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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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und nannte auch schon die ersten Namen von Frauen. Da gab es die Tochter des Bürgermeisters von Achmim, die Schwester meines Freundes Acha und die erst achtjährige Enkelin des Obersten Priesters des Amun. All das war ungeheuerlich, und manche Nacht lag ich in meinem Bett und weinte. Ich weinte, weil mir Merit fehlte, und ich weinte, weil so viele Menschen in meiner Umgebung dem Tod meiner Frau offenbar so viel Bedeutung beimaßen wie dem Verlust einer Hauskatze.
    «Du kennst sie doch», sagte Ameni. Ich verkroch mich einmal mehr in seinem Palast, und wir saßen auf der Dachterrasse.
    «Die einen meinen es wirklich gut mit dir, die anderen wollen eigentlich nur hören, dass du morgen schon eine andere Frau nimmst, um dann zu erzählen, wie herzlos du bist. Die Menschen sind so, Eje.»
    «Können sie mich nicht einfach in Ruhe lassen? Einfach nur schweigen und mich in Ruhe lassen?»
    «Soll ich einen Befehl erlassen? Nein, Eje. Da hilft dir niemand. Du kannst dich zurückziehen, du kannst dich in Arbeit stürzen. Wenn du willst, kannst du eine Dienstreise ins Fajum unternehmen. Aber sie werden immer etwas auszusetzen haben.»
    Ameni schob eine Dattel in seinen Mund und trank einengroßen Schluck Wein. Zum ersten Mal fiel mir auf, dass er begann, etwas dick zu werden.
    «Benimm dich so unauffällig wie möglich. Mach deine Arbeit, sei regelmäßig zu Hause, und wenn du es nicht aushältst, komm zu mir, besuche Acha oder deine Eltern. Da gehörst du hin. Das Gerede hört schnell auf, glaube mir.»
    Ameni hatte Recht. Am schnellsten vergeht das Mitleid. Und die Neugier schwindet ebenso schnell.
    Amenophis bat mich um einen Gefallen. Er wollte in seinem neuen Palast die größte Sammlung von Büchern und Schriften vereinigen, die es je gab. Er selbst erkundigte sich bei jeder Gelegenheit nach Geschichten aller Art: nach Tiergeschichten, Märchen, Harfner- und Liebesliedern, nach religiösen Texten, den Weisheitslehren und nach medizinischen Schriften. Er ließ Bürgermeister zu sich kommen, Priester und Generäle seiner Armee. Er befragte Seeleute und Ärzte, Ammen und Handwerker. Eine Unmenge von Texten wurde abgeschrieben und die Papyrusrollen in kleine Holzkästchen gelegt. In jedem Kästchen lag eine kleine gebrannte Tontafel, auf welcher der Inhalt des Kästchens genau beschrieben war. So las ich:
    «Der Gute Gott Neb-maat-Re, der Leben gebende, geliebt von Ptah, dem König Beider Länder, und die königliche Gemahlin Teje, die Lebende.»
    Darunter stand der Titel des Buches: «Das Buch von der Sykomore und dem Dattelbaum».
    Die Gründlichkeit, die Genauigkeit, mit welcher unter der Herrschaft Nimurias alles und jeder erfasst wurde, war nicht mehr zu übertreffen.
     
    Amenophis verlieh nicht nur dem Tempel Amuns neuen Glanz, er ließ seinem Vater auch eine neue Barke errichten, damit dessen Überfahrt über den Fluss noch prächtiger wurde. Die Barke, die den Namen «Amun-Userhet» trug, war aus Zedernholz,das von den Fürsten aller fremden Länder aus den Bergen von Retenu an den Nil gebracht wurde. Zur Erinnerung für spätere Generationen ließ Nimuria in eine Stele schreiben:
    «Sie ist sehr groß und breit, dergleichen wurde noch nie geschaffen. Sie ist ausgekleidet mit reinem Silber und enthält einen großen Schrein aus Gold für meinen Vater Amun. Von vollkommener Schönheit ist sie. Die Seelen von Buto bejubeln sie, und die Seelen von Nechen preisen sie, und die göttlichen Sängerinnen singen von ihrer Schönheit. Sie lässt das Wasser erglänzen wie Aton im Himmel bei seiner Überfahrt beim Opetfest, wenn sie zum Westen der Millionen Jahre, zum Westufer von Waset übersetzt.»
    Da war er wieder, dieser unauffällige Gott: Aton, die Sonnenscheibe. In all der zunehmenden Verehrung, die Amun-Re und Re-Harachte zuteil wurde, erschien jetzt immer wieder, ganz unauffällig, Aton. Ich beschloss, mich bei Anen zu erkundigen.
     
    «Es ist auch für uns Priester schwer zu erklären, wann der Sonnenkult an Bedeutung zunahm», sagte Anen mit hochgezogenen Augenbrauen. In seinem Arbeitszimmer roch es nach frischem Obst. Anen lebte nur von Obst und Gemüse, Brot und Wasser. Er verabscheute Bier, Wein und Fleisch.
    «Einen ganz entscheidenden Schritt tat der Vater des Guten Gottes, Osiris Thutmosis Men-chepru-Re. Du musst wissen, dass die Priesterschaft des Amun nach der Vertreibung der Fremdländer vor zweihundert Jahren sehr mächtig wurde. Die Befreiung unseres Landes ging von Waset aus und wurde zu einem großen

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