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Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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geringste Vorstellung hatte, wohin sich ein von seiner
Familie verstoßener, halbwüchsiger Junge wandte. »Aber
in all der Zeit ... in all der Zeit dachten Sie nie an eine Heirat?«
Sie errötete.
    O’Keefe zuckte die Schultern. »Wo ich mich
rumgetrieben hab, gab’s nicht viele Frauen,
Miss.Walfangstationen, Robbenjäger. Einmal allerdings ...«
Sein Gesicht nahm einen weicheren Ausdruck an.
    Â»Ja, Mr. Howard? Entschuldigen Sie, wenn ich aufdringlich
bin, aber ich ...« Helen lechzte nach einer Gefühlsregung
bei ihrem Gegenüber, die es ihr vielleicht ein wenig leichter
machte, Howard O’Keefe einzuschätzen.
    Der Farmer grinste breit. »Ist schon gut, Miss Helen. Sie
wollen mich kennen lernen. Nun, da gibt es nicht viel zu erzählen.Sie
hat einen anderen geheiratet... was vielleicht mit ein Grund ist,
weshalb ich die Sache jetzt schnell regeln möchte. Die Sache mit
uns, meine ich ...«
    Helen war gerührt.Also war es keine Gefühlsarmut,
sondern lediglich eine verständliche Angst,sie könnte ihm
ebenso weglaufen wie das erste Mädchen, das er damals geliebt
hatte. Zwar begriff sie nach wie vor nicht, wie dieser wortkarge,
hart wirkende Mann so wunderschöne Briefe schreiben konnte, doch
sie glaubte ihn nun besser zu verstehen. Howard O’Keefe war ein
stilles Wasser.
    Aber wollte sie sich jetzt blindlings hineinstürzen? Helen
überschlug fieberhaft die Alternativen. Bei den Baldwins konnte
sie nicht länger wohnen; die würden nicht verstehen, warum
sie Howard vertröstete. Und Howard selbst würde eine
Verzögerung als Ablehnung betrachten und sich vielleicht
gänzlich zurückziehen. Und dann? Eine Anstellung an der
hiesigen Schule – was noch keineswegs sicher war? Kinder wie
Belinda Baldwin unterrichten und dabei langsam zur alten Jungfer
werden? Das konnte sie nicht riskieren. Howard war vielleicht nicht
ganz das, was sie sich vorgestellt hatte, aber er war geradeheraus
und ehrlich, bot ihr ein Haus und eine Heimat, wünschte sich
eine Familie und arbeitete hart, um seine Farm voranzubringen. Mehr
konnte sie nicht verlangen.
    Â»Gut, Mr. Howard. Aber einen oder zwei Tage Vorbereitung
müssen Sie mir schon geben. So eine Hochzeit ...«
    Â»Wir werden selbstverständlich eine kleine Feier
ausrichten!«, erklärte Mrs. Baldwin zuckersüß.
»Sicher möchten Sie Elizabeth und die anderen Mädchen,
die in Christchurch geblieben sind, dabeihaben. Ihre Freundin Miss
Silkham ist ja wohl schon abgereist ...«
    Howard runzelte die Stirn. »Silkham? Etwa diese Adlige?
Diese Gwenevere Silkham, die den Sohn vom alten Warden heiraten
soll?«
    Â»Gwyneira«, berichtigte Helen. »Genau die. Wir
haben uns während der Überfahrt angefreundet.«
    O’Keefe wandte sich ihr zu, und sein eben noch freundliches
Gesicht verzerrte sich vor Wut.
    Â»Damit eins klar ist, Helen – eine Warden wirst du in
meinem Haus nicht empfangen! Nicht solange ich lebe! Halte dich ja
fern von dieser Sippe! Der Alte ist ein Gauner, und der Junge ein
Schlappschwanz! Und das Mädel wird auch nicht besser sein,sonst
ließe es sich nicht kaufen! Diese ganze Brut gehört
ausgemerzt!Also wage es ja nicht, sie auf meine Farm zu holen! Ich
hab zwar nicht das Geld von dem Alten, aber meine Flinte schießt
genauso scharf!«
    Gwyneira machte jetzt seit zwei Stunden Konversation, was sie mehr
anstrengte, als hätte sie diese Zeit im Sattel oder auf dem
Hundeplatz verbracht. Lucas Warden handelte nacheinander alle Themen
ab, über die zu reden man ihr im Salon ihrer Mutter vermittelt
hatte, aber er stellte deutlich höhere Ansprüche als Lady
Silkham.
    Dabei hatte die Sache ganz gut angefangen. Den Tee einzuschenken
war Gwyneira formvollendet gelungen – und das, obwohl ihre
Hände immer noch zitterten. Lucas’ erster Anblick war
einfach zu viel für sie gewesen. Inzwischen aber beruhigte sich
ihr Herzschlag. Schließlich gab der junge Gentleman ihr ja
keinen Anlass zu weiterer Erregung. Er machte keine Anstalten, sie
begehrlich anzusehen, ihre Finger wie beiläufig zu streifen,
während beide – rein zufällig – nach der
Zuckerdose griffen, oder ihr auch nur einen Herzschlag zu lange in
die Augen zu schauen. Stattdessen ruhte Lucas’ Blick während
der Konversation lehrbuchgerecht auf ihrem linken Ohrläppchen,
und seine Augen leuchteten nur dann

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