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Im Land Der Weissen Wolke

Im Land Der Weissen Wolke

Titel: Im Land Der Weissen Wolke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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wer das Land kriegt!«, sagte sie ruhig.
    Gwyneira bestärkte dieses Gespräch in ihren Befürchtungen. Paul machte sich unnötig Feinde. Er verwechselte Stärke mit Härte, was in seinem Alter vielleicht normal war. Aber Gerald hätte ihn dafür rügen müssen, statt auch noch Wasser auf seine Mühlen zu geben. Wie konnte er den gerade zwölfjährigen Jungen bestimmen lassen, ob er einen Arbeiter entließ oder nicht?

    Fleurette immerhin nahm ihr gewohntes Leben wieder auf und besuchte oft sogar Helen auf O’Keefe Station – natürlich nur, wenn Gerald und Paul sicher unterwegs waren und auch mit Howards plötzlichem Auftauchen nicht zu rechnen war. Gwyn fand das leichtsinnig und hielt es für besser, wenn die Frauen sich in Haldon trafen. Das Maultier Nepumuk hatte sie Helen zurückgeschickt.
    Nach wie vor schrieb Fleurette lange Briefe nach Queenstown, erhielt aber keine Antwort. Helen ging es ähnlich; auch sie machte sich größte Sorgen um ihren Sohn.
    »Wenn er wenigstens nach Dunedin gegangen wäre«, seufzte sie. In Haldon gab es neuerdings einen Teeausschank, in dem auch ehrbare Frauen einen Platz zum Sitzen und Austausch von Neuigkeiten fanden. »Er hätte doch einen Posten als Bürodiener oder so etwas annehmen können. Aber Gold schürfen ...«
    Gwyn zuckte die Achseln. »Er will reich werden. Und vielleicht hat er ja Glück, die Goldvorkommen sollen da wirklich riesig sein.«
    Helen verdrehte die Augen. »Gwyn, ich liebe meinen Sohn über alles. Aber das Gold müsste schon an Bäumen wachsen und ihm auf den Kopf fallen, damit er es findet. Er geht nach meinem Vater, Gwyn, und der war nur glücklich, wenn er in seiner Studierstube sitzen und sich in althebräische Texte versenken konnte. Bei Ruben sind es Gesetzestexte. Ich denke, er wäre ein guter Anwalt oder Richter, möglicherweise auch Kaufmann. George Greenwood sagte, er käme gut mit den Kunden aus – er ist ein verbindlicher Mensch. Aber Bäche umleiten, um Gold zu waschen oder Stollen zu graben oder was immer sie da tun, das liegt ihm nicht.«
    »Für mich wird er’s tun!«, sagte Fleur mit verklärtem Gesichtsausdruck. »Für mich macht er alles. Auf jeden Fall wird er es versuchen!«

    Bislang machten allerdings weniger die Goldfunde von Ruben O’Keefe als die immer dreisteren Viehdiebstähle des James McKenzie in Haldon von sich reden. Zurzeit litt vor allem ein großer Schafzüchter namens John Sideblossom an McKenzies Übergriffen.
    Sideblossom lebte am Westende des Lake Pukaki, schon hoch in den Bergen. Er kam selten nach Haldon und praktisch nie nach Christchurch, verfügte aber in den Ausläufern der Alpen über riesigen Landbesitz. Seine Tiere verkaufte er in Dunedin, sodass er nicht zu George Greenwoods Kundenstamm gehörte.
    Trotzdem schien Gerald ihn zu kennen. Tatsächlich freute er sich wie ein Kind, als er eines Tages die Nachricht erhielt, Sideblossom wünsche sich in Haldon mit gleichgesinnten Viehzüchtern zu treffen, um eine weitere Strafexpedition gegen James McKenzie in die Berge zu planen.
    »Er ist fest davon überzeugt, dieser McKenzie säße in seiner Gegend!«, erklärte Gerald bei seinem obligatorischen Whiskey vor dem Essen. »Irgendwo oberhalb der Seen dort, und er muss neues Land erschlossen haben. John tippt darauf, dass er über einen Pass verschwindet, den wir nicht kennen. Und er setzt auf großflächige Suchaktionen. Wir müssen unsere Männer zusammenziehen und den Kerl endgültig ausräuchern.«
    »Weiß Sideblossom denn, was er sagt?«, erkundigte Gwyneira sich gleichmütig. In den letzten Jahren hatten fast alle Viehbarone der Canterbury Plains an ihrem Kaminfeuer Treibjagden geplant. Meistens kamen sie dann aber gar nicht erst zustande, weil sich eben doch nicht genug Leute zusammenfanden, um das Land ihrer Nachbarn zu durchkämmen. Man brauchte eine charismatischere Persönlichkeit als Reginald Beasley, um die eigenbrötlerischen Schafzüchter zu einen.
    »Das kann ich dir flüstern!«, dröhnte Gerald. »Johnny Sideblossom ist der wildeste Hund, den du dir denken kannst! Ich kenn ihn noch vom Walfang, ganz junger Spund damals, so alt wie Paul jetzt ...«
    Paul spitzte die Ohren.
    »Heuerte als Schiffsjunge an, mit seinem Daddy. Aber der Alte soff wie ein Loch, und als es eines Tages ans Harpunieren ging und der Wal wie verrückt um sich schlug, hat’s ihn aus dem Boot gefegt – genauer gesagt, das ganze Boot hat’s umgeworfen, und alle sprangen raus. Nur der Kleine blieb bis zur letzten Sekunde

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