Im Land Der Weissen Wolke
Gwyneira würde Hand in Hand mit ihrem Gatten arbeiten. Sie konnte beim Eintreiben der Schafe helfen und einen Garten anlegen, in dem richtiges Gemüse wuchs statt langweiliger Rosen. Sie sah sich schon schwitzend hinter einem Pflug gehen, den ein starker Cob-Hengst über gerade erst urbar gemachtes Land zog.
Und Lucas ... nun, der war zumindest jung und angeblich gut aussehend. Viel mehr konnte sie kaum verlangen. Auch bei einer Verheiratung in England hätte Liebe schließlich kaum eine Rolle gespielt.
»Was hältst du von Neuseeland?«, fragte sie ihre Hündin und kitzelte deren Bauch. Cleo sah sie verzückt an und schenkte ihr ein Collie-Lächeln.
Gwyneira lächelte zurück.
»Na, also! Einstimmig angenommen!«, kicherte sie. »Das heißt ... Igraine müssen wir noch fragen. Aber wetten, dass sie Ja sagt, wenn ich ihr von dem Hengst erzähle?«
Die Auswahl von Gwyneiras Aussteuer gestaltete sich zu einem langen, zähen Ringen zwischen dem Mädchen und Lady Silkham. Nachdem die Lady sich von ihren zahlreichen Ohnmachtsanfällen nach Gwyneiras Entscheidung erholt hatte, machte sie sich mit dem üblichen Eifer an die Vorbereitung der Hochzeit. Wobei sie natürlich endlos und wortreich bedauerte, dass dieses Ereignis diesmal nicht auf Silkham Manor stattfinden konnte, sondern irgendwo »in der Wildnis«. Immerhin trafen Gerald Wardens lebhafte Beschreibungen seines Herrenhauses in den Canterbury Plains bei ihr auf deutlich mehr Beifall als bei ihrer Tochter. Außerdem trug es zu ihrer Erleichterung bei, dass Gerald an allen Fragen der Aussteuer lebhaft Anteil nahm.
»Selbstverständlich braucht Ihre Tochter ein prächtiges Hochzeitskleid!«, erklärte er zum Beispiel, nachdem Gwyneira den Traum aus weißen Rüschen und meterlanger Schleppe gerade mit den Worten abgelehnt hatte, sie würde sicher zur Trauung reiten müssen, und da störe dieser Staat doch nur.
»Wir werden die Feier entweder in der Kirche in Christchurch zelebrieren, oder, was mir persönlich lieber wäre, im Rahmen einer häuslichen Zeremonie auf meiner Farm. In ersterem Fall wäre die Trauung als solche natürlich festlicher, für den anschließenden Empfang aber würden angemessene Räume und geschultes Personal nur schwer anzumieten sein. Insofern hoffe ich, Reverend Baldwin zu einem Besuch auf Kiward Station überreden zu können. Da kann ich die Gäste in einem stilvolleren Rahmen bewirten. Illustre Gäste, versteht sich. Der Generalleutnant wird zugegen sein, führende Vertreter der Krone, der Kaufmannschaft ... die gesamte bessere Gesellschaft von Canterbury. Gwyneiras Kleid kann deshalb gar nicht kostbar genug sein. Du wirst wunderschön aussehen, mein Kind!«
Gerald klopfte Gwyneira leicht auf die Schulter und verzog sich dann, um mit Lord Silkham die Verschickung der Pferde und Schafe zu besprechen. Die beiden Männer hatten sich gleichermaßen zufrieden darauf geeinigt, das verhängnisvolle Kartenspiel nie wieder zu erwähnen. Lord Silkham sandte die Schafherde und die Hunde als Gwyneiras Mitgift nach Übersee, während Lady Silkham die Verlobung mit Lucas Warden als äußerst passende Verbindung mit einer der ältesten Familien Neuseelands darstellte. Und das stimmte tatsächlich: Die Eltern von Lucas’ Mutter hatten zu den allerersten Siedlern auf der Südinsel gehört. Falls in den Salons trotzdem darüber getuschelt wurde, kam es der Lady und ihren Töchtern zumindest nicht zu Ohren.
Gwyneira wäre es auch egal gewesen. Die schleppte sich ohnehin nur lustlos zu den vielen Teegesellschaften, in denen ihre angeblichen »Freundinnen« ihre Auswanderung doppelzüngig als »aufregend« bejubelten, um dann von ihren eigenen künftigen Gatten in Powys oder gar in der Stadt zu schwärmen. Stand einmal kein Besuch an, beharrte Gwyns Mutter darauf, dass sie Stoffproben begutachtete und anschließend stundenlang Modell für die Schneiderinnen stand. Lady Silkham ließ ihr Festund Nachmittagskleider anmessen, sorgte sich um elegante Reisekleidung und konnte kaum glauben, dass Gwyneira in den ersten Monaten in Neuseeland eher leichte Sommersachen benötigen würde als Winterkleidung. Doch auf der anderen Seite der Erdkugel, wurde Gerald nicht müde ihr zu versichern, waren die Jahreszeiten nun einmal vertauscht.
Ansonsten musste er immer wieder vermitteln, wenn der Streit »weiteres Nachmittagskleid oder drittes Reitkleid« erneut eskalierte.
»Es kann doch nicht sein«, erregte sich Gwyneira, »dass ich in Neuseeland von einer
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