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Im Land Der Weissen Wolke

Im Land Der Weissen Wolke

Titel: Im Land Der Weissen Wolke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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auch, was wir im ›Hotel‹ brauchen. Außerdem kommen sie mal raus und verdienen eigenes Geld.«
    Fleurette war anfangs ein wenig skeptisch, dann aber schnell überzeugt. Mary und Laurie brachten eine ideale Kombination von sittsamen Kleidungsstücken und herrlich verruchten Kleinteilen mit, die zu Fleurs Verwunderung reißenden Absatz fanden – und das nicht nur bei den Huren. Stuarts junge Frau erstand errötend ein schwarzes Korsett, und ein paar Bergleute glaubten, ihre Maori-Frauen mit bunten Dessous erfreuen zu müssen. Fleur bezweifelte zwar, dass die sich dafür begeistern konnten, aber Geschäft war Geschäft. Und diskrete Umkleideräume zur Anprobe – ausgestattet mit großen Spiegeln statt des deprimierenden Podests für die Särge – gab es jetzt natürlich auch.

    Ruben ließ die Arbeit im Laden immer noch genügend Zeit für juristische Studien, die ihm weiterhin Spaß machten, auch wenn er den Traum, Anwalt zu werden, endgültig begraben hatte. Zu seiner Begeisterung konnte er das Gelernte bald praktisch umsetzen: Der Friedensrichter suchte immer häufiger seinen Rat und zog ihn schließlich auch bei Verhandlungen hinzu. Ruben erwies sich dabei als verbindlich und korrekt, und als die nächsten Wahlen anstanden, sorgte der bisherige Richter für eine Überraschung. Er stellte sich nicht zur Wiederwahl, sondern schlug Ruben als seinen Nachfolger vor.
    »Seht es mal so, Leute!«, erklärte der alte Sargtischler in seiner Ansprache. »Bei mir gab’s immer ’nen Interessenkonflikt: Wenn ich verhindert habe, dass die Leute sich gegenseitig umbrachten, brauchten wir keine Särge. So gesehen hab ich mir mit meinem Amt selbst das Geschäft kaputtgemacht. Beim jungen O’Keefe ist es anders herum, denn wer sich die Köpfe einschlägt, kauft kein Werkzeug mehr. Bei dem liegt es im ureigensten Interesse, für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Also wählt ihn, und lasst mich in Ruhe!«
    Die Bürger von Queenstown folgten seinem Rat, und Ruben wurde mit überwältigender Mehrheit zum neuen Friedensrichter gewählt.
    Fleurette freute sich für ihn, obwohl sie die Argumentation nicht ganz einsah. »Man kann sich auch mit unseren Werkzeugen die Köpfe einschlagen«, raunte sie Daphne zu. »Und ich hoffe sehr, dass Ruben seine Kunden nicht zu oft von diesem löblichen Tun abhält.«

    Der einzige Wermutstropfen in Fleurettes und Rubens Glück in der aufblühenden Goldgräberstadt war der mangelnde Kontakt zu ihren Familien. Beide hätten ihren Müttern gern geschrieben, wagten es aber nicht.
    »Ich will nicht, dass mein Vater erfährt, wo ich bin«, stellte Ruben klar, als Fleurette Anstalten machte, ihrer Mutter zu schreiben. »Und du hältst es vor deinem Großvater auch besser verborgen. Wer weiß, was den beiden sonst einfällt. Du warst eindeutig minderjährig, als wir geheiratet haben. Sie könnten auf den Gedanken kommen, uns Schwierigkeiten zu machen. Außerdem befürchte ich, dass mein Vater seinen Ärger an meiner Mutter ausließe. Es wäre nicht das erste Mal. Ich darf ohnehin nicht daran denken, was da nach meinem Weggang geschehen ist.«
    »Aber irgendwie müssen wir sie benachrichtigen!«, meinte Fleurette. »Weißt du was? Ich schreibe Dorothy. Dorothy Candler. Die kann es meiner Mutter erzählen.«
    Ruben griff sich an den Kopf. »Bist du verrückt? Wenn du Dorothy schreibst, erfährt es auch Mrs. Candler. Und dann kannst du es ebenso gut in Haldon auf dem Marktplatz hinausschreien. Wenn überhaupt, schreib lieber Elizabeth Greenwood. Der traue ich mehr Diskretion zu.«
    »Aber Onkel George und Elizabeth sind in England«, wandte Fleurette ein.
    Ruben zuckte die Schultern. »Na und? Irgendwann werden sie schon zurückkommen. So lange müssen unsere Mütter sich eben gedulden. Und wer weiß, vielleicht erfährt Miss Gwyn ja auch etwas über James McKenzie. Der sitzt doch irgendwo in Canterbury im Gefängnis. Gut möglich, dass sie Verbindung mit ihm aufnimmt.«

9

    James McKenzie wurde in Lyttelton der Prozess gemacht. Dabei ging es zunächst drunter und drüber, da John Sideblossom eine Verhandlung in Dunedin befürwortete. Dort, so argumentierte er, beständen bessere Chancen, auch die Hehler des Viehdiebes ausfindig zu machen und so den ganzen Verbrecherring auszuheben.
    Lord Barrington sprach sich jedoch energisch dagegen aus. Seiner Ansicht nach wollte Sideblossom sein Opfer nur deshalb nach Dunedin schleppen, weil er die Richter dort besser kannte und eher die Hoffnung sah, den Viehdieb am Ende

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