Im Land des Eukalyptusbaums Roman
übernommen.«
Schlagartig wurde es still, die Gesichter der Männer drückten ungläubiges Staunen aus. Der Mann, der an der Theke geschlafen hatte, rutschte von seinem Hocker und ging mit unsicheren Schritten auf Nola zu.
»Sie können ... Sie sind doch nicht ...« Er klappte den Mund auf und zu und zeigte mit dem Finger auf sie.
»Wovon redet er, Tierman?« erkundigte sich Nola verwirrt. »Was kann ich nicht sein?«
Tierman zuckte die Achseln.
Kurz bevor der Mann sie erreichte, brach er zusammen. Nola betrachtete ihn mitfühlend. »Ohnmächtig geworden?«
»Der ist sternhagelvoll«, kommentierte jemand.
Angewidert wandte Nola sich ab.
Esther beugte sich über die Holztheke und spähte hinunter. Dann nickte sie Nola zu. »Ich hab’ dich gar nicht nach deinem Namen gefragt, Kleines.«
Nola fand es zwar etwas unpassend, einander gerade jetzt vorzustellen, aber sie antwortete höflich: »Nola Grayson.«
Esthers Augen blitzten schelmisch. »Nola, ohne ›n‹ am Ende?« wollte sie wissen.
»Stimmt haargenau.«
Esthers kantige Gesichtszüge verwandelten sich zu einem breiten Grinsen. »Dann hab ich das Zimmer wohl für dich reserviert! – Miss Nola Grayson«, verkündete sie förmlich, »darf ich dir Hank Bradly vorstellen?« Sie deutete auf den Mann, der reglos am Boden lag. »Hank ist von Reinhart herübergekommen, um dich abzuholen. Er wartet schon seit gestern früh hier. Wahrscheinlich bist du nicht ganz das, womit er rechnet ...«
Die Männer ringsum, einschließlich Tierman, brachen in schallendes Gelächter aus.
Nola starrte den Bewußtlosen an. »Könnte ich ein großes Glas Wasser haben, Esther?«
Esther grinste noch immer und ahnte nicht, was Nola vorhatte, als sie ein Glas einschenkte und ihr reichte.
Nola blieb stehen und goß es Hank übers Gesicht. Wieder wurde alles still. Offenbar hatte sie keine Ahnung, wie kostbar Wasser hier draußen war, aber keiner der Zuschauer wollte sie jetzt darauf aufmerksam machen.
Prustend und spuckend fuhr Hank plötzlich hoch. Er rieb sich das Gesicht und blinzelte die hochgewachsene Frau vor ihm an.
»Es wäre besser, wenn Sie von jetzt an nüchtern blieben, Hank Bradly«, erklärte Nola. »Morgen haben wir eine weite Reise vor uns!«
2
N olas Tür stand offen, als Hank Bradly den Flur betrat. Sie wandte ihm den Rücken zu und war vollauf damit beschäftigt, die kleinere Reisetasche zu verschließen. Ihr übriges Gepäck stand schon zum Abtransport am Eingang bereit. Nach einer Weile räusperte sich Hank, um auf sich aufmerksam zu machen. Nola fuhr herum. Hank drehte nervös den Hut in der Hand. Sein Haar war feucht und ein wenig geglättet, und er war frisch rasiert. Jetzt wirkte er ein wenig stattlicher und weitaus jünger als gestern abend.
»Morgen«, brummelte er und schlug die Augen nieder.
»Guten Morgen, Mr. Bradley. Ich hoffe, sie fühlen sich wohl? Auf jeden Fall sehen Sie wieder einigermaßen gesund aus!«
Er zuckte sichtlich zusammen und wippte auf den Fersen. »Es ist angeschirrt. Wir sollten besser losfahren. Sieht aus, als würde ein Blowie aufziehen ...«
»Blowie? Ist das so eine Art ... Sturm?«
Doch Hank hatte bereits ihre Sachen genommen und weggetragen, so daß er ihre Frage nicht mehr hörte.
Mit ihrem Handgepäck folgte sie ihm nach draußen.
Als Nola die Verandatür öffnete, sah sie Esther und Tiermann dort stehen, die in gespannter Erwartung diesich türmenden Wolken beobachteten. Ein Mann, der nach Ziegen roch und sich offenbar seit Wochen nicht mehr gewaschen hatte, trat beiseite, als Nola vorüberkam, und nahm selbstgefällig den Hut ab. Seine Wangen waren mit einem schmutziggrauen Dreitagebart bedeckt, die sonnengebräunte Haut glitzerte vor Schweiß.
»Morgen«, nickte er.
»Guten Morgen«, grüßte Nola und hütete sich, ihn mit dem sauberen Kleid zu streifen. »Sieht nach Regen aus, wie?«
Der Mann machte große Augen. »Kein bißchen!« erwiderte er stirnrunzelnd.
»Aber der Himmel?« wunderte sie sich. »So düster, als käme ein Unwetter.«
Er schüttelte den Kopf und lachte. »Sie sind neu im Gulf Country, wie? Das gibt höchstens einen Blowie, einen Staubwirbel vielleicht, mehr nicht!«
Ein Blowie war also ein Staubwirbel, dachte Nola. Wieso sprachen sie nicht einfach aus, was sie meinten? Offenbar stand windiges Wetter ins Haus.
Nola trat auf Esther und Tierman zu. Ein paar Schritte weiter stand die Kutsche zur Rückfahrt nach Winton bereit. Hank machte sich an seinem Zweispänner zu schaffen; auf
Weitere Kostenlose Bücher