Im Land des Eukalyptusbaums Roman
ließ er mich aufsitzen. Und wie ihr wißt, hat er sich auf dem Heimweg brav benommen. Vielleicht fühlt er sich verantwortlich für mich, jetzt, wo er mein Leben gerettet hat.«
»Wollen Sie noch immer in die Stadt?« fragte Hank, denn ihre Hand zitterte noch immer.
Nola nickte. »Ich mache mich nur ein bißchen sauber, dann können wir losreiten.«
»Ich sattle ein anderes Pferd für Sie. Wir haben eine ganz ruhige Stute.«
»Das wird nicht nötig sein, Hank.«
»Sie wollen doch nicht wirklich mit diesem Biest in die Stadt reiten?«
»Natürlich will ich. Ich habe absolutes Vertrauen zu Wirangi.«
Hank schüttelte den Kopf. »Aber er ist ein Viehpferd, kein Ackergaul, und ich traue ihm nicht über den Weg. Wirangi ist das Aborigines-Wort für verrückt, nicht wahr, Heath?«
Heath wurde puterrot. »Verrückt ... begeistert, irgendwas in der Art.«
Nola lächelte still für sich.
»Jimmy zieht ihn am Ohr, wenn er den Eindruck hat, daß Wirangi gleich mit ihm durchgeht.«
»Und das hilft?«
»Fast jedesmal!«
Hank mußte plötzlich lachen. »Jimmy wird wütend sein, wenn er davon hört. Er behauptet nämlich, er sei der einzige, der Wirangi reiten kann, und das Pferd haßt ihn. Er mußte schon weiß der Himmel wie oft zu Fuß zum Anwesen zurückkommen.«
Nola grinste und streichelte Wirangi über die Nase. »So schlimm ist er doch gar nicht.«
»Er kann störrisch sein wie ein Maultier und ist das unberechenbarste Tier, das je den Ehrentitel ›Viehpferd‹ tragen durfte!«
Als wenn er Hank Lügen strafen wollte, beschnupperte Wirangi Nola liebevoll.
Hank kratzte sich den Kopf.
»Vielleicht kann ich Ihnen beibringen, wie man Rinder einfängt?« schlug Heath vor.
Nola war überrascht und gleichzeitig hocherfreut. »Ist das ein ernstgemeintes Angebot? Ich wäre begeistert, wenn ich lernen könnte, bei den Herden mitzuhelfen.«
»Sicher«, nickte er zum Abschied und machte sich auf den Weg zur Hütte.
Als Nola und Hank zum Short Horn River kamen, war sie schockiert. Das Wasser war verschwunden, zurückgeblieben war ein ausgetrocknetes, von Rissen und Furchen durchzogenes Flußbett. An einzelnen Stellen lagen in Schlammlöchern verendete Rinder. Nola hörte die Buschfliegen, die in großen Schwärmen über den toten Leibern summten; auch Aasvögel machten sich bereits über die verwesenden Körper her.
Ausgebleichte Rinderskelette, dürres Gebüsch und die staubige Ebene erinnerten schmerzlich daran, wie wichtig Wasser für das Überleben von Mensch und Tier war.
»Wenn die Rinderzüchter Wasser fänden, wären eine Menge Probleme gelöst, nicht wahr, Hank?«
»Auf jeden Fall. Die Trockenheit nagt an Leib und Seele.« Als er fortfuhr, entsann sich Nola dessen, was Galen gesagt hatte, über den Pioniergeist, der in dieser Wildnis zugrunde geht. Jetzt konnte sie das nachempfinden.
»Man kann sich das kaum vorstellen«, erklärte Hank, »aber wenn es regnet, erwacht das ganze Land zu neuem Leben. Alles wird grün, und im Handumdrehen vergißtman all das Leid, das die Dürre mit sich bringt. Zeiten wie diese sind das Schlimmste, was ein Mann auf dem Land durchmachen muß.«
»Hat denn noch niemand nach unterirdischem Wasser gesucht?«
»Unterirdisch! Sie meinen, nach Quellen gebohrt?«
»Nein, artesische Brunnen. Ich habe gelesen, daß es fast überall in Australien Grundwasser gibt.«
»Wenn Sie wissen, wie welches zu finden ist, sagen Sie’s gleich!«
»Ich nicht. Aber es muß doch jemanden geben, der das weiß?«
»Es gab einen alten Scharlatan, der sich als Wünschelrutengänger betätigte, aber bei seinem Hokuspokus ist nie etwas herausgekommen. Diese Leute sind verhaßt bei Farmern, die unter der Dürre leiden.«
Nola staunte. »Aber wieso?«
»Die meisten sind doch nur hinter dem Geld her.«
»Aber einige werden doch bestimmt Talent dazu haben.«
»Kann schon sein. Bloß pfuschen ihnen die Scharlatane ins Handwerk, und dann geben die Landeigentümer niemandem mehr die Gelegenheit, sein Glück zu versuchen.«
Nola beschloß, das Thema erst einmal nicht weiterzuverfolgen, bevor sie nicht mehr darüber in Erfahrung gebracht hatte.
Die Stadt war nicht mehr weit, als Nola ein Geständnis ablegte. »Hank, gestern habe ich zufällig mitbekommen, wie Galen über die Reinhart-Farm redete. Daß er das Vieh verkaufen müßte, um sie zu retten. Steht es wirklich so schlimm?«
»Leider ja. Mr. Reinhart hat ihm mitgeteilt, daß jemand versucht hat, ihn aufzukaufen.«
»Wer? Und was in aller
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