Im Land des Eukalyptusbaums Roman
daher extrem auf. Nola hätte zwar die Zimmertür offenlassen können, aber dann hätte sie den Toilettengeruch in Kauf nehmen müssen.
Nachdem sie sich die Knoten aus dem Haar gebürstet und es ordentlich aufgesteckt hatte, war sie gereizt und schweißgebadet. Sie setzte sich auf das Bett, dessen eisernes Gestell unter dieser Last ächzte. Um sich Gesicht und Hände zu waschen, goß sie etwas Wasser aus dem Krug in eine neben dem Bett bereitgestellte Schüssel. Die Flüssigkeit war schmuddelig-braun und hatte am Boden des Krugs schon einen Rand hinterlassen. Seufzend musterte Nola das winzige Seifenstück in derstaubigen Schale. Aus der Kneipe drang Gelächter zu ihr herüber, und sie beschloß, Tierman Gesellschaft zu leisten.
Als Nola die Bar betrat, verstummten die Gespräche schlagartig. Fünf Männer, darunter Tierman, saßen auf Hockern an der Theke; ein sechster am Ende des Tresens schien zu schlafen. Esther schenkte Bier aus und sah nicht, wie Nola auf einen Hocker neben Tierman glitt.
Als Esther erstaunt aufschaute, weil es so still geworden war, reagierte sie bestürzt. »Verzeihung, Kleines«, erklärte sie, »aber Frauen dürfen hier nicht herein!«
Jetzt lag die Überraschung bei Nola. Sie wandte sich zu den anderen Gästen um, doch die Männer starrten sie befremdet an. Nola sah Esther erstaunt an: »Aber Sie sind doch selbst eine Frau!«
Die Männer feixten einander zu, woraufhin Esther sie mit einem vernichtenden Blick bedachte, bevor sie geduldig lächelnd Antwort gab. »Das schon, aber ich bediene schließlich hier. Außer mir sind keine Frauen in der Kneipe zugelassen.«
»Warum nicht?«
Esther überlegte einen Augenblick. »Tja, im Grunde weiß ich das auch nicht. So ist das eben!«
»Wer sagt das?« erkundigte sich Nola hartnäckig.
Esther sah nach den Männern. Zwei zuckten die Achseln, einer wirkte betreten. Tierman grinste amüsiert. »Tja, Esther. Wer sagt denn, daß es so sein muß?«
»Ich nehme an, das ist gesetzlich vorgeschrieben«, erwiderte sie verunsichert. Offenbar hatte noch niemand gewagt, die Regelung in Frage zu stellen.
»Gibt es ein Polizeirevier in der Stadt?« fragte Nola überflüssigerweise – sie wußte genau, daß es keins gab.
»Keine Polizei in hundertfünfzig Kilometern Umkreis«, stammelte einer der Männer wahrheitsgetreu. Die anderen runzelten die Stirn, und er ließ den Kopf hängen.
»Dann hab’ ich ja nichts zu befürchten, es wird mich also keiner verhaften«, lächelte Nola honigsüß.
Esther verstand, worauf Nola hinauswollte, und lachte. »Wahrscheinlich nicht.«
»Da die Kneipe Ihnen gehört, Esther«, gab Nola zu bedenken, »können Sie bestimmt selbst entscheiden, ob Frauen an der Theke bedient werden oder nicht. Und wenn sowieso nur wenige Frauen hierher kommen, können sie schwerlich einen Extra-Schankraum beanspruchen, nicht wahr? Das Gesetz scheint also nicht sehr sinnvoll.«
Esther wandte sich an die anderen Gäste. »Hat einer von euch was dagegen?«
Die Männer dachten angestrengt nach, sie zögerten. Wenn sie sich jetzt einverstanden erklärten, würden sich andere Frauen auf dasselbe Recht berufen. Daß seit über einem Jahr, von Esther abgesehen, keine Frau mehr das Julia-Creek-Hotel betreten hatte, bedachten sie nicht.
»Ich gebe eine Runde aus«, verkündete Nola und öffnete die Geldbörse. Diese wenigen Worte änderten die Stimmung zu Nolas Gunsten. Die Männer nickten zustimmend.
»Und was trinkst du, Kleines? Noch ein Bier?« fragte Esther.
»Bier wäre jetzt genau das Richtige.«
Überrascht und einigermaßen beeindruckt, daß Nola Bier wählte, benahmen sich die Männer nun ausgesprochen freundlich. Sogar der Schlafende am anderen Ende der Theke hob den Kopf, als der Ausdruck ›Runde ausgeben‹ fiel, und schob sein Glas nach vorn.
»Und wo soll es hingehen, kleine Mau ... äh, Miss?« fragte ein hünenhafter Mann, der neben Tierman stand und nach Vieh und Staub roch. Sein sonnengebleichter, schweißrandiger Hut lag auf der Theke. Nola hatte ihn schon neugierig beäugt, wegen der großen Scharten im Rand und der farbenprächtigen Federn, die im Hutband steckten.
Das Gespräch ringsum verebbte wieder, und Nola spürte, wie alle Augen auf ihr ruhten. Sie erinnerte sich, wie Tierman erzählt hatte, daß draußen im Busch jeder über den anderen Bescheid wußte, und jetzt begriff sie auch, weshalb. »Auf die Reinhart-Farm«, antwortete sie und beobachtete die Reaktion der Männer. »Ich habe eine Lehrerstelle dort
Weitere Kostenlose Bücher