Im Land der weissen Rose
Miss, aber es werden ja mehr. Und
Land ist ausreichend da, das wird schon. Wie ... äh, machen
wir’s denn jetzt?«
Helen runzelte die Stirn. »Wie machen wir was, Mr. Howard?«,
erkundigte sie sich und tastete nach einer Haarsträhne, die sich
eben aus ihrer strengen Frisur gelöst hatte.
»Na ja ...« Howard spielte verlegen mit seiner zweiten
Tasse Tee. »Das mit der Heirat ...«
Kiri verzog sich schließlich mit Gwyneiras Billigung in
Richtung Küche,um Moana zu Hilfe zu eilen. Gwyn verbrachte die
letzten Minuten vor der Teestunde mit einer gründlicheren
Inspektion ihrer Räume.Alles war tadellos ausgestattet, bis hin
zu liebevoll zusammengestellten Toilettenartikeln im Ankleidezimmer.
Gwyneira bewunderte Kämme aus Elfenbein und dazu passende
Bürsten. Die Seife roch nach Rosen und Thymian – sicher
kein Erzeugnis des heimischen Maori-Stammes; die Seife musste aus
Christchurch oder gleich aus England importiert worden sein.Angenehme
Düfte verströmte auch ein Schälchen mit getrockneten
Blütenblättern, das in ihrem Salon aufgestellt war. Kein
Zweifel – selbst eine perfekte Hausfrau vom Schlage ihrer
Mutter oder ihrer Schwester Diana hätte die Zimmer nicht
einladender herrichten können als... Lucas Warden? Gwyneira
konnte sich einfach nicht vorstellen, dass ein Mann für all
diese Pracht verantwortlich sein sollte!
Inzwischen hielt sie es vor Spannung kaum mehr aus. Sie sagte
sich, dass sie ja nicht bis zur Teezeit warten müsse; vielleicht
saßen Lucas und Gerald längst im Salon. Gwyneira suchte
sich den Weg über die mit kostbaren Teppichen ausgelegten Flure
zur Treppe – und hörte aufgebrachte Stimmen, die aus den
Wohnräumen durch das halbe Haus klangen.
»Kannst du mir sagen, warum du ausgerechnet heute diese
Weiden kontrollieren musstest?«, donnerte Gerald. »Hätte
das nicht Zeit bis morgen gehabt? Die Kleine wird noch denken, du
machst dir nichts aus ihr!«
»Entschuldige, Vater.« Die Stimme klang ruhig und
kultiviert. »Aber Mr. McKenzie hat einfach nicht locker
gelassen. Und es war dringlich. Die Pferde sind bereits dreimal
ausgebrochen ...«
»Die Pferde sind was?«, brüllte Gerald. »Dreimal
ausgebrochen? Das heißt, ich habe die Männer drei Tage
lang nur dafür bezahlt, ihre Gäule wiedereinzufangen? Warum
hast du nicht früher eingegriffen? McKenzie wollte doch sicher
gleich reparieren, oder? Und da wir schon beim Thema Pferche sind –
warum war in Lyttelton nichts für die Schafe vorbereitet? Ohne
deine zukünftige Frau und ihre Hunde hätte ich die Nacht
damit verbringen müssen, die Viecher selbst zu bewachen!«
»Ich hatte viel zu tun, Vater. Mutters Porträt für
den Salon sollte doch fertig werden. Und ich musste mich um Lady
Gwyneiras Räume kümmern.«
»Lucas, wann lernst du endlich, dass Ölbilder nicht
weglaufen, ganz im Gegensatz zu Pferden! Und was Gwyneiras Räume
angeht ... du hast ihre Zimmer eingerichtet?« Gerald schien das
ebenso wenig fassen zu können wie Gwyneira selbst.
»Wer hätte es denn sonst tun sollen? Eins der
Maori-Mädchen? Dann hätte sie wohl Palmenmatten und eine
offene Feuerstelle vorgefunden!« Lucas klang jetzt ebenfalls
ein wenig aufgebracht.Allerdings nur so weit, wie ein Gentleman sich
in Gesellschaft gerade noch gehen ließ.
Gerald seufzte. »Also gut, hoffen wir, dass sie es zu
schätzen weiß. Jetzt lass uns nicht streiten, sie muss
jeden Augenblick herunterkommen ...«
Gwyneira beschloss, dies als ihr Stichwort anzusehen. Gemessenen
Schrittes, die Schultern gestrafft und den Kopf hoch erhoben, stieg
sie die Treppe herunter. Solche Auftritte hatte sie für ihren
Debütantinnenball tagelang geübt. Jetzt hatte sie endlich
Verwendung dafür.
Den Männern im Salon verschlug es erwartungsgemäß
die Sprache. Vor dem Hintergrund der dunklen Treppe erschien
Gwyneiras zarte, in hellblaue Seide gehüllte Gestalt wie einem
Ölbild entstiegen. Ihr Gesicht leuchtete hell, die Haarsträhnen,
die es umspielten, wirkten im Licht der Kerzen im Salon wie
gesponnene Gold- und Kupferfäden. Gwyneiras Mund umspielte ein
schüchternes Lächeln. Die Augen hatte sie ein wenig
niedergeschlagen, was sie aber nicht davon abhielt, zwischen ihren
langen roten Wimpern hervorzuspähen. Sie musste einfach einen
Blick auf Lucas werfen, bevor sie ihm
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