Im Land Der Weissen Wolke
bringen wir nach Queenstown und verkaufen es an die Miner. Wenn es stimmt, dass die alle unzufrieden mit Ethans Laden sind, sollten wir damit richtig Profit machen!«
Am Nachmittag dieses Tages traute der Friedensrichter in Queenstown Fleurette McKenzie und Ruben Kays, der sich dazu wieder auf seinen richtigen Namen O’Keefe besann. Fleurette trug ihr cremefarbenes Kleid, das nach der Reise nicht einmal zerdrückt war. Mary und Laurie hatten darauf bestanden, es vor der Trauung zu plätten. Die beiden schmückten Fleurs Haar auch aufgeregt mit Blumen und bekränzten die Zaumzeuge von Niniane und Minette für den Ritt zum Pub, in dem mangels Kirche oder sonstigem Versammlungsraum die Trauung stattfand. Stuart war Trauzeuge für Ruben, für Fleurette bürgte Daphne, während Mary und Laurie vor Rührung nicht aufhören konnten zu weinen.
Ethan überreichte Ruben seine sämtliche Post des letzten Jahres als Hochzeitsgeschenk. Ron lief stolzgeschwellt herum, da Fleurette jedem erzählte, die glückliche Zusammenführung mit ihrem Gatten sei nur seinem ausgeprägten Pferdeverstand zu verdanken. Schließlich ließ Fleurette ein Goldstück springen und lud die ganze Stadt Queenstown zur Feier ihrer Hochzeit ein – nicht ganz ohne Berechnung, gab es ihr doch Gelegenheit, nicht nur sämtliche Bürger kennen zu lernen, sondern diese auch ein wenig auszuhorchen. Nein, in der Gegend von Rubens Claim habe nie jemand Gold gefunden, bestätigte ihr der Friseur, der seit Gründung der Stadt hier ansässig war und ursprünglich natürlich auch als Goldsucher gekommen war.
»Aber da ist sowieso wenig zu verdienen, Miss Fleur«, erklärte er. »Zu viele Leute, zu wenig Gold. Klar, es findet immer mal einer ein riesiges Nugget. Aber das Geld haut er dann meistens auch gleich auf den Kopf. Und was ist es denn schon? Zwei-, dreihundert Dollar vielleicht, für die ganz großen Glückspilze. Das reicht nicht mal für ’ne Farm und ein paar Viecher. Mal ganz abgesehen davon, dass die Kerle dann ja auch verrückt werden und all das Geld in noch mehr Claims, noch mehr Waschrinnen und noch mehr Maori-Helfer stecken. Am Ende ist es dann weg, aber neue Funde bleiben aus. Als Friseur und Bader dagegen ... Hier in der Gegend hängen tausend Männer rum, und alle müssen die Haare geschnitten kriegen. Und jeder haut sich mal die Hacke ins Bein oder prügelt sich oder wird sonstwie krank ...«
Fleurette sah das ähnlich. Die Fragen, die sie den Goldwäschern stellte, von denen sich inzwischen ein Dutzend in Daphnes Hotel eingefunden hatte und dem freien Whiskey reichlich zusprach, hätten dagegen fast einen Aufstand entfesselt. Schon die Erwähnung von Ethans Werkzeuglieferungen brachte die Gemüter zum Kochen. Am Ende war Fleur davon überzeugt, mit der Gründung ihres geplanten Eisenwarenladens nicht nur reich, sondern auch noch lebensrettend tätig zu werden: Wenn hier nicht bald etwas geschah, würden die Männer Ethan letztlich lynchen.
Während Fleurette Erkundigungen einzog, unterhielt sich Ruben mit dem Friedensrichter. Der Mann war kein Jurist, sondern arbeitete eigentlich als Sargtischler und Totengräber.
»Einer musste den Job ja machen«, meinte er schulterzuckend zu Rubens Frage nach seiner Wahl. »Und die Kerle meinten, ich wäre interessiert, sie dran zu hindern, sich gegenseitig umzubringen. Weil es mir schließlich Arbeit spart ...«
Fleur betrachtete die Unterhaltung der beiden mit Wohlwollen. Wenn Ruben hier Gelegenheit zu juristischen Studien fand, würde er auch nach der Rückkehr aus Dunedin nicht darauf drängen, gleich zu seinem Claim zurückzukehren.
Fleurette und Ruben verbrachten ihre zweite Hochzeitsnacht in dem komfortablen Doppelbett von Daphnes Zimmer eins.
»Wir werden es in Zukunft die Hochzeitssuite nennen«, bemerkte Daphne.
»Passiert jedenfalls nicht oft, dass hier eine entjungfert wird!«, kicherte Ron.
Stuart, der dem Whiskey schon gut zugesprochen hatte, grinste ihm verschwörerisch zu.
»Schon passiert!«, verriet er dann.
Gegen Mittag des nächsten Tages brachen die Freunde nach Dunedin auf. Ruben hatte von seinem neuen Freund einen Wagen erstanden – »Nimm ihn ruhig, Junge, die paar Särge kann ich auch mit der Schubkarre zum Friedhof bringen!« –, und Fleurette führte weitere interessante Gespräche. Diesmal mit den wenigen ehrbaren Frauen des Ortes: der Frau des Friedensrichters und der des Friseurs. Am Ende hatte sie eine weitere Einkaufsliste für Dunedin.
Als sie zwei Wochen
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