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Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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zu übernehmen. So bin ich mit der Führung
eines großen Haushalts durchaus vertraut. Ich habe meine
Geschwister aufgezogen und bin heute in einem Londoner Herrenhaus als
Erzieherin in Stellung. Das alles beschäftigt mich viele Stunden
am Tag, aber des Nachts spüre ich doch die Leere in meinem
Herzen. Ich lebe in einem geschäftigen Haushalt, einer lauten
und bevölkerten Stadt, fühlte mich trotz allem aber zur
Einsamkeit verdammt, bis mich Ihr Ruf nach Ãœbersee ereilte. Noch
bin ich mir unsicher, ob ich es wagen soll, ihm zu folgen. Noch
möchte ich mehr wissen über das Land und Ihre Farm, vor
allem aber über Sie, Howard O’Keefe! Ich wäre
glücklich, wenn wir unsere Korrespondenz fortführen
könnten. Wenn auch Sie das Gefühl hätten, in mir eine
verwandte Seele erkannt zu haben. Wenn auch Sie beim Lesen meiner
Zeilen einen Anflug jener Wärme und Geborgenheit spürten,
die ich spenden möchte – einem liebenden Gatten und, so
Gott will, einer Schar prächtiger Kinder in Ihrem jungen neuen
Land!
    Vorerst verbleibe ich voller Zuversicht Ihre Helen Davenport
    Â 
    Helen hatte ihren Brief gleich am nächsten Morgen zur Post
gegeben, und wider allen besseren Wissens klopfte ihr Herz schon Tage
danach schneller, wann immer sie den Postboten vor dem Haus sah. Sie
konnte es dann kaum erwarten, den morgendlichen Unterricht zu beenden
und in den Salon zu eilen, wo die Hausdame jeden Morgen die Post für
die Familie und auch für Helen auslegte.
    Â»Sie brauchen sich nicht so abzuhetzen, er kann noch nicht
geschrieben haben«, bemerkte George eines Morgens, drei Wochen
später, als Helen wieder einmal mit rotem Gesichtund fahrigen
Bewegungen die Bücher zuschlug, kaum dass sie den Briefträger
durch das Fenster des Studierzimmers erspähte. »Ein Schiff
nach Neuseeland ist bis zu drei Monaten unterwegs. Das bedeutet für
den Postverkehr: drei Monate hin, drei Monate zurück. Falls der
Empfänger sofort antwortet und das Schiff direkt zurück
segelt. Sie sehen, es kann ein halbes Jahr dauern, bis Sie von ihm
hören.«
    Sechs Monate? Helen hätte es selbst ausrechnen können;
jetzt aber war sie doch erschrocken. Wie lange würde es
angesichts dieser Zeitspannen dauern, bis sie mit Mr. O’Keefe
zu irgendeiner Einigung gelangte? Und woher wusste George...?
    Â»Wie kommst du auf Neuseeland, George? Und wer ist ›er‹?«,
erkundigte sie sich streng. »Manchmal bist du impertinent! Ich
werde dir eine Strafarbeit geben, die dich ausreichend beschäftigt.«
    George lachte spitzbübisch. »Vielleicht lese ich ja
Ihre Gedanken!«, meinte er frech. »Zumindest bemühe
ich mich darum.Aber manches bleibt mir doch verborgen. Oh, ich wüsste
zu gern, wer ›er‹ ist! Ein Offizier Ihrer Majestät
in der Division von Wellington? Oder ein Schaf-Baron auf der
Südinsel? Am besten wäre ein Kaufmann in Christchurch oder
Dunedin. Dann könnte mein Vater Sie im Auge behalten, und ich
würde immer wissen, wie es Ihnen geht.Aber ich sollte natürlich
nicht neugierig sein, schon gar nicht bei so romantischen Dingen.Also
geben Sie mir schon die Strafarbeit. Ich werde sie in Demut angehen
und obendrein die Peitsche schwingen, damit auch William
weiterschreibt. Dann haben Sie Zeit, hinauszugehen und nach der Post
zu schauen.«
    Helen war knallrot geworden. Aber sie musste ruhig bleiben.
    Â»Deine Fantasie ist überreizt«, bemerkte sie.
»Ich erwarte bloß einen Brief aus Liverpool. Eine Tante
ist erkrankt ...«
    George grinste. Ȇbermitteln Sie ihr meine besten
Genesungswünsche«, sagte er steif.
    Tatsächlich ließ O’Keefes Antwort auch fast drei
Monate nach dem Treffen mit Lady Brennan auf sich warten, und Helen
war schon nahe daran, die Hoffnung aufzugeben. Stattdessen erreichte
sie eine Nachricht von Reverend Thorne. Er bat Helen an ihrem
nächsten freien Nachmittag zum Tee. Er habe, so ließ er
ihr übermitteln, wichtige Dinge mit ihr zu besprechen.
    Helen ahnte nichts Gutes. Wahrscheinlich ging es um John oder
Simon. Wer wusste, was die wieder angestellt hatten! Womöglich
war die Geduld ihres Dekans nun wirklich am Ende. Helen fragte sich,
was aus ihren Brüdern werden sollte, falls man sie tatsächlich
der Universität verwies. Beide hatten niemals körperlich
gearbeitet. Es kam also nur eine Anstellung als Büroangestellter
in Frage,

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