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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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an der Legitimität seiner Mutter keinen Zweifel aufkommen zu lassen, sollte Mutemwia nachträglich zur Großen königlichen Gemahlin erhoben werden, was gleichzeitig den Thronanspruch des künftigen Herrschers bekräftigte. Schließlich wurde gemeinsam mit dem Wesir Ptahmose, Königin Iaret und den beiden höchsten Priestern des Ptah über die Thronnamen, die Ameni annehmen würde, beraten. Amenophis Mer-chepesch hieß von nun an: «Neb-maat-Re, Starker Stier, der in Wahrheit erschienen ist, der die Gesetze dauern lässt und die Beiden Länder befriedet, groß an Kraft, der die Asiaten schlägt».
    Zuletzt wurde mit dem künftigen Herrscher das Zeremoniell des nächsten Tages besprochen und welche Dienste die Großen des Landes hierbei zu leisten hatten. Ameni hörte alldem schweigend, aber aufmerksam zu. Dann meldete er sich zu Wort.
    «Juja, als ich Euch heute morgen bat, Euren Sohn zu mir zu bringen, sagte ich, ihm würde der Titel ‹Einziger Freund des Prinzen› verliehen werden. Da lebte mein Vater Thutmosis noch. Morgen werde ich zwar nicht mehr Prinz sein, doch Euer Sohn ist nach wie vor mein einziger Freund. Ich wünsche, dass dies morgen berücksichtigt wird.»
    Vater verneigte sich zustimmend.
    «Und noch etwas. Ich erlaubte Eje bisher, mich mit dem Namen Ameni anzusprechen. Seid nicht entsetzt, wenn sich daran zumindest im vertrauten Kreis nichts ändern wird.»
    «Aber Prinz, Majestät, Guter Gott», stammelte ich, «daskönnt Ihr doch nicht! Ich meine, ich kann doch nicht einfach   …»
    «Es ist ja gut, Eje. Hast du nicht vor weniger als fünf Stunden an der Bahre des Osiris Thutmosis versprochen, jeden meiner Befehle zu befolgen?»
    «Aber ja, mein   …»
    Da unterbrach er mich: «Mein Ameni!»
    «Ja, mein Ameni», wiederholte ich gerührt und überglücklich zugleich.
    Ameni und ich hatten uns nun in den Prinzengemächern aufzuhalten. Dort gab es noch viele Dinge zu erledigen. Als erstes wurde Amenophis vom ersten Reiniger des Guten Gottes, einem fettleibigen Nubier namens Maja, die Prinzenlocke abgeschnitten und sorgfältig in einem eigens dafür hergestellten Schrein aus kostbaren Hölzern verwahrt. Dann wurden ihm am ganzen Körper, von den Beinen bis zum Kopf, die Haare abrasiert. An gewissen Stellen war dies Ameni sichtlich unangenehm, da er diese Behandlung zum ersten Mal über sich ergehen lassen musste. Ich kam mir deswegen ziemlich überflüssig vor und betrachtete derweil vom Fenster aus die langsam untergehende Sonne. Die entfernten Haare wurden ebenfalls auf das Sorgsamste verwahrt, damit es niemandem möglich war, auch mit den kleinsten Körperteilchen des Guten Gottes Frevel zu treiben. Gemeinsam nahmen wir anschließend ein ausgedehntes Bad, umsorgt von fünf Dienerinnen, die uns einseiften, wuschen und – stets unter den wachen Augen des dicken Maja – mit weißen Leinentüchern abrieben. Zum Abschluss wurden wir beide länger als eine halbe Stunde massiert und mit duftenden Ölen eingerieben. Als alles vorbei war, konnte ich vor Müdigkeit kaum mehr stehen.
    Es konnte aber noch keine Rede davon sein, dass wir jetzt von unseren Pflichten entlassen sein würden. Zwei Diener erschienen und trugen verschiedene Kleidungsstücke über denArmen. Hinter ihnen trippelte sichtlich nervös ein weiterer Diener mit einem kleinen Holzkästchen in den Raum. Es war der königliche Schneider Sennefer.
    Zunächst probierte Ameni die drei von Sennefer mitgebrachten Schurze. Nur der zweite fand in Form und Maß allgemeines Wohlgefallen und wurde zur Seite gelegt. Bei dem mitgebrachten hauchdünnen Obergewand verhielt es sich etwas schwieriger, da Sennefer den Schulter- und Brustumfang des Prinzen offenbar geringer in Erinnerung hatte, und deswegen das Kleidungsstück zu klein war. Der königliche Schneider wurde sehr unruhig, zumal er sich seiner Sache so sicher war und nur ein Oberteil in einer Größe vorbereitet hatte. Er gelobte, noch am selben Abend, in weniger als zwei Stunden, ein passendes Stück zu liefern, entschuldigte sich mindestens achtmal mit ebenso vielen Verneigungen und verschwand mit seinen Gehilfen.
    Kaum waren die drei verschwunden, erschien der Verwalter des königlichen Schatzes Merire in Begleitung von sechs Gardesoldaten. Zwei von ihnen trugen an kurzen Stangen einen kostbaren Elfenbeinschrein. Merire, eine wohlleibige Erscheinung von fünfzig Jahren, mit kahl geschorenem Kopf und kurzem, schwarzen Kinnbart, war nach den Erzählungen meines Vaters der fröhlichste

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