Im Land des Falkengottes. Amenophis
von drei oder vier der Schönsten von ihnen zu merken. Alle meine Feststellungen, die ich für wichtig hielt, schrieb ich Amenophis, und wöchentlich erhielt auch ich einen Brief von meinem Herrscher.
So verging fast ein halbes Jahr, ehe Nafteta und ich in Merwer eintrafen. Das letzte Stück des Weges führte mich und meine Begleiter in einem dreitägigen Marsch vom Nil durch die Wüste, ehe wir im Westen der Oase die Stadt Merwer erreichten. Der Palast war bei weitem nicht so groß wie diejenigen von Men-nefer und Waset, aber die Landschaft, in der er lag, und die Gärten, die ihn umgaben, waren das Schönste, was mein Auge jemals sah. Mir war, als hätte Isis selbst dieses Wunder geschaffen.
Es gab in der Oase weit ausgedehnte Palmenwälder ebenso wie nahezu undurchdringliches Schilfdickicht, in dem alle Arten von Wasservögeln lebten, Flusspferde und Fische. Vor allem gab es eine unvorstellbare Zahl von Krokodilen, weswegen das Fajum unter dem Schutz Sobeks, des Krokodilgottes, stand. Weite Teile des früher nur aus Sumpf bestehenden Landes wurden von den Pharaonen Sesostris Cheper-ka-Re und Amenemhet Ni-maat-Re trockengelegt und nutzbar gemacht. Die Oase war deswegen eine der fruchtbarsten Gegenden unseres Landes. Es gab aber auch einen sehr bekannten Steinbruch, in welchem von alters her schwarzer Basalt gebrochen wurde. Tausende dieser Platten lagen um die großen Pyramiden und in deren Tempelbezirken. Die Reise vom Nil in die Oase galt deswegen auch als eine der ungefährlichsten im ganzen Land, da ständig Karawanen in beide Richtungen unterwegs waren.
Sobekhotep war ein sehr aufmerksamer Gastgeber. Er sollte mir nahezu jeden Wunsch von den Lippen ablesen, ehe ichihn selbst gedacht und ausgesprochen hatte. Er wusste über mich bestens Bescheid. Er empfing mich am Haupteingang seines Palastes.
«Es ist eine große Ehre für mein Haus, den Einzigen Freund Seiner Majestät begrüßen zu dürfen! Sei mir willkommen, Eje!»
Das Lächeln des fast Siebzigjährigen zeigte erstaunlich gut erhaltene Zähne. Ich wusste um den Ruhm und die Weisheit Sobekhoteps und verneigte mich deswegen tief vor ihm.
Er ergriff meinen Arm. «Es ist gut Eje. Vor einem so alten Mann wie mir musst du dich nicht so tief verbeugen. Ich bin nur ein einfacher Bürgermeister. Und wer bist du? Einer der mächtigsten Männer des Landes, sodass dein Ruhm bis zu mir in die Oase dringt.»
Sein Lächeln war schwer zu deuten. Er sprach mich in der freundschaftlichen Form an, ohne mich vorher jemals gesehen zu haben und obwohl er mich für einen der mächtigsten Männer des Landes hielt. Nur Menschen in seinem Alter und seiner Stellung konnten sich das erlauben.
«Deine Tochter und ihre Amme werden hungrig und müde sein.»
Seine Krokodilaugen starrten auf Nafteta, und wieder zeigte Sobekhotep sein gütiges Lächeln.
«Meine Diener werden deine Tochter und Ti sogleich in den königlichen Palast führen und ihnen die Gemächer zeigen, die ich euch auf Geheiß Nimurias – er lebe, sei heil und gesund – hergerichtet habe. Du selbst willst mich nach einem kurzen Bad sicher erst in den Tempel begleiten. Danach lasse ich dich ebenfalls gleich in den Palast bringen.»
Ich bedankte mich bei ihm, gab Nafteta einen Kuss und folgte Sobekhotep ins Innere seines Hauses. Sein Palast war ganz nach der alten Ordnung errichtet, streng gegliedert und mit wenigen Möbeln ausgestattet. Allerdings schien er eineausgeprägte Vorliebe für Palmen zu haben. Es gab nicht einen Raum, in welchem nicht in einem eigens dafür geschaffenen Beet oder in einem riesigen, tönernen Pflanzkübel eine Palme, gleich welcher Größe, stand.
«Bevorzugst du Wein oder Bier?», fragte er mich knapp. Da ich ihm in meiner Überraschung keine Antwort gab, sagte er zu seinem Diener: «Wein. Bringt ihm Wein und Oliven.»
Sobekhotep führte mich in den Vorraum des Bades, verneigte sich ein wenig und ließ mich wissen: «Ich erwarte dich später in meinem Garten. Und lass dir Zeit. Nichts ist schlimmer, als sich beim Baden nicht Zeit lassen zu können.»
Der Fußboden und alle Wände des Bades waren mit gelben und grünen glasierten Kacheln gefliest. Das Becken selbst war rund, hatte einen Durchmesser von etwa fünf Ellen und war im Boden versenkt. Das Wasser war angenehm heiß. Ein junger Nubier kniete sich neben mich und wusch mir erst die Haare, dann rieb er mir Hals, Arme, Brust und Rücken mit einem Schwamm ab. Anschließend bat er mich in einen Nebenraum, in dessen Mitte
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