Im Land der weissen Rose
heiratsfähiges
Alter bei den Eingeborenen. Und die Mischlinge sind zum Teil
wunderschön. Die reinblütigen Maoris dagegen ... also, mein
Geschmack wären die nicht. Zu klein, zugedrungen, und dann die
Tätowierungen ... aber jedem das seine. Über Geschmack
lässt sich nicht streiten.«
Aus den Fragen der Brewsters und Geralds Antworten erfuhr Gwyneira
nun auch einiges mehr über ihr künftiges Heimatland.
Bislang hatte der Schaf-Baron hauptsächlich über die
wirtschaftlichen Möglichkeiten,die Viehzucht und das Weideland
in den Canterbury Plains gesprochen, aber jetzt hörte sie zum
ersten Mal, dass Neuseeland als Ganzes aus zwei großen Inseln
bestand, wobei Christchurch und Canterbury auf der Südinsel
gelegen waren. Sie hörte von Gebirgen und Fjorden, aber auch von
einem dschungelähnlichen Regenwald, von Walfangstationen und
Goldsuche. Gwyneira erinnerte sich, dass Lucas angeblich über
die Flora und Fauna des Landes forschte, und ersetzte ihren Tagtraum
vom Pflügen und Säen an der Seite ihres Gatten sogleich
durch eine fast noch aufregendere Fantasie von Expeditionen in
unerschlossene Gebiete der Inseln.
Irgendwann erschöpfte sich aber sowohl die Neugier der
Brewsters als auch Geralds Erzählfreude. Warden kannte
Neuseeland zwar offensichtlich gut, aber Tiere und Landschaften
interessierten ihn nur unter ökonomischen Vorzeichen. Familie
Brewster schien es ähnlich zu gehen. Ihnen war vor allem
wichtig, ob die Gegend sicher war und eine mögliche
Geschäftsgründung Gewinn abwarf. Bei der Erörterung
dieser Fragen fielen die Namen diverser Kaufleute und Farmer, und
Gwyneira nutzte die Gelegenheit, ihren lang gehegten Plan zu
verwirklichen und unverfänglich nach einem »Gentlemanfarmer«
namens O’Keefe zu fragen.
»Vielleicht kennen Sie ihn ja. Er soll auch irgendwo in den
Canterbury Plains wohnen.«
Gerald Wardens Reaktion überraschte sie. Ihr künftiger
Schwiegervater lief umgehend rot an, und seine Augen schienen vor
Erregung aus den Höhlen zu treten.
»O’Keefe? Gentlemanfarmer?« Gerald spie diese
Worte aus und schnaubte empört. »Ich kenne einen Halunken
und Halsabschneider namens O’Keefe!«, polterte er weiter.
»Abschaum, den man schleunigst nach Irland zurückschicken
sollte. Oder nach Australien, in die Sträflingskolonien, da
kommt er nämlich her! Gentlemanfarmer! Dass ich nicht lache!
Raus damit, Gwyneira, wie kommen Sie auf den Namen?«
Gwyneira hob beschwichtigend die Hand, und Mr. Brewster beeilte
sich, Geralds Glas noch einmal mit Whiskey zu füllen.Anscheinend
erhoffte er sich davon eine beruhigende Wirkung. Mrs. Brewster war
regelrecht zusammengezuckt, als Warden los brüllte.
»Ich meine bestimmt einen anderen O’Keefe«,
sagte Gwyneira rasch. »Eine junge Frau aus dem Zwischendeck,
eine englische Gouvernante, ist mit ihm verlobt. Sie sagt, er gehöre
zu den Honoratioren von Christchurch.«
»So?«, fragte Gerald misstrauisch. »Seltsam,
dass mir der entgangen sein soll. Ein Gentlemanfarmer aus der Gegend
um Christchurch, der mit diesem verfluchten Hundesohn ... oh,
Verzeihung, Ladys... der das Pech hat, mit diesem zweifelhaften
Subjekt O’Keefe den Namen zu teilen, sollte mir eigentlich
bekannt sein.«
»O’Keefe ist ein sehr häufiger Name«,
begütigte Mr. Brewster. »Es kann durchaus sein, dass es in
Christchurch zwei O’Keefes gibt.«
»Und Helens Mr. O’Keefe schreibt sehr schöne
Briefe«, fügte Gwyneira hinzu. »Er muss sehr
gebildet sein.«
Gerald lachte dröhnend. »Na, dann ist es sicher ein
anderer. Der alte Howie bringt kaum seinen Namen ohne Fehler zu
Papier!Aber es passt mir nicht,Gwyn, dass du dich auf dem
Zwischendeck herumtreibst! Halte Abstand von den Leuten da, auch von
dieser angeblichen Gouvernante. Die Geschichte ist mir suspekt, also
sprich nicht mehr mit ihr!«
Gwyneira runzelte die Stirn. Den Rest des Abends schwieg sie
verärgert. Später, in ihrer Kabine, steigerte sie sich
regelrecht in ihren Zorn hinein.
Was bildete Warden sich ein? Das war ja ziemlich schnell gegangen
mit der Entwicklung von »Mylady« zur »Lady
Gwyneira« und jetzt zur kleinen »Gwyn«, die man
ungeniert duzte und herumkommandierte! Den Teufel würde sie tun
und den Kontakt mit Helen abbrechen! Die junge Frau war auf dem
ganzen Schiff die Einzige, mit der sie
Weitere Kostenlose Bücher