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Im Land Der Weissen Wolke

Im Land Der Weissen Wolke

Titel: Im Land Der Weissen Wolke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Gwyneira.
    Lucas zeigte sich begeistert über ihre Bildung. »Es sind allerdings keine Steine, sondern Drachenzähne, die Jason in der griechischen Mythologie in die Erde einbringt«, verbesserte er sie. »Und die daraus erwachsende Armee aus Eisen erhebt sich gegen ihn. Ach, es ist wundervoll, sich mit klassisch gebildeten Menschen auf dem gleichen Niveau austauschen zu können, finden Sie nicht auch?«
    Gwyneira hatte eigentlich eher an die Steinkreise gedacht, die sich in ihrer Heimat fanden und zu denen ihre Kinderfrau ihr einst abenteuerliche Geschichten erzählt hatte. Wenn sie sich recht erinnerte, hatten Priesterinnen hier römische Soldaten gebannt oder so etwas. Aber diese Geschichte war Lucas sicher nicht klassisch genug.
    Zwischen den Steinen weideten die ersten Schafe aus Geralds Bestand – Mutterschafe, die kürzlich abgelammt hatten. Gwyneira war hingerissen von den durchweg sehr schönen Lämmern. Gerald hatte allerdings Recht: Ein Schuss Welsh-Mountain-Blut würde die Wollqualität noch verbessern.
    Lucas runzelte die Stirn, als Gwyn erklärte, die Schafe doch gleich jetzt von einem der Widder aus Wales decken zu lassen.
    »Ist es in England für junge Ladys üblich, sich so ... so unverblümt ... über Geschlechtliches zu äußern?«, fragte er vorsichtig.
    »Wie soll ich es denn sonst ausdrücken?« Gwyneira hatte Schicklichkeit und Schafzucht eigentlich nie miteinander in Verbindung gebracht. Sie hatte zwar keine Ahnung, wie eine Frau an Babys kam, doch beim Decken von Schafen hatte sie mehr als einmal zugesehen, ohne dass jemand ein Wort darüber verlor.
    Lucas errötete leicht. »Nun, dieser ... äh, gesamte Bereich ist doch wohl kein Gesprächsthema für Damen?«
    Gwyneira zuckte die Schultern. »Meine Schwester Larissa züchtet Highland-Terrier, meine andere Schwester Rosen. Die reden den ganzen Tag darüber. Wo ist der Unterschied zu Schafen?«
    »Gwyneira!« Lucas wurde puterrot. »Ach, lassen wir einfach dieses Thema. Es ist weiß Gott nicht schicklich, gerade in unserer besonderen Situation! Betrachten wir lieber noch ein wenig das Spiel der Lämmer. Sind sie nicht allerliebst?«
    Gwyneira hatte sie eigentlich mehr unter dem Gesichtspunkt des Wollertrags beurteilt, aber wie alle neugeborenen Lämmer waren sie zweifellos niedlich. Sie stimmte Lucas zu und erhob auch keine Einwände, als er gleich darauf anregte, den Ritt nun langsam zu beenden.
    »Ich denke, Sie haben genug gesehen, um sich jetzt allein auf Kiward Station zurechtzufinden«, meinte er, als er Gwyneira vor den Ställen vom Pferd half – eine Bemerkung, die sie mit all seinen Schrullen versöhnte. Offensichtlich hatte Lucas nichts dagegen, wenn seine Verlobte allein ausritt! Zumindest hatte er das Thema »Anstandsdame« nicht angesprochen – sei es, weil er dieses Kapitel im Benimmbuch überschlagen hatte oder weil er sich einfach nicht vorstellen konnte, dass ein Mädchen den Wunsch haben könnte, allein zu reiten.
    Gwyneira nutzte ihre Chance jedenfalls sofort. Kaum dass Lucas sich abgewandt hatte, sprach sie den älteren Viehtreiber an, der ihre Pferde in Empfang nahm. »Mr. McAran, morgen früh möchte ich allein reiten. Machen Sie mir doch bitte für zehn Uhr den neuen Hengst fertig – mit Mr. Geralds Sattel!«

    Helens Hochzeit mit Howard O’Keefe gestaltete sich nicht ganz so unprätentiös, wie die junge Frau zunächst gefürchtet hatte. Um die Trauung nicht vor einer gänzlich leeren Kirche zelebrieren zu müssen, legte Reverend Baldwin sie mit dem Sonntagsgottesdienst zusammen, und so war es letztlich doch eine ziemlich lange Reihe von Gratulanten, die vor Helen und Howard aufmarschierten. Mr. und Mrs. McLaren hatten das ihre getan, um die Messe festlich zu gestalten, und Mrs. Godewind steuerte die Blumen zum Schmuck der Kirche bei, die sie selbst und Elizabeth zu prachtvollen Gestecken banden. Mr. und Mrs. McLaren statteten Rosemary mit einem rosa Sonntagskleidchen aus, in dem das Kind Blumen streute und dabei selbst wie eine kleine Rosenknospe wirkte. Mr. McLaren übernahm die Aufgabe des Brautführers, und Elizabeth und Belinda Baldwin folgten Helen als Brautjungfern. Helen hatte gehofft, anlässlich der Sonntagsmesse auch die anderen Mädchen wiederzusehen, doch keine der weiter entfernt lebenden Familien erschien zum Gottesdienst. Auch Lauries Dienstherren ließen sich nicht blicken. Helen war beunruhigt, wollte sich dadurch aber nicht den großen Tag verderben lassen. Sie hatte sich nun mit der

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