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Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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trugen ihre klammen Kleider und das Bettzeug
aufatmend hinaus, um es in der Sonne zu trocknen. Sie priesen Gott
für die Wärme, doch die Besatzung warnte sie: Schon bald
würden sie den Indischen Ozean erreichen und die glühende
Hitze verfluchen.
    Â 

6
    Nun, da der erste, beschwerliche Teil der Reise vorbei war, regte
sich das gesellschaftliche Leben an Bord der Dublin.
    Der Schiffsarzt nahm seine Arbeit als Lehrer endlich auf, sodass
die Kinder der Auswanderer etwas anderes zu tun hatten als einander,
ihre Eltern und vor allem Helens Mädchen zu ärgern.
Letztere konnten im Unterricht glänzen, und Helen war stolz auf
sie. Sie hatte zunächst gehofft, durch die Schulstunden etwas
Zeit für sich selbst zu gewinnen, aber dann zog sie es doch vor,
ihre Zöglinge dabei zu beaufsichtigen. Schließlich kamen
die Klatschbasen Mary und Laurie schon am zweiten Tag mit
besorgniserregenden Neuigkeiten aus der Klasse zurück.
    Â»Daphne hat Jamie O’Hara geküsst!«,
berichtete Mary atemlos.
    Â»Und Tommy Sheridan wollte Elizabeth anfassen, aber sie hat
gesagt, dass sie auf einen Prinzen wartet, und dann haben alle
gelacht«, fügte Laurie hinzu.
    Helen nahm sich daraufhin zunächst Daphne vor, die kein
bisschen Schuldbewusstsein zeigte. »Jamie hat mir dafür
ein Stück gute Wurst gegeben«, erklärte sie gelassen.
»Die haben sie noch von zu Hause mitgebracht. Und es ging auch
ganz schnell, richtig küssen kann der gar nicht!«
    Helen war entsetzt ob Daphnes offensichtlich tiefer greifender
Kenntnisse. Sie rügte sie streng,wusste aber, dass sie damit
nichts erreichte. Daphnes Sinn für Moral und Schicklichkeit
konnte allenfalls langfristig geschärft werden. Vorerst half nur
Kontrolle. Also wohnte Helen dem Unterricht der Mädchen zunächst
bei und übernahm dann selbst immer mehr Pflichten in der Schule
und bei der Vorbereitung der Sonntagsmesse. Der Schiffsarzt war ihr
dankbar dafür; ihm lag weder das Amt des Lehrers noch das des
Predigers.
    Nachts erklang nun fast täglich Musik auf dem Zwischendeck.
Die Menschen hatten sich mit dem Verlust der alten Heimat abgefunden
– oder fanden zumindest Trost im Singen altenglischer, irischer
und schottischer Lieder. Mancher hatte auch ein Instrument mit an
Bord gebracht; man hörte Fiedeln, Flöten und Harmonikas.
Freitags und samstags wurde getanzt, und wieder musste Helen vor
allem Daphne im Zaum halten. Sie erlaubte den älteren Mädchen
ja gern, der Musik zu lauschen und auch eine Stunde beim Tanz
zuzusehen.Aber dann sollten sie ins Bett, wozu Dorothy sich auch brav
bereit fand – während Daphne Ausflüchte fand oder
sogar versuchte, sich später noch mal wegzuschleichen, wenn sie
Helen schlafend wähnte.
    Auf dem Oberdeck verliefen die gesellschaftlichen Aktivitäten
kultivierter. Man veranstaltete Konzerte und Deckspiele, und
natürlich wurden die Abendmahlzeiten im Speisesaal festlich
zelebriert. Gerald Warden und Gwyneira teilten die Tafel mit einem
Londoner Ehepaar, dessen jüngerer Sohn in einer Garnison in
Christchurch stationiert war und sich nun mit dem Gedanken trug, sich
dort endgültig anzusiedeln. Der junge Mann hatte die Absicht, zu
heiraten und dann in den Wollhandel einzusteigen. Er hatte seinen
Vater gebeten, ihm dazu einen Vorschuss auf sein Erbe zu gewähren.
Mr. und Mrs. Brewster – agile, entschlusskräftige Leute in
den Fünfzigern – buchten daraufhin umgehend die Reise nach
Neuseeland. Bevor er Geld locker mache, so dröhnte Mr. Brewster,
wolle er sich die Gegend und vor allem die zukünftige
Schwiegertochter einmal ansehen.
    Â»Sie ist zur Hälfte Maori, schreibt Peter«,
meinte Mrs. Brewster zweifelnd. »Und sie wäre so schön
wie eines dieser Südseemädchen, deren Bilder man manchmal
sieht.Aber ich weiß nicht, eine Eingeborene ...«
    Â»Für den Landerwerb kann das ganz günstig sein«,
meinte Gerald. »Ein Bekannter von mir erhielt mal eine
Häuptlingstochter zum Geschenk – und daran hingen zehn
Hektar bestes Weideland. Mein Freund hat sich sofort verliebt.«
Gerald zwinkerte vielsagend.
    Mr. Brewster lachte dröhnend und aus voller Brust über
seinen Scherz, Gwyn und Mrs. Brewster eher gezwungen.
    Â»Könnte übrigens seine Tochter sein, die kleine
Freundin Ihres Sohnes«, überlegte Gerald weiter. »Die
müsste jetzt so fünfzehn sein, ein durchaus

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