Im Land des Falkengottes. Amenophis
war.
Ptahmose ergriff das Wort: «Majestät, Euer Volk erwartet den neuen Horus!» Wieder verneigte er sich tief.
Der Zug, der sich nun in Bewegung setzte, wurde vom Ersten Priester des Ptah angeführt. Ihm folgten die Anführer der drei Armeedivisionen und der Leibgarde. Auf einer Sänfte, die von zwölf Nubiern getragen wurde, folgte Prinz Amenophis, dann – ebenfalls in Sänften –, die Große königliche Gemahlin Iaret mit Prinz Amenemhet und Prinzessin Amenipet sowie Mutemwia. Dahinter gingen meine Eltern mit mir inihrer Mitte. Uns folgten schließlich die übrigen Würdenträger. Der gesamte Weg, von den Gemächern des Prinzen bis zur Thronhalle, war rechts und links mit Soldaten der Leibgarde gesäumt, die Schulter an Schulter Aufstellung genommen hatten.
Schweigend erreichten wir den Saal, an dessen Ende, zwischen mächtigen Steinfiguren des Amun und der Hathor, der Thron stand. Aus acht Metallschalen stieg in dicken Wolken Weihrauch empor. Im hinteren Teil der Halle warteten etwa dreißig Priester, die seit unserem Eintreten gleichmäßig Litaneien beteten. Im Übrigen war der Thronsaal nahezu voll mit Würdenträgern des Landes und Vertretern fremdländischer Könige und Fürsten. Amenophis entstieg seiner Sänfte und nahm auf dem Thron Platz. Neben ihm standen Königin Iaret und Mutemwia. Wir anderen nahmen vor dem Thron Aufstellung. Dann trat der Erste Priester des Ptah vor den Thron und rief mit lauter Stimme:
«So verkünde ich, Amenophis, der Horus, der gekommen ist, über euch zu herrschen, der Gute Gott, Seine Majestät, König von Ober- und Unterägypten:
Ich, Amenophis Mer-chepesch, werde nach meiner Krönung in Waset heißen: Neb-maat-Re,
Starker Stier, der in Wahrheit erschienen ist,
Der die Gesetze dauern lässt und die Beiden Länder befriedet,
Groß an Kraft, der die Asiaten schlägt.»
Nach Verkündung der Titulatur fielen allen Anwesenden – Iaret und Mutemwia wieder ausgenommen – zu Boden und lagen mit weit weggestreckten Armen da, bis ein ohrenbetäubender Stoß von gewiss fünfzig Fanfaren das Signal gab, sich zu erheben. Als Zeichen seiner Herrschergewalt erhielt Pharao Krummstab und Geißel. Die übrigen Insignien der Königswürde sollte Neb-maat-Re erst bei seiner Krönung in Wasetnach der Bestattung seines Vaters erhalten. Der Erste Priester des Ptah ergriff erneut das Wort:
«Seine Majestät, sie lebe, sei heil und gesund, hat befohlen, dass die Mutter Seiner Majestät, Mutemwia, Große königliche Gemahlin sei. Er hat befohlen, dass Ptahmose Wesir Seiner Majestät sei. Er hat weiter befohlen, dass Eje, Sohn des Juja, den Titel ‹Einziger Freund des Pharaos› erhält. Über alle übrigen Ämter wird Seine Majestät zu gegebener Zeit entscheiden.»
Danach trat der Wesir vor den Thron, fiel auf die Knie und verneigte sich.
«Erhebt euch, Ptahmose, Wesir des Nordens und des Südens, und tretet näher!», sprach Amenophis. Dann fuhr er fort: «Erhaltet nun aus den Händen Meiner Majestät das Amtssiegel, damit ihr es verwahrt und nur rechtmäßig gebraucht. Verkündet nun allem Volk die Botschaft Pharaos!»
Wieder kniete Ptahmose nieder und erhielt von Amenophis das Dienstsiegel und einen königlichen Erlass, welche auf einem Tisch neben dem Thron lagen. Sodann erhob er sich, öffnete die Schriftrolle und begann laut vorzutragen:
«Seine Majestät Amenophis, er lebe, sei heil und gesund, König von Ober- und Unterägypten, befiehlt euch, die Tage der Trauer um den Osiris Thutmosis zu begehen. Jeder beachte die Gesetze und Riten, damit Maat, unsere von den Göttern gegebene Ordnung, nicht beschädigt oder von Isfet, dem Bösen, der Unordnung, verdrängt wird. Seine Majestät selbst wird darüber wachen, dass ihr geliebter Vater, Osiris Thutmosis Men-chepru-Re mit allen Ehren und mit allem, was für das jenseitige Leben nötig ist, bestattet wird. Nachdem sie dies vollzogen hat, wird sich Seine Majestät nach Waset begeben, um sich dort unter dem Schutze seines großen und gütigen Vaters Amun zu eurem König krönen zu lassen. So spricht Amenophis Mer-chepesch, der Herrschervon Ober- und Unterägypten. So sei es, und so werde es geschrieben!»
Als Ptahmose geendet hatte, fielen alle Anwesenden erneut zu Boden und blieben in dieser Stellung, während Amenophis, begleitet von Iaret und Mutemwia, mit Zepter und Geißel langsam durch die Menge schritt. Am Ende des Saales wurden die großen Tore geöffnet, und Amenophis zeigte sich den Soldaten und den
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