Im Land der weissen Rose
Marama ist immer da. Sie redet mit
ihm, versucht auszugleichen – Paul merkt gar nicht, was für
einen Schatz er da hat! Tonga jedenfalls hasst ihn, und ich glaube,
er plant irgendetwas. Die Maoris sind viel verschlossener, seit Tonga
das Heilige Beil trägt. Sie kommen zwar noch zurArbeit, sind
aber nicht mehr so fleißig,nicht mehr so... harmlos. Ichhabe
das Gefühl, da brautsich was zusammen, obwohl alle mich für
verrückt erklären.«
George überlegte. »Ich könnte Reti mal
vorschicken. Vielleicht findet er etwas heraus. Unter sich sind sie
bestimmt gesprächiger.Aber eine Feindschaft zwischen der Führung
von Kiward Station und dem Maori-Stamm am See ist immer kritisch. Sie
brauchen doch die Arbeiter!«
Gwyneira nickte. »Außerdem mag ich sie. Kiri und
Moana, meine Hausmädchen, sind längst Freundinnen geworden,
aber jetzt wechseln sie kaum noch ein persönliches Wort mit mir.
Miss Gwyn, ja, Miss Gwyn, nein – mehr kommt nicht von ihnen.
Ich hasse das alles. Ich habe schon überlegt, selbst mit Tonga
zu sprechen ...«
George schüttelte den Kopf. »Lassen Sie uns erst einmal
sehen, was Reti erreicht. Wenn Sie über Pauls und Geralds Kopf
hinweg irgendwelche Verhandlungen einleiten, machen Sie die Sache
nicht besser.«
Greenwood streckte seine Fühler aus, und was er erfuhr, war
so alarmierend, dass er schon eine Woche später erneut nach
Kiward Station ritt, begleitet von seinem Assistenten Reti.
Diesmal bestand er darauf, dass Gwyneira an der Unterredung mit
Gerald und Paul teilnahm – am liebsten hätte er überhaupt
nur mit Gerald und Gwyn gesprochen. Der alte Warden bestand
allerdings darauf, seinen Enkel zuzuziehen.
»Tonga hat Klage eingereicht. Im Gouverneursamt in
Christchurch, aber das geht auf die Dauer natürlich nach
Wellington. Er beruft sich auf den Vertrag von Waitangi. Demzufolge
wurden die Maoris beim Erwerb von Kiward Station übervorteilt.
Tonga verlangt, die Besitzurkunden für null und nichtig zu
erklären oder zumindest einen Vergleich zu schließen. Das
bedeutet eine Rückgabe von Land oder Ausgleichszahlungen.«
Gerald kippte seinen Whiskey herunter. »Blödsinn! Die
Kai Tahu haben den Vertrag damals nicht mal unterschrieben!«
George nickte. »Das ändert aber nichts an seiner
Gültigkeit. Tonga wird sich darauf berufen, dass der Vertrag
bisher stets durchgesetzt wurde, wenn es zugunsten der pakeha ging.
Jetzt fordert er das gleiche Recht für die Maoris. Egal, was
sein Großvater 1840 entschieden hat.«
»DieserAffe!«, tobte Paul. »Ich werde ihn ...«
»Du hältst den Mund!«, sagte Gwyneira streng.
»Wenn du nicht diese kindische Fehde begonnen hättest,
wäre das ganze Problem gar nicht erst entstanden. Haben die
Maoris Chancen, damit durchzukommen, George?«
Greenwood zuckte die Achseln. »Ausgeschlossen ist es nicht.«
»Es ist sogar gut möglich«, mischte Reti sich
ein. »Der Gouverneur ist sehr interessiert an einem guten
Auskommen zwischen Maoris und pakeha. Die Krone weiß sehr wohl
zu schätzen, dass die Konflikte sich hier in Grenzen halten. Da
werden sie wegen einer Farm keinen Aufstand riskieren.«
»Aufstand ist ja wohl zu viel gesagt! Wir packen uns ein
paar Gewehre und räuchern die Bande aus!«, erregte sich
Gerald. »Das hat man nun von seiner Gutmütigkeit.
Jahrelang hab ich sie am See siedeln lassen, sie konnten sich frei
auf meinem Land bewegen und ...«
»Und haben immer für Hungerlöhne für Sie
gearbeitet«, fiel Reti ihm ins Wort.
Paul sah aus, als wollte er sich auf ihn stürzen.
»Ein intelligenter junger Mann wie Tonga kann durchaus einen
Aufstand entfesseln, täuschen Sie sich da nicht!«, meinte
auch George. »Wenn er die anderen Stämme aufhetzt –
mit dem bei O’Keefe fängt er an; dessen Land wurde auch
vor 1840 erworben. Und was ist mit Beasleys? Mal ganz abgesehen
davon: Glauben Sie, Leute wie Sideblossom haben Verträge
gewälzt, bevor sie den Maoris das Land abkungelten? Wenn Tonga
da anfängt, die Bücher zu prüfen, entfesselt er einen
Flächenbrand. Und dann brauchen wir nur noch einen jungen ...«,
er warf einen Blick auf Paul, »oder alten Heißsporn wie
diesen Sideblossom, der Tonga von hinten erschießt. Dann bricht
der Sturm los. Der Gouverneur wird gut daran tun, einen Vergleich
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