Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
Vom Netzwerk:
er kann   –, für dich Zeit nimmt. Um das Verhältnis zu meinem Vater zu beschreiben, ist wahrscheinlich ‹Vater› schon das falsche Wort. Herrscher, Pharao, Gott, der mich gezeugt hat, kommt der Wirklichkeit wahrscheinlich näher. Ein Pharao sieht in seinem Nachkommen zuerst den Thronfolger und nicht den Sohn im Sinne einer familiären Beziehung. Und das wird man ihm nicht einmal zum Vorwurf machen können.»
    «Woher weißt du das, Ameni? Das ist doch nicht deine eigene Meinung?», hielt ich entgegen.
    «Teilweise hat mir das meine Mutter so erklärt, teilweise habe ich das selbst so empfunden. Ich glaube, daran wird nie jemand etwas ändern können. Könige haben eben keine Kinder, sondern nur Thronfolger. Im Übrigen stand meine Mutter   –, und damit auch ich   –, dem Pharao nicht so nahe wie Iaret. Deswegen war auch nur sie Große königliche Gemahlin, und nicht meine Mutter. Aber sie war schließlich seine Halbschwester und hatte schon deswegen den Vorrang. Aber das Eine weiß ich: Meine Schwester Amenipet werde ich weder heiraten noch zur Großen königlichen Gemahlin erheben.»
    Amenophis konnte schon jetzt sehr gut auseinanderhalten, was zu seiner Rolle als Herrscher gehörte, wo er Sohn oder Bruder war und wo er Freund sein durfte. Für ihn war nur gewiss, dass ein Thronfolger nie ein Sohn sein konnte, wie ich es meinem Vater war.
    Da es sehr spät war, unterbrachen wir an dieser Stelle unsere Unterhaltung und legten uns schlafen. Für ein paar Augenblickehörte ich noch das Plätschern eines Springbrunnens, das Zirpen einer Grille und das lästige Kläffen eines Hundes, dann fiel ich in tiefen Schlaf.
    Es war meine erste Nacht im königlichen Palast.
    Ist es nicht der Traum eines jeden gewöhnlichen Menschen, einmal in einem Palast zu schlafen? Umgeben von Dingen, die sein Auge nie zuvor sah, und umgeben von Dienerinnen ohne Zahl? Hatte ich nicht schon lange davon geträumt? Oh ja! Ich sehnte mich geradezu danach, in die Nähe des Prinzen, in die Nähe des künftigen Herrschers von Ober- und Unterägypten zu gelangen. Ob es mein Verdienst oder das meiner Eltern war, schien mir gleichgültig.
     
    Als ich am nächsten Morgen erwachte, hielten sich nur drei junge Nubierinnen im Schlafgemach des Prinzen auf, Ameni war nicht im Raum.
    «Wo ist Prinz Amenophis?», fragte ich die Dienerinnen etwas verängstigt.
    «Seine Majestät wurde bereits vor zwei Stunden aufgeweckt, um im Tempel Gebete zu verrichten und Opfer darzubringen», erklärte mir die Erste.
    «Ihr sollt Euch jedoch nicht sorgen», ergänzte die Zweite.
    «Prinz Amenophis sagte, Ihr solltet Euch in Ruhe waschen und ankleiden, bis er wiederkäme. Dann würdet ihr beide gemeinsam etwas essen.»
    Ich fühlte mich nicht wohl dabei und machte mir Vorwürfe, nicht rechtzeitig aufgestanden zu sein. Aber offensichtlich ging es um Zeremonien, mit welchen ich nichts zu schaffen hatte. Sicher hätte mich Ameni sonst geweckt und mitgenommen. Ich unterzog mich also der ebenso liebenswürdigen wie gründlichen Reinigung durch die drei Dienerinnen und bekleidete mich mit den Kleidern, die man für mich vorbereitet hatte. Ich war gerade fertig, als Ameni in Begleitung seinerMutter und meiner Eltern zurückkam. Alle sahen beeindruckend aus. Ameni trug kostbare Gewänder und den Schmuck, welcher ihm am Abend zuvor gebracht worden war, und das gestreifte Nemes-Kopftuch mit Uräus und Geier auf der Stirn. Es dauerte eine ganze Weile, ehe ich bemerkte, dass seine Augenlider mit schwarzer Farbe, die fast bis zu den Ohren reichte, geschminkt waren. Meine Eltern und Mutemwia waren ebenfalls festlich gekleidet, die Frauen trugen überdies viel Schmuck.
    In knappen Worten erklärte mir mein Vater, dass sie im Tempel des Ptah für die bevorstehende Inthronisierung des künftigen Pharaos den Segen des Stadtgottes und aller anderen Götter des Landes erfleht hatten und eine letzte Besprechung mit den höchsten Würdenträgern stattgefunden hatte.
    Das Mahl, welches wir zwischendurch gemeinsam einnahmen, fiel eher bescheiden aus: Es gab frisches Brot, Früchte, Honig und Milch.
    Nachdem wir mit dem Essen fertig waren, gab mein Vater dem Vorsteher der Dienerschaft ein Handzeichen. Die Tür öffnete sich, und im Vorraum waren die Große königliche Gemahlin Iaret, der Wesir Ptahmose, die Obersten des Landes und die ersten Priester von Men-nefer zu sehen. Alle verneigten sich tief – mit Ausnahme von Königin Iaret, die wegen ihres Königtums hierzu nicht verpflichtet

Weitere Kostenlose Bücher