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Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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verlegen, wenn er eines Tages die Häuptlingswürde
trug, um Paul nicht mehr sehen zu müssen.
    Gwyneirasuchte ihren Sohn auf und hielt ihm dies alles vor, doch
Paul zuckte nur die Schultern. »Dann stelle ich eben Neusiedler
als Arbeiter ein. Die sind eh einfacher zu führen! Und Tonga
wird sich sowieso nicht trauen, von hier zu verschwinden. Die Maoris
brauchen das Geld, das sie hier verdienen, und das Land, auf dem sie
wohnen. Wer lässt sie denn sonst bei sich siedeln? Das Land
gehört doch jetzt alles den weißen Viehzüchtern. Und
die brauchen keine Unruhestifter!«
    Verärgert musste Gwyn sich eingestehen, dass Paul Recht
hatte. Tongas Stamm würde nirgendwo willkommen sein. Doch der
Gedanke beruhigte sie nicht, sondern machte ihr eher Angst. Tonga war
ein Heißsporn. Niemand konnte sagen, was geschah, wenn ihm das
alles klar wurde, was Paul eben angeführt hatte.
    Und nun kam auch noch das kleine Mädchen in den Stall, in dem
Gwyn gerade ihr Pferd sattelte. Noch eine offenbar eingeschüchterte
Maori. Hoffentlich nicht mit weiteren Beschwerden über Paul.
    Doch das Mädchen gehörte nicht zu dem Stamm nebenan.
Stattdessen erkannte Gwyn eine von Helens kleinen Schülerinnen.
Sie näherte sich scheu und knickste vor Gwyn wie ein braves
englisches Schulkind.
    Â»Miss Gwyn, Miss Helen schickt mich. Ich soll Ihnen sagen,
auf der O’Keefe Farm warte jemand auf Sie. Und Sie sollen
schnell kommen, vor der Dunkelheit, bevor Mr. Howard heimkehrt –
falls er heute Abend nicht in den Pub geht.« Das Kind sprach
ein hervorragendes Englisch.
    Â»Wer kann denn da auf mich warten, Mara?«, fragte
Gwyneira verblüfft. »Es weiß doch jeder, wo ich
wohne ...«
    Die Kleine nickte ernst. »Es ist ein Geheimnis!«,
erklärte sie wichtig. »Und ich darf es auch niemandem
sagen, nur Ihnen!«
    Gwyneiras Herz klopfte heftig. »Fleurette? Ist es meine
Tochter? Ist Fleur zurückgekehrt?« Sie konnte es kaum
glauben, hoffte sie doch, dass ihre Tochter längst mit Ruben
vereint irgendwo in Otago lebte.
    Mara schüttelte den Kopf. »Nein, Miss, es ist ein Mann
... äh, ein Gentleman. Und ich soll Ihnen sagen, Sie möchten
sich bitte beeilen.« Bei den letzten Worten knickste sie
wieder.
    Gwyneira nickte. »Gut, Kind. Hol dir rasch ein wenig
Zuckerzeug aus der Küche. Moana hat vorhin Kekse gebacken. Ich
spanne in der Zeit die Chaise an. Dann kannst du mit mir zusammen
heimfahren.«
    Das Mädchen schüttelte den Kopf. »Ich kann gut
laufen, Miss Gwyn. Nehmen Sie lieber Ihr Pferd. Miss Helen sagt, es
ist sehr, sehr eilig!«
    Gwyneira verstand nun wirklich nichts mehr, fuhr aber gehorsam mit
dem Satteln fort. Also keine Inspektion der Scherschuppen heute,
sondern ein Besuch bei Helen. Wer konnte der mysteriöse Besucher
sein? Sie zäumte Raven, eine Tochter der Stute Morgaine, im
Eiltempo auf, wobei dieses Eiltempo der Stute lag. Raven setzte sich
gleich eifrig in Trab, als Gwyneira die Gebäude von Kiward
Station hinter sich ließ. Inzwischen war der Schleichweg
zwischen den Farmen so gut ausgetreten, dass Gwyn ihr Pferd kaum noch
am Zügel halten musste, um ihm über schwierige Wegstrecken
hinwegzuhelfen. Den Bach übersprang Raven mit einem mächtigen
Satz. Gwyneira dachte mit triumphierendem Lächeln an die letzte
Jagd, die Reginald Beasley veranstaltet hatte. Der Farmer war
inzwischen wieder verheiratet, mit einer Witwe aus Christchurch, die
vomAlterher zu ihm passte. Sie führte den Haushalt vorzüglich
und pflegte den Rosengarten mit nie endender Sorgfalt. Sehr
leidenschaftlich wirkte sie allerdings nicht – Beasley suchte
sein Vergnügen deshalb nach wie vor in der Rennpferdezucht. Umso
mehr wurmte es ihn, dass Gwyneira und Raven bisher jede Schleppjagd
gewonnen hatten. Für die Zukunft plante er den Bau einer
Rennbahn. Dann würden ihre Cobs seine Vollblüter nicht mehr
abhängen!
    Kurz vor Helens Farm musste Gwyn ihr Pferd allerdings zügeln,
um nicht die Kinder niederzureiten, die aus der Schule kamen.
    Tonga und ein oder zwei weitere Maoris aus der Siedlung am See
grüßten eher mürrisch. Nur Marama lächelte
freundlich wie immer.
    Â»Wir lesen ein neues Buch, Miss Gwyn!«, erklärte
sie vergnügt. »Eins für Erwachsene! Von Mr.
Bulwer-Lytton. Der ist ganz berühmt in England! In dem Buch
geht’s um ein Lager von den Römern, die sind ein ganz
alter

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