Im Land Der Weissen Wolke
zu stellen. Während er die Karten langsam aufnahm, sah er seine Tochter als Baronin ... wer weiß, vielleicht sogar als Hofdame der Königin ...
Eine Zehn. Das war gut. Wenn die andere nun ... Silkhams Herz klopfte heftig, als er nach der KaroZehn auch noch die Pik-Zehn aufdeckte. 20 Punkte. Das war kaum zu schlagen.
Triumphierend sah er Gerald an.
Gerald Warden hob seine erste Karte vom Stapel. Pik-Ass. Silkham stöhnte. Aber das hieß nichts. Die nächste Karte konnte eine Zwei oder eine Drei sein, und dann war die Wahrscheinlichkeit groß, dass Warden sich überkaufte.
»Sie können noch aussteigen«, meinte Gerald.
Silkham lachte. »Oh nein, mein Freund, so haben wir nicht gewettet. Jetzt machen Sie Ihr Spiel! Ein Silkham steht zu seinem Wort.«
Gerald nahm langsam eine weitere Karte.
Silkham wünschte sich plötzlich, den Stapel selbst gemischt zu haben. Andererseits ... er hatte Gerald beim Mischen beobachtet, da war nichts falsch gelaufen. Was immer jetzt geschah, Betrug konnte man Warden nicht vorwerfen.
Gerald Warden drehte die Karte um.
»Tut mir Leid, Mylord.«
Silkham starrte wie hypnotisiert auf die Herz-Zehn, die vor ihm auf dem Tisch lag. Das Ass zählte elf, die Zehn machte die Einundzwanzig voll.
»Dann kann ich Sie nur beglückwünschen«, sagte der Lord steif. In seinem Glas war noch Whiskey, und er kippte ihn rasch hinunter. Als Gerald nachfüllen wollte, hielt er die Hand über sein Glas.
»Ich hatte schon zu viel, danke. Es ist Zeit, dass ich aufhöre ... mit dem Trinken und dem Spielen, bevor ich meine Tochter nicht nur um ihre Mitgift, sondern meinen Sohn auch noch um Haus und Hof bringe.« Silkhams Stimme klang erstickt. Wieder versuchte er aufzustehen.
»Ich dachte mir so etwas ...«, bemerkte Gerald im Plauderton und füllte zumindest sein eigenes Glas. »Das Mädchen ist Ihre Jüngste, nicht wahr?«
Silkham nickte bitter. »Ja. Und vorher habe ich bereits zwei ältere Töchter unter die Haube gebracht. Haben Sie eine Ahnung, was das kostet? Diese letzte Hochzeit wird mich ruinieren. Zumal jetzt, da ich die Hälfte meines Kapitals verspielt habe.«
Der Lord wollte gehen, doch Gerald schüttelte den Kopf und hob die Whiskeyflasche. Langsam floss die goldgelbe Versuchung in Silkhams Glas.
»Nein, Mylord«, sagte Gerald, »so können wir das nicht stehen lassen. Es lag nicht in meiner Absicht, Sie zu ruinieren oder gar die kleine Gwyneira um ihre Mitgift zu bringen. Wagen wir ein letztes Spiel, Mylord. Ich setze die Schafe noch einmal ein. Wenn Sie diesmal gewinnen, ist alles wie gehabt.«
Silkham lachte spöttisch. »Und was setze ich dagegen? Den Rest meiner Herde? Vergessen Sie’s!«
»Wie wäre es mit ... mit der Hand Ihrer Tochter?«
Gerald Warden sprach ruhig und gelassen, doch Silkham fuhr auf, als hätte Warden ihn geschlagen.
»Sie sind nicht bei Trost! Sie wollen doch nicht ernstlich um Gwyneira werben? Das Mädchen könnte Ihre Tochter sein.«
»Eben das würde ich mir von ganzem Herzen wünschen!« Gerald versuchte, so viel Aufrichtigkeit und Wärme in seine Stimme und seinen Blick zu legen, wie er konnte. »Denn meine Werbung gilt selbstverständlich nicht für mich, sondern für meinen Sohn Lucas. Er ist zweiundzwanzig Jahre alt, mein einziger Erbe, wohlerzogen, gut gewachsen und gewandt. Ich könnte mir Gwyneira hervorragend an seiner Seite vorstellen.«
»Aber ich nicht!«, gab Silkham rüde zurück, stolperte und suchte Halt in seinem Sessel. »Gwyneira ist von hohem Adel. Sie könnte einen Baron heiraten!«
Gerald Warden lachte. »Fast ohne Mitgift? Und machen Sie sich nichts vor, ich habe das Mädchen gesehen. Sie ist nicht gerade das, wonach sich die Mütter von Baronets die Finger lecken.«
Lord Silkham fuhr auf. »Gwyneira ist eine Schönheit!«
»Stimmt«, beschwichtigte Gerald. »Und sicher ist sie die Zierde einer jeden Fuchsjagd. Ob sie sich aber im Palast genauso gut machen würde? Sie ist ein wildes junges Ding, Mylord. Es wird Sie den doppelten Preis kosten, das Mädchen an den Mann zu bringen.«
»Ich sollte Sie fordern!«, stieß Silkham wütend hervor.
»Ich fordere Sie doch schon.« Gerald Warden hob die Karten. »Los, diesmal mischen Sie.«
Silkham griff nach seinem Glas. Seine Gedanken rasten. Das hier widersprach allen guten Sitten. Er konnte seine Tochter nicht im Kartenspiel einsetzen. Dieser Warden hatte den Verstand verloren! Andererseits ... ein solcher Handel konnte nicht gelten. Spielschulden waren Ehrenschulden, aber ein
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