Im Land der weissen Rose
zurückzukommen, und ich
habe meine Versprechen noch immer gehalten. Also warte auf mich,
verlier die Hoffnung nicht. Ich komme wieder, sobald es mir eben
sicher erscheint. Wenn du am wenigsten mit mir rechnest, werde ich da
sein! Solange hast du Friday, sie wird dich an mich erinnern. Glück
und Segen für dich, meine Lady, und versichere auch Fleur meiner
Liebe, wenn du von ihr hörst.
Ich liebe dich
James
Gwyneira drückte den Brief an sich und starrte weiter auf das
Schiff, das langsam in der Weite der Tasmanischen See verschwand. Er
würde zurückkommen – falls er dieses Abenteuer
überlebte.Aber sie wusste, dass James die Verbannung als Chance
empfand. Er zog die Freiheit in Australien der Langeweile in der
Zelle vor.
»Und diesmal hatten wir nicht mal die Chance, mitzugehen«,
seufzte Gwyn und streichelte Fridays weiches Fell. »Also komm,
reiten wir nach Hause. Das Schiff kriegen wir nicht mehr, und wenn
wir noch so schnell schwimmen!«
Die Jahre auf Kiward und O’Keefe Station vergingen im
gewohnten Gleichmaß. Nach wie vor mochte Gwyneira die Arbeit
auf der Farm, während Helen sie verabscheute. Dabei blieb gerade
an Helen immer mehr Landarbeit hängen; sie überstand das
alles nur dank George Greenwoods tatkräftiger Hilfe.
Howard O’Keefe kam über den Verlusts eines Sohnes nicht
hinweg. Dabei hatte er kaum ein freundliches Wort für Ruben
gehabt, solange der noch da war, und eigentlich hätte ihm längst
klar sein müssen, dass der Junge sich nicht für die
Farmarbeit eignete. Dennoch war er der Erbe gewesen, und Howard war
fest davon ausgegangen, Ruben würde irgendwann zur Vernunft
kommen und den Hof übernehmen. Außerdem hatte er sich
jahrelang in dem Umstand gesonnt, dass O’Keefe Station einen
Erben hatte – im Gegensatz zu Gerald Wardens prachtvoller
Farm.Aber jetzt war Gerald ihm wieder voraus. Sein Enkel Paul ging
die Übernahme von Kiward Station mit Elan an, während
Howards Erbe seit Jahren verschollen war. Immer wieder bedrängte
er Helen, ihm den Aufenthaltsort des Jungen zu verraten. Er war
überzeugt, dass sie etwas wusste, denn sie weinte nicht mehr
jeden Abend in ihr Kissen, wie im ersten Jahr nach Rubens
Flucht,sondern wirkte stolz und zuversichtlich. Helen sagte jedoch
nichts, egal wie er ihr zusetzte, und dabei ging er nicht immer
zimperlich vor. Besonders wenn er spät nachts aus dem Pub
heimkehrte – wo er womöglich Gerald und Paul stolz am
Tresen lehnen und mit örtlichen Geschäftsleuten über
irgendwelche Belange von Kiward Station verhandeln sah –,
brauchte er ein Ventil für seine Wut.
Wenn Helen ihm nur verriete, wo der Knabe sich herumtrieb! Er
würde hinreiten und ihn an den Haaren zurückschleifen. Er
würde ihn von dieser kleinen Hure herunterreißen, die kurz
nach ihm geflohen war, und ihm das Wort Pflicht einprügeln.
Howard ballte voller Vorfreude die Fäuste, wenn er nur daran
dachte.
Vorläufig sah er allerdings nicht viel Sinn darin, das Erbe
für Ruben zu bewahren. Sollte der doch die Farm neu
aufbauen,wenn er zurückkam. Geschah ihm recht, wenn er dann erst
die Zäune erneuern und die Dächer der Scherschuppen
reparieren musste! Howard verlegte sich jetzt erst mal darauf,
schnell Geld zu verdienen. Dazu gehörte, vielversprechende
Nachwuchstiere aus seinen Herden eher zu verkaufen, als selbst damit
weiterzuzüchten und das Risiko einzugehen, die Tiere im Hochland
zu verlieren. Nur schade, dass George Greenwood und dieser hochnäsige
Maori-Junge, auf den er so viel hielt und den er Howard immer wieder
als Berater vor die Nase setzen wollte, das nicht einsahen.
»Howard,das Ergebnis der letzen Schur war völlig
unbefriedigend!«, gab George seinem Sorgenkind bei einem seiner
letzten Besuche zu bedenken. »Kaum durchschnittliche
Wollqualität, dazu ziemlich verschmutzt. Dabei waren wir doch
schon auf einem wirklich hohen Level! Wo sind denn all die
erstklassigen Herden, die Sie aufgebaut hatten?« George bemühte
sich, ruhig zu bleiben. Schon deshalb, weil Helen neben ihnen saß
und ohnehin schon verhärmt und hoffnungslos aussah.
»Die drei besten Zuchtwidder sind vor ein paar Monaten nach
Lionel Station verkauft«, bemerkte Helen bitter. »An
Sideblossom.«
»Richtig!«, trumpfte Howard auf und schenkte Whiskey
nach. »Er wollte sie unbedingt haben. Seiner Meinung nach waren
sie
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