Im Land der weissen Rose
Sie zwinkerte.
Fleurette überlegte hastig. Sicher wares nicht gut, ihren
richtigen Namen zu nennen. »Fleurette«, antwortete sie
schließlich. »Fleur McKenzie.«
»Verwandt oder verschwägert mit einem gewissen James?«,
fragte Daphne. »Der soll auch so einen Hund haben.«
Fleur wurde schon wieder rot. Ȁh ... nicht dass ich
wüsste ...«, stammelte sie.
»Sie haben ihn übrigens gefangen, den armen Kerl. Und
dieser Sideblossom von Lionel Station will ihn hängen«,
erklärte Daphne, erinnerte sich dann aber an ihre Vorstellung.
»Du hast es gehört, Mary – Fleur McKenzie. Sie hat
eins unserer Zimmer gemietet.«
»Die ... die ganze Nacht?«, erkundigte sich auch Mary.
Daphne seufzte. »Die ganze Nacht, Mary, wir werden ehrbar.
So, hier ist Zimmer eins. Komm rein, Mädchen!«
Sie schloss das Zimmer auf, und Fleurette betrat einen erstaunlich
wohnlich eingerichteten kleinen Raum. Die Möbel waren schlicht,
aus einheimischen Hölzern grob gezimmert, das Bett breit und
blitzsauber bezogen. Ãœberhaupt strahlte das ganze Etablissement
nur so vor Sauberkeit und Ordnung. Fleur beschloss, an nichts anderes
mehr zu denken.
»Es ist schön!«, sagte sie und meinte es ehrlich.
»Vielen Dank, Miss Daphne. Oder Missis?«
Daphne schüttelte den Kopf. »Miss. In meinem Gewerbe
verehelicht man sich eher selten. Wobei nach all meinen Erfahrungen
mit Männern – und das sind viele, Kind – hab ich
nichts Nennenswertes verpasst. So, dann lasse ich dich mal allein,
damit du dich frisch machst. Mary oder Laurie bringen dir gleich
Wasser zum Waschen.« Sie wollte die Tür schließen,
doch Fleurette hielt sie auf.
»Ja ... nein ... ich muss mich erst um mein Pferd kümmern.
Wo sagten Sie, ist der Mietstall? Und wo kann ich vielleicht noch
etwas über... meinen Verlobten erfahren?«
»Der Mietstall ist um die Ecke«, gab Daphne Auskunft.
»Da kannstdu dich erkundigen, aber ich glaube kaum, dass der
alte Ron was weiß. Der ist sowieso nicht der Hellste, merkt
sich garantiert nie einen Kunden, höchstens sein Pferd.
Vielleicht weiß Ethan Bescheid, der Posthalter. Betreibt
gleichzeitig den Laden und das Telegrafenamt. Du kannst es gar nicht
verfehlen, hier schräg gegenüber.Aber beeil dich, Ethan
macht gleich zu. Der ist immer der Erste im Pub.«
Fleurette bedankte sich nochmals und folgte Daphne die Treppe
hinunter. Ihr war ebenfalls daran gelegen, schnell fertig zu werden.
Wenn erst der Betrieb im Pub begann, verschanzte sie sich besser in
ihrem Zimmer.
Der Laden war tatsächlich leicht zu finden. Ethan, ein
dürrer, glatzköpfiger Mann mittleren Alters, räumte
gerade die Auslagen ein, um zu schließen.
»Die Goldgräber kenn ich eigentlich alle«,
antwortete er auf Fleurettes einleitende Frage. »Ich nehm ja
die Post für sie an. Und da steht meistens nur so was drauf wie
›John Smith, Queenstown‹. Das holen sie sich dann hier
ab, wobei sich bei den John Smiths schon mal zwei Burschen drum
prügeln ...«
»Mein Freund heißt Ruben. Ruben O’Keefe«,
erklärte Fleurette eifrig, obwohl ihr Verstand ihr schon sagte,
dass sie hier kaum weiterkäme. Wenn es stimmte, was Ethan sagte,
mussten ihre Briefe hier gelandet sein. Und offensichtlich hatte
niemand sie abgeholt.
Der Posthalter dachte nach. »Nein, Miss, tut mir Leid. Ich
kenne den Namen – für den kommen alle naselang Briefe an.
Hab ich alle hier liegen.Aber der Mann selbst ...«
»Vielleicht hat er ja einen anderen Namen genannt!«,
fiel Fleurette zu ihrer Erleichterung ein. »Wie ist es mit
Davenport? Ruben Davenport?«
»Davenports hab ich drei«, meinte Ethan gelassen.
»Aber keinen Ruben.«
Bitter enttäuscht wollte Fleur schon hinausgehen, beschloss
dann aber, noch einen letzten Versuch zu machen. »Vielleichterinnern
Sie sich ja daran, wie er aussieht. Ein großer, schlanker Mann
... na ja, eher ein Junge, er ist achtzehn. Und er hat graue Augen,
so ein bisschen wie der Himmel vor dem Regen. Und dunkelbraunes
Haar,wuschelig, mit einem Stich Kastanienrot ... Er kriegt es nie
ordentlich gekämmt.« Sie lächelte verträumt,
während sie ihn beschrieb, doch die Miene des Posthalters ließ
sie sofort wieder nüchtern werden.
»Kenne ich nicht. Was ist mit dir, Ron? Irgend ’ne
Idee?« Ethan wandte sich an einen kleinen
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