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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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bist. Verwende es so, wie du es für richtig hältst. Merire hat es in verschiedene Gepäckstücke verstecken und einnähen lassen, und nur du wirst die Verstecke kennen. Du bekommst von mir auch zwei Siegelringe. Den einen steckst du dir an, den anderen lasse ebenfalls irgendwo in deinen Sachen als Ersatz verschwinden. Wir werden uns regelmäßig Briefe schreiben. Um letzte Gewissheit zu haben, dass die Briefe auch wirklich von dir und von mir sind, werden wir in jeden Brief einen bestimmten Satz einfügen. Du kennst doch noch das Gedicht ‹Sieben Tage›, oder?»
    «Ja sicher, es ist eines meiner Lieblingsgedichte», erwiderte ich.
    «Um ganz sicher zu gehen, dass wir beide das gleiche Gedicht meinen, sagen wir es jetzt zusammen auf:
     
    Sieben Tage sah ich die Geliebte nicht,
    und Krankheit befiel mich.
    Meine Glieder wurden schwer,
    ich verlor sogar das Bewusstsein.
     
    Kommen die Ärzte zu mir,
    bin ich mit ihren Rezepten nicht zufrieden;
    die gelehrten Doktoren finden keinen Ausweg,
    mein Leiden wird nicht erkannt.
     
    Doch wer mir sagt: «Schau, sie ist da!», der belebt mich.
    Ihr Name ist das, was mich aufrichtet;
    das Kommen und Gehen ihrer Boten ist es,
    was mein Herz lebendig macht.
     
    Besser als alle Mittel ist mir die Geliebte,
    mehr ist sie für mich als alle Rezepte.
    Ihr Eintritt von draußen ist mein Amulett,
    wenn ich sie sehe, bin ich gesund.
     
    Macht sie die Augen auf, dann verjüngt sich mein Leib;
    spricht sie, so werde ich mutig,
    und wenn ich sie umarme, verjagt sie alles Übel –
    Aber sie ging von mir vor sieben Tagen!»
     
    Wir lachten beide herzhaft und prosteten uns zu.
    «Auf deinen Ka, Eje!»
    «Auf deinen Ka, Ameni!»
    Dann erklärte Nimuria weiter: «Du wirst den ersten Brief schreiben und die erste Zeile des Gedichtes an irgendeiner Stelle des Briefes verstecken. In deinem zweiten Brief wirst du die zweite Zeile verstecken, dann die dritte. Wenn ich dir antworte, verfahre ich ebenso, beginne aber mit der letzten Zeile des Gedichtes. Sollte ich von dir zwei Briefe in Folge ohne eine Zeile des Gedichtes erhalten, komme ich mit der gesamten Division des Ptah nach Babylon! Das meine ich ernst, also halte dich daran.»
    «Und wenn wir mit dem Gedicht einmal durch sind?», wollte ich weiter wissen.
    Amenophis lachte und sagte: «Mein Freund, so lange Zeit wirst du nicht in Babylon verbringen! Sollte es dennoch geschehen, dann fangen wir mit unserem Gedicht einfach wieder von vorne an.»
    «Ich habe noch eine Bitte an dich, Ameni. Verschaffe meiner Dienerin Rena während meiner Abwesenheit unauffällig eine andere Arbeitsstelle. Sollte ich tatsächlich mit Perisade zurückkehren, könnte sie nicht länger bei mir bleiben, so leid es mir um sie auch tut.»
    Amenophis versprach mir, sich darum zu kümmern.
    Danach verabschiedeten wir uns voneinander und zogen uns zurück.
    Mit einem bangen Gefühl kehrte ich in meine Zimmer zurück. Ich setzte mich in mein Fenster, umklammerte mit den Armen die angezogenen Beine und starrte ohne Gedanken in die sternklare Nacht.
    «Du wirst mir sehr fehlen», flüsterte mir Rena ins Ohr. Ich legte meinen linken Arm um ihre Hüfte, drückte meinen Kopf an ihre Brust, schwieg und hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen. Lange verharrten wir still an meinem Fenster, ehe sie mich sachte, und ohne Widerstand verspüren zu müssen, in mein Bett zog.
     
    Für unsere offizielle Verabschiedung am frühen Morgen wurde eine große Audienz einberufen. Im Hof, vor der großen Halle, stellte sich der gesamte Tross auf. Vor allen Großen und Mächtigen des Landes betrat unsere kleine Delegation den Thronsaal. Langsam schritten wir vor die Throne Nimurias und Tejes und warfen uns davor nieder. Auf Geheiß Pharaos erhoben wir uns wieder, und Amenophis erklärte der Versammlung den Zweck unserer Reise, bevor er mit den Worten schloss:
    «Dem Einzigen Freund Meiner Majestät, Eje, und seinen Begleitern wünsche ich eine glückliche und erfolgreiche Reise und eine gesunde Heimkehr vor den Thron der Beiden Länder. Euch, Fürst Imresch, bitte ich, meinem Bruder, dem geliebten König Kurigalzu, die Grüße Meiner Majestät zu überbringen. Die Götter unseres Landes und die Götter Babylonsmögen Euch beschützen! So werde es geschrieben, und so geschehe es!»
    Dann erhob sich Ameni von seinem Thron, kam auf mich zu, umarmte mich und drückte mich fest an sich.
    «Finde in Babylon dein Glück und kehre gesund wieder, mein Freund», flüsterte er und sah mich mit

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