Im Land der weissen Rose
waren dabei aber nur selten
erfolgreich. Die Frauen sehnten sich nach einem Mindestmaß an
Hygiene und fingen bei Regen Wasser auf, um ihre Kinder und ihre
Kleider zu waschen. Helen fand das Ergebnis allerdings
unbefriedigend.
»In der Brühe werden die Sachen eher noch
schmutziger!«, schimpfte sie mit Blick auf das in einem der
Rettungsboote gesammelte Wasser.
Gwyneira zuckte die Achseln. »Immerhin müssen wir es
nicht trinken. Und wir haben Glück mit dem Wetter, sagt der
Kapitän. Bisher keine Flaute, obwohl wir langsam in der... in
der ... Kalmenzone sind. Da weht der Wind oft nicht so, wie er soll,
und manchmal geht den Schiffen das Wasser aus.«
Helen nickte. »Die Matrosen erzählen, man nenne die
Gegend auch ›Rossbreiten‹. Weil man früher oft die
Pferde geschlachtet hat, die an Bord waren, um nicht zu verhungern.«
Gwyneira schnaubte. »Bevor ich Igraine schlachte, esse ich
die Matrosen!«, erklärte sie. »Aber wie gesagt, wir
scheinen Glück zu haben.«
Leider sollte das Glück der Dublin bald ausgehen. Zwar wehte
der Wind weiterhin, dafür aber bedrohte eine tückische
Krankheit das Leben der Passagiere. Zunächst klagte nur ein
Matrose über Fieber, was niemand sehr ernst nahm. Der
Schiffsarzt erkannte die Gefahr erst, als ihm die ersten Kinder mit
Fieber und Ausschlag vorgestellt wurden. Dann aber breitete sich die
Krankheit wie ein Lauffeuer auf dem Zwischendeck aus.
Helen hoffte anfangs, ihre Mädchen würden verschont
bleiben, da sie außerhalb der täglichen Schulstunden wenig
mit den anderen Kindern in Berührung kamen. Dank Gwyneiras
Zuwendungen und Daphnes regelmäßiger Beutezüge in
Kuh- und Hühnerställe waren sie zudem in einem erheblich
besseren Allgemeinzustand als die anderen Auswandererkinder. Dann
aber bekam Elizabeth Fieber, kurz darauf auch Laurie und Rosemary.
Daphne und Dorothy erkankten nur leicht, und Mary steckte sich
erstaunlicherweise nicht an, obwohl sie die ganze Zeit mit ihrem
Zwilling die Koje teilte, Laurie eng umschlungen hielt und sie schon
mal im Vorfeld beweinte. Dabei verlief das Fieber bei Laurie
glimpflich, während Elizabeth und Rosemary mehrere Tage zwischen
Leben und Tod schwebten. Der Schiffsarzt behandelte sie wie alle
anderen Erkrankten mit Gin, wobei die jeweiligen
Erziehungsberechtigten selbst entscheiden konnten, ob das Mittel
innerlich oder äußerlich verabreicht werden sollte. Helen
entschied sich für Waschungen und Umschläge und erreichte
damit immerhin, dass die kranken Mädchen ein wenig Kühlung
erfuhren. In den meisten Familien wanderte der Schnaps dagegen in die
Mägen der Väter, und die ohnehin schon gereizte Stimmung
wurde noch explosiver.
Schließlich starben zwölf Kinder an der Seuche, und
wieder einmal beherrschten Weinen und Klagen das Zwischendeck.
Immerhin hielt der Kapitän eine sehr ergreifende Totenmesse auf
dem Hauptdeck, zu der ausnahmslos alle Passagiere erschienen.
Gwyneira, der die Tränen übers Gesicht strömten,
spielte Piano, wobei ihr guter Wille ihre Fähigkeiten deutlich
überstieg. Ohne Noten war sie hilflos. Schließlich
übernahm Helen das Spielen, und einige der
Zwischendeckpassagiere holten ebenfalls ihre Instrumente. Der Gesang
und das Weinen der Menschen klangen weit übers Meer, und zum
ersten Mal vereinten sich die reichen und armen Auswanderer zu einer
Gemeinschaft. Man trauerte zusammen, und noch Tage nach der Messe war
die Stimmung allgemein gedämpfter und friedfertiger. Der
Kapitän, ein ruhiger und lebenskluger Mann, setzte die
Sonntagsgottesdienste daraufhin grundsätzlich für alle auf
dem Hauptdeck an. Das Wetter stellte dabei kein Problem mehr da. Es
war eher zu heiß als zu kalt und regnerisch. Nur bei der
Umsegelung des Kaps der Guten Hoffnung kam es noch einmal zu einem
Sturm und schwerer See; danach verlief die Reise wieder ruhig.
Helen übte inzwischen Kirchenlieder mit ihren Schulkindern
ein.Als der Vortrag eines Chorals eines Sonntagmorgens besonders gut
gelungen war, zog das Ehepaar Brewster sie in ihre Unterhaltung mit
Gerald und Gwyneira ein. Sie gratulierten der jungen Frau wortreich
zu ihren Schülern, und schließlich nutzte Gwyneira die
Gelegenheit, ihre Freundin und ihren zukünftigen Schwiegervater
förmlich einander vorzustellen.
Sie hoffte nur, dass Warden dabei nicht wieder lospolterte, aber
diesmal verlor er nicht die Fassung, sondern
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