Im Land des Falkengottes. Amenophis
die Hände, woraufhin ein Soldat der Leibgarde erschien und vor Pharao zu Boden fiel.
«Bei deinem Leben, Soldat! Du bewachst hier meine Sachen, bis der Schatzmeister Merire sie abholt. Erst dann dürft ihr das Zimmer verlassen!»
Und zu mir gewandt: «Nun komm Eje! Gehen wir in den Garten.»
Über denselben Balkon, über den noch vor kurzem das Mädchen den Palast verließ, erreichten wir die königlichen Gärten. Es war noch vor Sonnenaufgang, und deswegen angenehm kühl. Zahlreiche Gartenarbeiter gossen oder schnitten Pflanzen, kehrten die Wege und reinigten die Schattenhäuser. Sie verrichteten ihre Arbeit deswegen so früh, um einerseits wie wir die Kühle des Morgens zu nutzen, zum anderen musste ihr Werk getan sein, ehe der Palast zum Leben erwachte und der Hof begann, den Garten in Besitz zu nehmen.
Die ersten zwei Gärtner zeigten keinerlei Reaktion, als wir an ihnen im Abstand von kaum vier Ellen vorbeigingen. Erst der dritte, der Obergärtner, merkte wohl an den Falten in Amenis Schurz, wen er vor sich hatte, und schrie laut auf: «Zu Boden vor Seiner Majestät, ihr Nichtsnutze!»
Im gleichen Augenblick lagen im ganzen Garten verteilt etwa fünfzig Arbeiter auf dem Boden.
«Mache deinen Arbeitern keinen Vorwurf», sagte Amenophis in gütigem Ton zu dem Obergärtner.
«Du darfst dich erheben.»
Der Gärtner gehorchte sofort und stand mit gesenktem Haupt vor seinem König, die Hände fest an die Oberschenkel gepresst.
«Wie heißt du?»
«Mein Name ist Sessu, Majestät.»
«Wenn ihr eure Arbeit verrichtet, halte ich mich für gewöhnlich noch nicht im Garten auf. Deswegen fand ich auch noch keine Gelegenheit, dir und deinen Arbeitern zu sagen, dass mir eure Arbeit gut gefällt und mir der Garten großeFreude bereitet. Wer trägt die Verantwortung für die Gestaltung der Gärten, Sessu?»
«Ich selbst, Majestät. Ich unterstehe unmittelbar dem Wesir als dem Domänenverwalter Eurer Majestät.»
Dann fuhr Amenophis fort: «Du verfügst über ein großes Können und über viel Gespür für Pflanzen. Du wirst eines Tages von mir hören, Sessu. Halte dich also bereit, und pflege weiterhin meine Gärten wie bisher. Für heute sei eure Arbeit beendet. Den Rest des Tages dürft ihr zum Zeichen der Zufriedenheit Meiner Majestät ruhen!»
Sessu verneigte sich und rief seinen Arbeitern zu:
«Dankt dem Guten Gott! Dankt Seiner Majestät! Seine Majestät, sie lebe!»
Alle anderen brüllten zurück: «Sie lebe, sei heil und gesund!»
Sessu klatschte in die Hände, und auf ein Handzeichen hin verschwanden alle Arbeiter innerhalb einiger Wimpernschläge aus dem königlichen Garten.
«Es ist manchmal so einfach, seine Untertanen ein wenig glücklich zu machen», sagte Amenophis und zeigte den gütigen Blick eines zufriedenen Herrschers.
«Gelingt es auch manchmal einem Untertanen, Seine Majestät glücklich zu machen?»
Ameni wusste sofort, worauf meine Frage abzielte.
«Glücklich ist für heute Nacht nicht der richtige Ausdruck, Eje. Ich habe herrliche, berauschende Dinge erlebt. Ja, ich habe die nötige Erfahrung gemacht.»
Er sah an meinem ernsten Gesicht, dass ich über das knappe Urteil enttäuscht war.
«Das Mädchen war von bezaubernder Schönheit! Sie war gepflegt, über die Maßen freundlich und sehr gefühlvoll. Allerdings sagte sie immer Eje zu mir!» Ich musste lachen.
«Aber glücklich? Du wurdest ohne Vorankündigung von deinem Mädchen überrumpelt, dann verzaubert und hastdich in sie verliebt. Das Glück meiner letzten Nacht war inszeniert, Eje, es war gewollt. Das ist der Unterschied. Ich bin froh, diese Erfahrung gemacht zu haben, sicher. Aber deswegen nicht glücklich.»
Ich verstand ihn sehr gut.
Wir schwammen fast eine Stunde lang, Bahn für Bahn, und erst als die Diener das Frühstück brachten, verließen wir das Becken. Das Schattenhaus war nach Osten hin geöffnet, und so konnten wir die ersten Strahlen der gerade hinter den Bäumen aufsteigenden Sonne genießen. Nimuria aß mit noch größerem Appetit als sonst.
«Wie viel musstest du eigentlich für mein nächtliches Vergnügen ausgeben, mein Freund?»
«Einiges. Aber es ist nicht der Rede wert, Ameni.»
«Weiß außer uns beiden irgendjemand etwas?»
«Das dürfte eigentlich nicht der Fall sein. Nur mein Leibdiener Senu macht mir nach dem Auftritt heute früh etwas Kummer. Aber sorge dich nicht, auf ihn kann ich mich verlassen. Ich werde ihm ebenso verbieten, über irgendetwas zu reden und Fragen zu stellen, wie du es
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