtens tilgen.
Lucas wünschte sich einen solchen Sturm beinahe herbei. Je mehr
Zeit er fand, die Ereignisse dieses Tages gedanklich zu
verarbeiten,desto mehr geriet er in Panik.An die Lebensumstände
während der Reise, an die Enge und die ungewaschenen Körper
könnte er sich vielleicht irgendwann gewöhnen.Aber sicher
nicht an Tage wie diese! Nicht an dieses Töten und Ausweiden
eines gewaltigen, aber offensichtlich friedfertigen Tieres. Lucas
hatte keine Ahnung, wie er die nächsten drei Jahre überstehen
sollte.
    Aber dann kam ihm der Umstand zu Hilfe, dass der erste Wal der
Pretty Peg so schnell ins »Netz« gegangen war. Skipper
Milford beschloss, in Westport anzulegen und die Beute abzuliefern,
bevor er erneut auslief. Das kostete die Mannschaft schließlich
nur wenige Tage, sicherte aber einen guten Preis für frischen
Tran und leerte die Fässer für die weitere Fahrt. Die
Männer frohlockten. Ralphie, ein kleiner blonder Mann
schwedischer Abkunft, schwärmte schon von den Frauen in
Westport.
    Â»Ist noch ’n kleines Kaff, aber im Aufbau. Bislang nur
Whaler und Seehundjäger, aber jetzt sind auch ein paar
Goldsucher unterwegs. Sollen sogar richtige Bergleute da sein –
irgendwer sagte was von Kohlevorkommen. Jedenfalls gibt’s einen
Pub und ein paar willfährige Mädels! Ich hatte da mal eine
Rothaarige, da war die Heuer gut angelegt, sag ich euch!«
    Copper trat von hinten an Lucas heran, der erschöpft und
angewidert an der Reling lehnte.
    Â»Denkst du auch schon an das nächste Bordell? Oder
könntest du dir vorstellen, die erfolgreiche Jagd gleich hier zu
feiern?« Copper hatte Lucas die Hand auf die Schulter gelegt
und ließ sie jetzt langsam, fast streichelnd seinen Arm
herunterwandern. Lucas konnte die Aufforderung kaum überhören,
die inCoppers Worten mitschwang – doch er war unschlüssig.
Sicher schuldete er Copper etwas; der ältere Mann war nett zu
ihm gewesen. Und war es nicht auch so, dass er sein Leben lang immer
wieder daran gedacht hatte,

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