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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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kleinen, feuchten Augen an.
    «Ich verspreche es dir.» Mehr konnte ich nicht sagen, denn meine Kehle war wie zugeschnürt.
    «Ich glaube nicht», fuhr Ameni leise fort, «dass ich jemals wieder einen Freund wie dich finden würde. Sei also vorsichtig!»
    Am liebsten hätte ich losgeheult wie ein kleiner Junge. Denn jetzt wurde mir bewusst, dass ich erstmals für längere Zeit meinen Freund verließ und dass er nicht mehr seine schützende Hand über mich halten konnte.
    Anschließend verabschiedete ich mich von Teje, meinem Vater und meiner Mutter. Sie und Amenophis begleiteten uns durch den Saal hindurch in den großen Hof, wo der ganze Tross auf den Abmarsch wartete. Für Fürst Imresch, Acha, Cheruef und mich standen Streitwagen bereit. All unser Gepäck, die Geschenke für unsere Gastgeber sowie der Proviant für Mensch und Tier waren auf zwanzig Maultiere verteilt, die von zehn Soldaten geführt wurden. Fünf weitere Streitwagen mit je zwei voll bewaffneten Gardesoldaten bildeten unseren Begleitschutz. Mit hoch erhobener Hand grüßte ich ein letztes Mal zurück, während sich unser Zug langsam durch den mächtigen Torturm nach draußen bewegte.

SIEBEN
    Einzig ist die Geliebte, die nicht ihresgleichen hat,
    die Schönste von allen.
     
    E s vergingen viele anstrengende Wochen, ehe wir den Euphrat erreichten. Wir überquerten Flüsse ohne Zahl, zogen durch unheimliche Schluchten und kreuzten unzählige Straßen und Wege. Wir sahen Städte und Dörfer, ihren Reichtum ebenso wie ihr Elend. Ich begegnete fremden Menschen von unterschiedlichstem Aussehen und sah Tiere, von welchen ich bislang nicht gewusst hatte, dass es sie überhaupt gab. Ich hörte die verschiedensten Sprachen, verstand aber kein Wort. Ich erlitt Hitze, Kälte und Regenfälle, und zum ersten Mal sah ich die weißen Spitzen von Bergen. Man sagte mir, das sei Schnee.
    Gleich wo wir hinkamen, überall begegnete man uns mit großer Freundlichkeit, man war geradezu stolz darauf, Abgesandte des Herrschers der Beiden Länder bei sich beherbergen zu dürfen. Viele Bitten und Wünsche richtete man an mich, manch üblen Zustand, manche Ungerechtigkeit sah ich mit eigenen Augen.
    Nachdem wir das Hoheitsgebiet König Kurigalzus erreicht hatten, nahm uns eine Eskorte babylonischer Soldaten inEmpfang. Nun standen wir unter der Obhut Fürst Imreschs, der uns sicher nach Babylon geleitete. Am Abend vor unserer Ankunft schickte Fürst Imresch vier Soldaten in die Stadt, um unser Kommen zu melden. Ein letztes Mal schlugen wir am Euphrat unsere Zelte auf.
    Wir hatten es uns während der Reise zur Angewohnheit gemacht, dass jeden Abend ein anderer von uns eine Geschichte erzählte. An diesem Abend war ich wieder an der Reihe. Eingedenk meiner eigenen Lage als ein Fremder in einem unbekannten Land, erzählte ich die uralte Geschichte aus der Zeit Pharao Sesostris’ von der Flucht und der Heimkehr des Sinuhe. Ich hatte allerdings nicht die Absicht, wie Sinuhe bis zum hohen Alter in Asien zu leben, und geflohen war ich schließlich auch nicht. Aber alle hörten mir mit größter Aufmerksamkeit zu.
    Am anderen Morgen lag dichter Nebel über dem Land, man konnte keine fünfzig Ellen weit sehen. Fürst Imresch und seinen Soldaten war der Weg natürlich bekannt, und so erreichten wir langsam unser Ziel. Je näher wir der Stadt kamen, umso dichter lagen die Obstgärten und die Gemüsefelder beisammen. Schnurgerade Kanäle liefen vom Euphrat weg, um Felder und Gartenanlagen zu bewässern. Die Babylonier bedienten sich dabei anderer Geräte als wir. Über einer kräftigen Baumgabel, die senkrecht im Boden stand, lag ein langer gekrümmter Ast, an dessen einem Ende an einem Seil ein Schöpfeimer hing, während am anderen Ende in einem Korbgeflecht ein Stein als Gegengewicht befestigt war. Mit diesem Scharduf, so nannten die Babylonier ihre Vorrichtung, schöpften sie Wasser aus den Kanälen und Brunnen und konnten es ohne großen Kraftaufwand weiterleiten. Diese Geräte schienen mir sehr nützlich, und ich prägte mir die Konstruktion gut ein.
    Im Laufe des Vormittags löste sich der Nebel auf, und plötzlich standen wir, für mich völlig unerwartet, vor den gewaltigenMauern Babylons. Anders als bei uns war diese Stadt vollständig von Festungsmauern umgeben, nur die Spitze eines pyramidenartigen Tempels ragte darüber hinaus. Die Straße, auf welcher wir uns der Stadt näherten, war mehr als vierzig Ellen breit. Sie war vollständig mit Steinplatten belegt, und im Abstand

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