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Im Land Der Weissen Wolke

Im Land Der Weissen Wolke

Titel: Im Land Der Weissen Wolke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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beipflichten, doch Gwyn lächelte nur.
    »Ich habe von professionellen Spielern gehört, die später sehr ehrbar zu Schaf-Baronen aufgestiegen sind«, bemerkte sie ruhig.

    Am nächsten Tag brach sie in aller Herrgottsfrühe nach Lyttelton auf. Die Strecke war lang, und selbst die lebhafte Raven trabte erst nach fünf Stunden scharfen Rittes über den Bridle Path. Friday, die ihr nachlief, wirkte schon ganz ausgepumpt.
    »Du kannst dich im Office ausruhen«, sagte Gwyn freundlich. »Wer weiß, vielleicht lässt Hanson dich sogar schon zu deinem Herrn. Und ich nehme mir ein Zimmer im White Hart. An einem Tag ohne mich werden Paul und Gerald schon nichts anstellen.«
    Laurence Hanson fegte eben sein Büro, als Gwyn die Tür zum Police Office öffnete, hinter dem auch die Zellen der Gefangenen lagen. Sie war nie hier gewesen, aber sie fühlte prickelnde Vorfreude. Gleich würde sie James sehen! Zum ersten Mal seit fast zwei Jahren!
    Hanson strahlte, als er sie erkannte. »Mrs. Warden! Miss Gwyn! Das ist ja mal eine Überraschung. Ich hoffe, ich verdanke Ihren Besuch keinen unangenehmen Umständen? Sie wollen nicht etwa ein Verbrechen melden?« Der Officer zwinkerte. Offensichtlich hielt er das für so gut wie unmöglich – eine ehrbare Frau hätte stets einen männlichen Familienangehörigen vorgeschickt. »Und was für ein wunderschöner Hund die kleine Friday geworden ist! Wie ist es, Kleine, willst du mich immer noch beißen?«
    Er beugte sich zu Friday herab, die sich diesmal zutraulich näherte. »Was für ein weiches Fell sie hat! Wirklich, Miss Gwyn, erstklassig gepflegt!«
    Gwyneira nickte und erwiderte seine Begrüßung rasch. »Der Hund ist der Grund für mein Kommen, Officer«, kam sie dann gleich zur Sache. »Ich hörte, dass Mr. McKenzie begnadigt worden ist und bald frei kommt. Da wollte ich das Tier zurückbringen.«
    Hanson legte die Stirn in Falten. Gwyn, die eigentlich gleich noch die Bitte vorbringen wollte, zu James vorgelassen zu werden, hielt inne, als sie seine Miene sah.
    »Das ist natürlich sehr lobenswert von Ihnen«, bemerkte der Officer. »Aber Sie kommen zu spät. Die Reliance ist heute Morgen in See gestochen, Richtung Botany Bay. Und laut Verordnung des Gouverneurs mussten wir Mr. McKenzie an Bord bringen.«
    Gwyneira sank das Herz. »Aber wollte er denn nicht auf mich warten? Er ... er wollte doch sicher nicht ohne den Hund ...«
    »Was haben Sie denn, Miss Gwyn? Ist Ihnen nicht gut? Setzen Sie sich doch, ich mache Ihnen gern einen Tee!« Hanson schob ihr besorgt einen Stuhl hin. Erst dann beantwortete er ihre Frage.
    »Nein, natürlich wollte er nicht ohne den Hund weg. Er bat mich, ihn holen zu dürfen, aber das konnte ich natürlich nicht erlauben. Und dann ... dann sagte er tatsächlich voraus, dass Sie kommen würden! Ich hätte das nie gedacht ... dieser weite Weg für diesen Schurken, und das Tier ist Ihnen doch inzwischen auch ans Herz gewachsen! Aber McKenzie war sich sicher. Er bat herzzerreißend um Aufschub, doch die Order war klar: Ausweisung mit dem nächsten Schiff, und das war die Reliance . Und diese Chance konnte er sich nicht entgehen lassen. Aber warten Sie mal, er hat Ihnen einen Brief hinterlassen!« Der Officer machte sich umständlich auf die Suche. Gwyn hätte ihn erwürgen können. Warum hatte er das nicht gleich gesagt?
    »Hier ist er, Miss Gwyn. Ich nehme an, er bedankt sich für die Betreuung des Tieres ...« Hanson drückte ihr einen schlichten, aber nach wie vor ordentlich verschlossenen Umschlag in die Hand und wartete gespannt. Sicher hatte er den Brief bisher nur deshalb nicht geöffnet, weil er davon ausging, dass sie ihn in seinem Beisein lesen würde. Den Gefallen tat Gwyn ihm allerdings nicht.
    »Die ... die Reliance , sagten Sie ... ist es sicher, dass sie bereits ausgelaufen ist? Könnte es nicht sein, dass sie noch im Hafen liegt?« Gwyneira schob den Brief scheinbar achtlos in eine Tasche ihres Reitkleides. »Manchmal verzögert sich doch das Auslaufen ...«
    Hanson zuckte die Schultern. »Ich hab’s nicht überprüft. Aber wenn, liegt sie eh nicht am Kai, sondern ankert irgendwo in der Bucht. Da kommen Sie nicht mehr hin, höchstens mit ’nem Ruderboot ...«
    Gwyneira stand auf. »Ich schaue es mir auf jeden Fall noch mal an, Officer, man weiß ja nie. Vorerst jedenfalls vielen Dank. Auch für ... Mr. McKenzie. Ich glaube, er weiß genau, was Sie für ihn getan haben.«
    Gwyneira hatte das Büro verlassen, bevor Hanson noch reagieren konnte.

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