Im Land der weissen Rose
dankbar und lächelte in sich hinein.
Offensichtlich war sie bereits Stadtgespräch in Queenstown. Und
die Gemeinde schien nicht sehr optimistisch, was ihre
Liebesangelegenheiten anging. Fleurette selbst war umso glücklicher,
als sie jetzt zunächst nach Süden am See entlangritt, und
dann den breiten Fluss hinauf nach Westen. Größere
Goldgräberlager passierte sie dabei nicht. Die lagen auf dem
Gelände alter Schaffarmen, meist näher an Queenstown als
Rubens Claim. Die Männer hatten dort Barackensiedlungen erbaut,
doch in Marys Augen handelte es sich eher um eineArt Neuauflage von
Sodom und Gomorrha. Die junge Frau hatte das sehr plastisch
ausgeführt; anscheinend kannte sie ihre Bibel. Fleur war
jedenfalls froh, Ruben nicht in dieser Horde rauer Gesellen suchen zu
müssen. Sie lenkte Niniane am Flussufer entlang und freute sich
an der klaren und ziemlich kalten Luft. Inden Canterbury Plains war
es jetzt, im Spätsommer, noch warm, aberdiese Gegend lag höher,
und die Bäume am Weg vermittelten bereits einen Vorgeschmack des
herbstlichen Farbenspiels, das hier zu erwarten war. In wenigen
Wochen würden die Lupinen blühen.
Fleur fand es allerdings sonderbar, dass die Gegend so
menschenleer war. Wenn man hier Claims abstecken konnte, hätte
es doch eigentlich vor Goldsuchern wimmeln müssen!
Ethan, der Posthalter, führte genaue Aufzeichnungen über
die Lage der einzelnen Claims und hatte ihr Rubens und
StuesSchürfgebiet genau beschrieben. Es wäre aber auch so
nicht schwer zu finden gewesen. Die Männer lagerten am Fluss,
und sowohl Gracie als auch Niniane wurden ihrer eher gewahr als
Fleur. Niniane spitzte die Ohren und stieß dann ein
ohrenbetäubendes Wiehern aus – das gleich darauf erwidert
wurde.Auch Gracie witterte und sauste los, um Ruben zu begrüßen.
Fleur sah zuerst Minette. Die Stute stand etwas abseits vom
Flussufer angebunden neben einem Maultier und schaute aufgeregt zuihr
hinüber. Näher am Fluss erkannte Fleur eine Feuerstelle
sowie ein primitives Zelt.Zu nah am Fluss, schoss es ihr durch den
Kopf. Wenn der Shotover plötzlich anschwoll – und das kam
bei Flüssen, die aus dem Gebirge gespeist wurden, häufig
vor –, würde er das Lager davon reißen.
»Minnie!« Fleurette rief ihre Stute an, und Minette
antwortete mit tiefem, glücklichem Brummen. Niniane strebte auf
sie zu. Fleur ließ sich aus dem Sattel gleiten, um ihr Pferd
zuumarmen.Aber wo war Ruben? Aus dem lichten Wald, der gleich hinter
dem Lager begann, hörte sie das Geräusch von Sägen und
Hammerschläge – die dann aber plötzlich verstummten.
Fleurette lächelte. Gracie musste Ruben entdeckt haben.
Tatsächlich kam der Junge gleich darauf im Laufschritt aus
dem Wald. Fleurette schien das Ganze wie ein Wirklichkeit gewordener
Traum. Ruben war da, sie hatte ihn gefunden! Und auf den ersten Blick
sah er gut aus. Sein schmales Gesicht war braun gebrannt, und seine
Augen leuchteten wie immer, wenn er sie sah. Doch als er sie in die
Arme schloss, spürte sie seine Rippen; er war erschreckend
mager. Dazu waren seine Züge von Müdigkeit und Erschöpfung
geprägt, seine Hände rau und voller Wunden und
Abschürfungen. Ruben war nach wie vor kein begnadeter
Handarbeiter.
»Fleur, Fleur! Wie kommst du hierher? Wie hast du mich
gefunden? Hast du die Geduld verloren und bist weggelaufen? Du bist
schrecklich, Fleurette!« Er lachte sie an.
»Ich dachte, ich nehme das Reichwerden selbst in die Hand«,
bemerkte Fleurette und zog den Beutel ihres Vaters aus der Tasche
ihres Reitkleides. »Schau, du brauchst kein Gold mehr zu
finden.Aber deshalb bin ich nicht weggelaufen. Ich musste ... ich
...«
Ruben achtete gar nicht auf den Beutel, sondern nahm ihre Hand.
»Erzähl mir das später. Erstzeige ich dir das Lager.
Es ist ein wunderschöner Platz hier, viel besser als diese
fürchterliche alte Schaffarm, auf der wir zunächst gehaust
haben. Komm, Fleur ...«
Er zog sie mit sich Richtung Wald, doch Fleur schüttelte den
Kopf.
»Erst das Pferd anbinden, Ruben! Wie hast du es eigentlich
geschafft, Minette in all den Monaten nicht zu verlieren?«
Ruben grinste. »Sie hat aufgepasst, mich nicht zu verlieren.
Das war doch ihr Auftrag, Fleur, gib’s zu! Du hast ihr gesagt,
sie soll auf mich aufpassen!« Er streichelte Gracie, die
winselnd an ihm
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